Die Ausgangssituation der deutschen Netflix-Serie Kleo hört sich recht vielversprechend an. 1980er-Flair und Ästhetik, eine modisch aufreizende und rechende Killerin und eine flotte Mucke, die zur Zeit passt. Und die Serie ist auch nicht schlecht. Doch leider geht Kleo, in der Ewigkeit anmutender und leider allzu klassischer Netflix-Überlänge, die Luft aus.
Die Story der Netflix Kleo
Deutschland in den 1980er Jahren. Das Land ist geteilt in Bundesrepublik und DDR. Eh klar. Kleo ist die Topagentin der DDR und killt in der BRD reihenweise Leute. Das geht so lange gut, bis sie aufgrund einer Intrige in der DDR im Knast landet.
Nach dem Mauerfall wird sie natürlich frei gelassen und dürstet (ganz klassisch!) nach Rache, weil sie verraten worden ist, im Knast auch noch ihr ungeborenes Kind verloren hat und seitdem unfruchtbar ist. Natürlich will sie auch noch in Erfahrung bringen, warum genau sie verraten worden ist. Eine Art Schnitzeljagd beginnt.
Der Soundtrack der neuen Netflix Serie Kleo ist stimmig, die Kulissen auch und so beginnt ein unerbittlicher Rachefeldzug, bei dem sie sich immer weiter hocharbeitet. Bis sie sich schlussendlich in die obersten Reihen ehemaliger DDR-Verantwortlicher gemetzelt hat und endlich erfährt, warum ihr Land sie verraten hat. Ungewollte Unterstützung bekommt sie von dem schusseligen BRD-Kommissar Sven Petzold.
Netflix-Serie Kleo oder Uma Thurmans Lehrstunden in Sachen Revenge
Kleo ist ganz lustig. Vor allem die Musik, die Ausstattung und die Kostüme überzeugen. Dennoch bleibt die Marathon-Serie leider zu oberflächlich und so hinter den Erwartungen zurück. Die Hauptdarstellerin ist nicht schlecht. Doch werden die inneren Motive der Rache zu wenig ausgeleuchtet. Und bei der exorbitanten Überlänge der Serie ist das ein großes Problem. Vor allem, weil man, klassisch Netflix-like, eine kleine Story künstlich in die Länge zieht.
Man denke zum Vergleich nur an Kill Bill (naheliegende Inspiration für die Serie). Bei Tarantinos Meisterwerk bleibt keine Frage ungeklärt und auch keine Emotion wird von Uma Thurman zurückgehalten. Ihr Leid wird geradezu zu einer Kunstform erhoben. Beim Ansehen von Netflix Kleo erkennt man erst, wie großartig Uma Thurman als Schauspielerin ist, denn ihr Leid ist genial gespielt und ihre Rache auch.
Bei Kleo weiß man nicht genau, woran man ist. Sie erwähnt zwar, dass sie aufgrund ihrer Inhaftierung keine Kinder mehr bekommen kann und dass ihr Land sie verraten hat. Im Spiel von Jella Haase lässt sich die Essenz eines solchen Verlusts jedoch nicht ausdrucksstark genug ablesen – bei Uma Thurman eben schon. Und wie! So driftet Kleo zu sehr in die Rache ab – ein Fehler vieler Rachefilme bzw. -serien.
© Netflix / Julia Terjung
Netflix-Serie Kleo – zu lange, zu langweilig, zu sehr Netflix
Es tut uns wirklich leid, dass wir uns immer wieder über Serien aufregen müssen. Aber es gibt fast keine Guten mehr. Wobei Kleo schon eine der Besseren ist. Das Problem ist vor allem, dass die neuen Serien sich immer wieder (ganz postmodern und dem Remake-Gedanken untergeordnet) auf ihre genialen Inspirationsquellen berufen (Kill Bill im Falle von Kleo). An Originale sozusagen, an die sie jedoch niemals heranreichen. Dabei müssten sie doch einfach nur gut kopieren. Doch nicht einmal das können sie. Dasselbe gilt übrigens auch für die neue Herr der Ringe Serie von Amazon Prime. Man wollte etwas Neues schaffen und wirkt dabei trotzdem wie ein Abklatsch.
Doch es ist nicht unmöglich, aus dem Schatten seiner Inspirationen zu treten. Beispiel gefällig? Gerne! Martin Scorsese. Der Ausnahmeregisseur macht zum Beispiel zwei Remakes, Cape Fear (1991) und The Departed (2006) – beides geniale Filme. Und das, obwohl deren Inspirationsquellen ebenfalls geniale Filme sind.
Tarantino selbst ist ein perfektes Beispiel dafür, dass man Originale sogar noch übertreffen kann. Vor allem in Form einer postmodernen Neuinterpretation. Kill Bill ist eine Hommage an diverse Filme (Lady Snowblood, Die Braut trug schwarz, Game of Death u. a.) schafft es jedoch, diesen gebührend Ehre zu erweisen. In Kleo erinnert vielleicht der Jogger, den Kleo trägt, an Kill Bill. Und der Rest?
© Netflix
Kill Bill legt die Latte zu hoch
Wir wiederholen: Kleo ist keine so schlechte Serie. Doch ist sie eindeutig zu lange. Und auch wenn etwas Gutes zu lange gestreckt wird, wird es leider irgendwann zu langweilig. Und die Fußstapfen (Kill Bill) – in die man gewollt oder ungewollt treten will – werden bedauerlicherweise zum Verhängnis. Denn, wenn man eine Rachestory erzählen will, dann muss man sich vorher über den Status Quo informieren. Kill Bill hat die Latte, was das betrifft, sehr hochgelegt und an diese sollte man (ob man will oder nicht) versuchen heranzukommen. Ein Anspruch, den viele Filme und Serien der letzten Zeit nicht haben – das zeigt auch die Geschichte der Serien.
Fazit
Der sie verratende Großvater gibt Kleo in der Serie einen Tipp: „Lass es ruhen, sonst wirst du selbst keine Ruhe finden.“ Um die Serie Kleo wirklich genießen zu können, sollte man genau das tun und versuchen, nicht an Kill Bill zu denken. Denn in diesem Vergleich geht Kleo leider unter – auch wenn man natürlich versucht, dem ganzen einen deutschen Charme zu verleihen. Fazit: Man kann sich die Netflix Serie Kleo ruhig ansehen. Etwaige Erwartungen (gespeist von Tarantinos Kill Bill) sollte man jedoch ruhen lassen. Vielleicht glückt der Serienabend dann ja doch noch.
Für all jene, die nicht so auf Rachegeschichten stehen und sich lieber zu zweit einen schönen Netflix and Chill Date-Abend machen wollen, haben wir folgende Liste parat: 10 Netflix and Chill Filme für eine Punktlandung beim Date.
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