Wer kann ohne Käse leben? Sogar Menschen, die auf tierische Erzeugnisse vollkommen verzichten, greifen zumindest auf veganen Käse zurück. Dass dieses flüssige Gold nicht ganz gesund ist, weiß jeder. Doch jetzt soll Käse auch noch so süchtig machen wie Heroin und Co. Stimmt das überhaupt? Gibt es das Phänomen der Käsesucht?
Käsesucht: New Yorker-Studentin süchtig nach Käse
Unlängst sorgte ein Zwischenfall für eine Woge der Aufregung in der Gastronomie weltweit. Aber vermutlich vor allem in der Käse-Szene. Eine New Yorker-Studentin soll, ihren eigenen Angaben zufolge, aufgrund ihrer Käse-Sucht in einer Entzugsklinik behandelt worden sein.
Sie war in ihrem Leben an einem zweifelhaften Punkt angelangt, an dem der Verzehr von Käse ihr als einziges ein Gefühl der Ganzheit vermitteln konnte. Sozio-ökonomisch problematischer Punkt an der Sache: aufgrund ihrer finanziellen Situation war sie dazu angehalten, billig zu essen. „Ich sagte mir immer wieder, dass es tatsächlich billiger sei, nur ein paar Käseblöcke zu kaufen, als einen Salat von Fresh & Co für 12 US-Dollar.“, so die Studentin.
Darüber hinaus redete sich ein, dass sie mit diesem Ansatz „eine wirtschaftlich vernünftige Entscheidung treffe“. Ergebnis dieser Entscheidung: Die Studentin hat 20 Kilogramm zugenommen, ihre Menstruation blieb aus und ihr Risiko an Typ-2-Diabetes zu erkranken verstärkte sich besorgniserregend. Der einzige Weg aus der Sucht war der Aufenthalt in einer Reha-Klinik — für 6.000 US-Dollar die Woche.
Macht Käse wirklich süchtig?
Dass Käse süchtig machen soll, ist dabei keine neue Befürchtung. Bereits Studien der Universität von Michigan aus dem Jahr 2015 untersuchten, wie die Faktoren Fettgehalt, die glykämische Last und der Verarbeitungsgrad eines Produkts das Verlangen beeinflussen. Die Ergebnisse zeigen, dass besonders fettreiche und hoch verarbeitete Lebensmittel als süchtig machend empfunden werden.
Käse, der in diesem Ranking der 35 untersuchten Lebensmittel auf Platz 16 landete, hat zwar eine glykämische Last von null, aber einen hohen Fettgehalt. Letzteres könnte die Ursache für das Verlangen auslösen. Expert*innen betonen jedoch, dass diese Mechanismen der normalen Nährstoffversorgung dienen und nicht unbedingt als Sucht betrachtet werden sollten.
Käsesucht: verhängnisvolle Casomorphine?
Ein weiterer Grund, warum Käse als potenziell süchtig machend gilt, ist sein hoher Gehalt an Casein und dessen Abbauprodukte, den sogenannten Beta-Casomorphinen. Diese gehören zur Gruppe der Opioide, von denen bekannt ist, dass sie im Gehirn rauschähnliche Glücksgefühle erzeugen können.
Anhand der Untersuchungen, die bei Säuglingen durchgeführt wurden, ist bekannt, dass Beta-Casomorphine aus der Muttermilch die Blut-Hirn-Schranke überwinden und im Gehirn eine beruhigende Wirkung entfalten können. Dies führt zu Zufriedenheit und unterstützt — sofern die Casomorphine aus menschlicher Milch stammen — die normale psychomotorische Entwicklung. Eine Studie der Russischen Akademie der Wissenschaften bestätigt dies, jedoch ohne Anzeichen einer Sucht.
Bei Erwachsenen ist es jedoch unklar, ob diese Wirkstoffe das zentrale Nervensystem erreichen können. Eine gesunde Darmbarriere verhindert in der Regel, dass größere Mengen intakter Beta-Casomorphine in den Körper gelangen, wie die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) feststellt hat.
Käse doch kein Suchtmittel?
Zudem wurde bereits 1994 in Laborversuchen an Ratten festgestellt, dass Beta-Casomorphine aus Milch keine Morphin-ähnliche Wirkung haben und kein Suchtverhalten hervorrufen. Dies lässt vermuten, dass es beim Menschen ähnlich ist.
Interessant ist jedoch die Hypothese, dass Menschen mit einem durchlässigen Darm möglicherweise das Beta-Casomorphine aus dem Käse vermehrt in ihren Blutkreislauf aufnehmen. Diese könnten im Zusammenhang mit entzündlichen Erkrankungen wie Diabetes, Bluthochdruck oder psychischen Problemen stehen. Hierzu sind jedoch weitere Untersuchungen erforderlich, um klare wissenschaftliche Beweise zu erbringen.
Manche Käsesorten: hohes Suchtpotenzial
Eine weitere Studie zu dem Thema legt jedoch nahe, dass einige Käsesorten sehr wohl mit süchtig machendem Essverhalten in Verbindung gebracht werden können. So kamen die Forschenden der Universität Michigan zu dem Schluss, dass manche Käsesorten ein hohes Suchtpotenzial entfalten und ähnlich wirken können wie Opioide. Das Protein Casein kann diesbezüglich das Belohnungszentrum im menschlichen Gehirn zwar stimulieren, jedoch keine Entzugserscheinungen auslösen.
Doch Vorsicht: stark verarbeitete Käsesorten können durchaus ein ähnliches Suchtpotenzial aufweisen, wie auch all jene Opioide, aus denen harte Drogen (wie z.B. Heroin, Fentanyl) hergestellt werden. Zwar fällt die Wirkungsweise im Gegensatz zu harten Drogen nicht so extrem aus, allerdings könnte das Suchtpotenzial ähnlich stark getriggert werden.
Diese Wirkungsweise hat vor allem evolutionäre Gründe: Für Säugetiere ist das Trinken von Muttermilch entspannend. Der intensive Hautkontakt dabei reduziert ebenfalls Stresshormone. Käse enthält dabei etwa zehnmal mehr Casein als Milch, was den übermäßigen Verzehr bedenklich macht. Diese Studie betrachtete übrigens nicht nur Käse, sondern auch allgemein stark verarbeitete Lebensmittel wie Chips oder Gummibärchen — ebenfalls echte Süchtigmacher.
Medizinisch bestätigt: Käse ähnliche Wirkung wie Fentanyl
Dr. Neal Barnard, Autor von Raus aus der Käsefalle und außerordentlicher Professor für Medizin an der George Washington University School of Medicine schlägt diesbezüglich Alarm und erklärt in einem Interview mit der New York Post, dass Menschen wie die Betroffene Studentin süchtig nach Käse werden können, weil das Lebensmittel eine hohe Konzentration an Fett und Salz enthält sowie das schon erwähnte Protein Casein, das „die Menschen leicht abhängig machen kann.“
„Käse enthält opiatähnliche Chemikalien, die an die gleichen Gehirnrezeptoren binden wie Fentanyl oder andere Narkotika“, sagte Barnard und fügt hinzu, dass aufgrund der hohen Konzentration von Casein im Käse „einige Leute Käse als ‚Milch-Crack‘ bezeichnen.“
Besonders suchtauslösend ist dabei vor allem der sogenannte „Analog-Käse“. Damit bezeichnet man den schlecht verarbeiteten Käse aus der Massenproduktion. Da in diesen „Käsesorten“ zusätzlich raffinierte Kohlenhydrate und Fette enthalten sind, führe dessen Konsumation zu einem suchtähnlichen Essverhalten. Vor allem Cheddar verfügt über die höchste Konzentration an dem Protein hat und damit den größten Suchtfaktor in der Käseabteilung.
Käsesucht: ein Fazit
Die genannten wissenschaftlichen Erkenntnisse bedeuten nicht, dass du komplett auf Käse verzichten musst. Und klar sollte auch sein, dass die Dosis erst die Sucht macht. Und obwohl das Casein genauso funktioniert wie Opioide, bedeutet das nicht, dass Käse gleichzusetzen ist mit Heroin und Co. Denn die Intensität des Käses ist nicht mit den der Drogen zu vergleichen. Dennoch wird eine subtile Abhängigkeit erzeugt.
Du kannst das Suchtpotenzial von Käse jedoch verringern, indem du stark verarbeitete Käsesorten meidest – aber vor allem alle Produkte, die zu sehr verarbeitet sind. Ein paar Gramm Käse pro Tag machen dich nicht süchtig – es bedarf erst eines sehr hohen Konsums, um ein Suchtpotenzial zu entwickeln. Was aber bei vielen Lebensmitteln der Fall ist.
Wenn du tierischen Käse genießt, achte aber dennoch auf das Bio-Siegel. Dieses stellt sicher, dass die Kühe unter besseren Haltungsbedingungen leben und höhere Umweltstandards eingehalten werden. Vor allem sind die Bio-Erzeugnisse nicht so stark verarbeitet.
Käsesucht hin oder her. Du liebst Käse, vor allem auf der Pizza? Hier findest du die beste neapolitanische Pizza in Wien.
Bilder © Shutterstock
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