Manspreading, Mansplaining, Whataboutism und Gender Data Gap. Als wäre die Liste der Verhaltensweisen toxischer Männlichkeit nicht schon lang genug, gesellt sich einmal mehr ein weiterer Terminus zu den schon altbekannten Begriffen. Ergänzt wird die ohnehin schon recht illustre Runde mit dem en vougen „Hepeating“. Was es damit auf sich hat, erfährt ihr hier.
Mansplaining – Geburtsstunde eines Begriffs
Die Autorin Rebecca Solnit veröffentlichte im Jahre 2003 – also schon länger her – auf einer Website ihr Essay (Men Explain Things to me), in dem sie von einer Situation aus eben diesem Jahr berichtete. Der Text wurde auch in ihrem späteren Buch veröffentlicht. Wie dem auch sei.
Darin berichtet sie Folgendes: Auf einer Feier wird sie vom Gastgeber persönlich angesprochen – ein älterer wohlhabender Herr. Er „interessierte“ sich für sie, weil er gehört hatte, dass sie Schriftstellerin ist. Solnit hat kurz zuvor ein Buch über Eadweard Muybridge veröffentlicht, einem Pionier der Fototechnik, was sie dem Gastgeber natürlich auch erzählt.
Vorsicht: Jetzt kommts! Der Gastgeber unterbricht sie daraufhin dreist und fragt sie, ob sie von dem erst kürzlich erschienenem Muybridge-Buch gehört habe. Ja genau, er meint das Buch, von dem sie ihm gerade erzählt hat, und das sie selbst geschrieben hat.
Natürlich wartet der Typ ihre Antwort nicht ab. Aber warum sollte er auch, er hat ihr ja bis dahin auch nicht wirklich zugehört! Nein, er hält ihr lieber einen Vortrag über das tolle Buch – das, um es nochmals zu verdeutlichen, sie selbst geschrieben hat. Die Leute versuchen zwar immer wieder dem Typen zu erklären, dass Solnit die Autorin des Buches ist, von dem er redet. Doch es ist hoffnungslos.
Naja, nicht ganz. Irgendwann kapiert er es dann doch. Ergebnis: Der Begriff des Mansplaining war geboren. Die Wortschöpfung stammt zwar nicht von Solnit selbst, ihre Story war jedoch die nötige Initialzündung, um diesen Begriff ins allgemeine Verständnis zu katapultieren. Mansplaining: herablassende Erklärungen eines Mannes, der davon ausgeht, er wisse mehr über den Gesprächsgegenstand als die – meist weibliche – Person, mit der er spricht.
Hepeating – der neue Player im Kosmos männlichen Verhaltens
Der rhetorischen Feinheit des Mansplaining nicht genug, erscheint just ein neues Repertoire auf der Liste redekünstlerischer Finessen toxischer Männlichkeit. Hepeating – zusammengesetzt aus der Wortmischung „he“ (er) + „repeating“ (wiederholt) beschreibt eine Technik, bei der Männer Gedanken und Ideen von Frauen aufgreifen, um sie dann als die eigenen auszugeben. Und dafür die Anerkennung und das Lob oder gar die Beförderung zu kassieren.
Diese rhetorische Technik ist wie der Whataboutismus äußerst perfide, wenn man bedenkt, dass die Leistungen und Ideen von Frauen permanent belächelt und nicht ernst genommen werden. Der Begriff des Hepeating wurde von der Physikerin Nicole Gugliucci auf Twitter vorgeschlagen:
My friends coined a word: hepeated. For when a woman suggests an idea and it's ignored, but then a guy says same thing and everyone loves it
— Nicole Gugliucci, PhD, Professor of Sparkly Things (@NoisyAstronomer) September 22, 2017
„Meine Freunde haben ein Wort kreiert: hepeated. Wenn eine Frau eine Idee äußert, die dann ignoriert wird, aber wenn ein Mann das Gleiche sagt, finden es alle toll“, heißt es dort treffend.
Hepeating – in Form der Parodie
Doch Gugliucci war und ist nicht die Einzige, die sich mit diesem Phänomen auseinandergesetzt hat. Der Internet-Clip „Der Mietmann – ein Garant für Erfolg“ visualisiert Hepeating auf eine lustige Weise. Wobei, wenn man das am eigene Leib erlebt, bestimmt nicht mehr ganz so lustig ist.
Die Protagonistin im Video bemerkt an ihrer Arbeitsstelle, dass Männer ihre Aussagen ignorieren. Daher mietet sie sich einfach einen Mann (für gewisse Arbeitsstunden), der dann alles, was sie sagt, wiederholt. Die Mitarbeiter nehmen „sie“ daraufhin wahr und reagieren auf sie (bzw. auf das, was der Mietmann sagt). Erfolg über Umwege, möchte man sagen.
Doch schon Jahre zuvor (1996) hatte ein Film aus Hollywood das Phänomen des Hepeating vorweggenommen. Und zwar die im Comedy-Friedhof untergegangene und fast schon vergessene Komödie Wer ist Mr. Cutty? mit der Ulknudel Whoopi Goldberg. Worum geht es darin?
Wer ist Mr. Cutty – Hepeating von einer Frau ausgenutzt
Laurel – gespielt von Whoopi Goldberg – arbeitet in der von Männern dominierten Finanzbranche. Als ihr Kollege Frank eine Beförderung erhält, die eigentlich ihr zusteht, kündigt sie und macht sich selbständig. Doch als Frau (noch dazu als schwarze Frau!) hat sie es schwer, sich in der Testosteron geschwängerten Welt der Finanzgorillas durchzusetzen bzw. überhaupt erst Wahrnehmung zu erfahren.
Inspiriert von einer Whiskeymarke (nicht aufgrund des übermäßigen Konsums derselben, wohlgemerkt!) erfindet sie einfach den weißen Patriarchen Robert S. Cutty. Sie behauptet, in seinem Auftrag unterwegs zu sein und lediglich seine genialen Ideen umzusetzen. Mit dieser Masche verbucht sie (leider) große Erfolge. Als sie beschließt, Mr. Cutty wieder verschwinden zu lassen und seinen Tod vortäuscht, verhaftet man sie plötzlich wegen Mordes.
Es bleibt zu hoffen, dass Frauen nicht auf ähnlich absurde Methoden zurückgreifen müssen, um sich im Leben und der Karriere durchsetzen zu müssen. Obwohl dies scheinbar zweifellos der Fall ist. Wer von den Männern an seinem eigenen toxischen Verhalten etwas verändern will, dem ist folgendes Buch zu empfehlen: Toxische Männlichkeit. Erkennen, reflektieren, verändern. von Sebastian Tippe. Eigentlich ein Must read für jeden aufgeschlossenen Menschen.
Titelbild Credits: Shutterstock
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