Trotz zahlreicher Verbote boomt der Drogenmarkt – auch in Form von Scams wie im Fall „Natural Store„. Nun soll es für Fans von magischen Pilzen eine legale Alternative geben: die Zauberwurzeln oder Magic Truffles. Diese gleichen in ihrer Wirkung den illegalen Pilzen, sollen jedoch vom österreichischen Strafrecht nicht erfasst sein. Wir haben das Rechtsgutachten des Vertreibers angefordert und uns die rechtliche Lage genauer angesehen.
Magic Mushrooms vs. Magic Truffles
„Magic Mushrooms“ ist vermutlich den meisten ein Begriff. Wenn nicht, dann hat spätestens nach dem ersten Aufenthalt in Amsterdam jeder ein bestimmtes Grundverständnis von psychodelischen Drogen. Zauberpilze sind psilocybinhaltige Pilze, die aufgrund ihrer psychoaktiven Wirkung bei Konsument:innen Halluzinationen auslösen können. Deren Erwerb, Besitz, Erzeugung etc. sind in Österreich gemäß § 27 Absatz 1 Ziffer 3 Bundesgesetz über Suchtgifte, psychotrope Stoffe und Drogenausgangsstoffe (Suchtmittelgesetz – „SMG“) verboten. Bei sogenannten Zauberwurzeln („Magic Truffles“) soll dies laut eines Unternehmens anders aussehen:
„Wie steht es um Zauberwurzeln („Magic Truffels“) in Österreich?
Das österreichische Strafrecht sieht vor, dass ein Verhalten, welches keinem gesetzlichen Tatbestand zugeordnet werden kann, auch nicht bestraft werden darf (siehe § 1 Abs 1 Strafgesetzbuch – „StGB“). Während psilocybinhaltige Pize (sic!) („Magic Mushrooms“) explizit im SMG aufgezählt und verboten sind, handelt es sich bei Zauberwurzeln um Sklerotien (verhärtetes Myzel), die nicht als Suchtgift qualifiziert werden.
Das bedeutet, solange es in Österreich kein explizites Gesetz welche Zauberwurzeln unter Strafe stellt, ist der Verkauf, Besitz, Weitergabe etc. von psilocybinhaltigen Sklerotien (Zauberwurzeln) völlig legal.“
Magic Truffles – Was sind Sklerotien?
In der Anatomie des Pilzes ist ersichtlich, dass dieser zum Großteil aus Myzel besteht. Dabei handelt es sich um eine Ansammlung fadenförmiger Zellen, den sogenannten Hyphen. Sklerotien sind feste bzw. harte Hyphenknäuel, welche den Pilz (genauer gesagt: das Myzel) vor Kälte oder Austrocknung schützen und diesen gleichzeitig mit Nährstoffen versorgen. Sie bilden also eine Schutzschicht und sichern das Überleben des Pilzes.
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Magic Truffles – Die Wirkstoffe Psilocybin und Psilocin
Üblicherweise wird Psilocybin in Form von psychedelischen Pilzen (Magic Mushrooms) konsumiert. Psilocin entsteht durch die Spaltung der chemischen Verbindung infolge einer Reaktion mit Wasser (Hydrolyse). Dieses ist vorwiegend für die halluzinogene Wirkung verantwortlich. Im SMG wird der Umgang mit psilocin-, psilotin- oder psilocybinhältigen Pilzen ausdrücklich untersagt. Bei Zuwiderhandlung droht eine Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr oder eine Geldstrafe von bis zu 360 Tagessätzen.
Auf der Website www.zauberwurzeln.com wird damit geworben, dass es sich bei den Zauberwurzeln nicht um Pilze handle und diese somit gar nicht unter den im SMG normierten Tatbestand fallen würden. Jedoch ist Myzel – in welcher Form auch immer – ein Bestandteil des Pilzkörpers und somit müssten auch die daraus entstehenden Überdauerungsorgane (Sklerotien) unter das Suchtmittelgesetz fallen. Im Gesetz wird der Pilz in seiner Gesamtheit genannt und nicht jeder einzelne Part explizit unter Strafe gestellt. Jedoch gibt es bis dato keine offizielle rechtliche Definition, was konkret unter „Pilz“ zu verstehen ist.
Des Weiteren verweist das Unternehmen auf das Rechtsgutachten des Suchtmittelexperten und Anwalts Mag. Machac, der darin ausführt, dass Sklerotien nicht mit Pilzen im Sinne des § 27 Abs 1 Z 3 SMG gleichzusetzen seien.
Übereinkommen von 1971 über psychotrope Stoffe
Wie auch das Suchtmittelgesetz selbst, verweist ebenso der Zauberwurzel-Händler auf das Übereinkommen von 1971 über psychotrope Stoffe. Diese Übereinkommen gilt für Österreich uneingeschränkt. Sämtliche Stoffe und Zubereitungen, die in dessen Anhängen I und II aufgelistet sind, fallen ebenfalls unter das SMG.
In Anhang I finden sich die Stoffe „Psilocybin“, „Psilocin“ und „Psilotin“. Die Konvention verweist zudem in Artikel I darauf, dass unter psychotropen Stoffen natürliche, synthetische Substanzen oder der natürliche Ausgangsstoff zu verstehen sind. Das Unternehmen erklärt:
„In der Single Convention 1971, worauf sich das nationale Suchtmittelrecht stützt, findet sich zwar Psilocybin und Psylocin als Reinstoff, jedoch keine Erwähnung von Pilzen, deren Bestandteilen oder anderen psilocybinhaltigen Organismen. Daher müssen Nationalstaaten jene explizit verbieten.“
Magic Truffles – nicht nur Substanz, sondern auch Pflanzen und Bestandteile verboten
Die Frage, ob Pflanzen bzw. Pilze im SMG ausdrücklich bezeichnet werden müssen, beurteilt Der Oberste Gerichtshof (OGH) in einer Entscheidung aus dem Jahr 2015 folgendermaßen:
„Ein Umkehrschluss dahingehend, dass damit sämtliche Tathandlungen […] bezogen auf abgeerntete Bestandteile von allen Pflanzen, die eine der in der SV oder in der PV aufgezählten Substanzen enthalten, ohne dort selbst erwähnt zu sein, straflos wären, lässt sich aus der Sonderregelung des § 27 Abs 1 Z 3 SMG jedenfalls nicht ziehen.“
Übersetzt bedeutet dies, dass nicht nur die Substanz an sich, sondern auch Pflanzen und deren Bestandteile verboten seien. Der OGH stellte im Zusammenhang mit der „Kath-Pflanze“ fest, dass bereits beim Abtrennen ihrer Blätter der psychotrope Stoff Cathin erzeugt wird und daher nicht nur die Pflanze als solche dem Suchtmittelgesetz untersteht.
Ein Argument für die Legalität (einzelner Bestandteile) einer Pflanze ist, dass sämtliche Anhänge der Suchtgiftverordnung lediglich Suchtstoffe auflisten, jedoch nicht bestimmte Pflanzen. Diese seien nämlich weder Stoffe noch Zubereitungen im Sinne der Gesetzesmaterialien. Das bedeutet im Umkehrschluss: Wer den Handel mit psychotrop wirkenden Pflanzen verbieten will, muss diese explizit unter Strafe stellen. Aus diesem Grund wurden psilocybinhältige Pilze letztendlich auch in das Suchtmittelgesetz aufgenommen.
Gesetzliche Schlupflöcher für Drogen
Die unzähligen Entscheidungen und Novellierungen im Bereich des Suchtmittelrechts zeigen ganz klar, dass es keine abschließende Regelung für Drogen geben kann. Der OGH äußerte sich zwar zum Thema Pflanzenteile, allerdings gibt es bis dato noch keine Entscheidung zu psilocybinhaltigen Sklerotien.
Solange nicht ausdrücklich festgestellt wurde, dass Zauberwurzeln als Bestandteile des halluzinogenen Pilzes legal sind, könnte beispielsweise der Kauf dieses Produkts das Risiko rechtlicher Konsequenzen mit sich tragen. Immerhin hat der OGH bereits in einer ähnlichen Angelegenheit entschieden, dass Bestandteile einer Pflanze in den Anwendungsbereich des Suchtmittelgesetzes fallen.
Magic Truffles – Die Problematik fehlender Regulierung
Unerfahrene Konsument:innen auf dem Gebiet psychodelischer Drogen laufen Gefahr, bei der Dosierung und auch der Häufigkeit des Verzehrs fahrlässig zu handeln. Aus diesem Grund gibt der Zauberwurzel-Händler auf seiner Website Dosierungsempfehlungen. Des Weiteren weist er darauf hin, dass Zauberwurzeln keinesfalls mit anderen Medikamenten und bei Depressionen bzw. Empfindlichkeit gegenüber Psychosen eingenommen werden sollten. Als Mindestalter wird 18 Jahre festgesetzt, welches aufgrund des Onlinekaufes jedoch nicht überprüft werden kann.
Zauberpilze oder deren Bestandteile verursachen zwar keine Abhängigkeiten, können durch ihre psychoaktive Wirkung bei empfindlicheren Gruppen allerdings Psychosen auslösen. Der „Horrortrip“ ist demnach kein Mythos, sondern eine vorhandene Gefahr, der sich Konsument:innen nicht immer bewusst sind. Die psilocybinhaltigen Wurzeln sollten demnach nie unbeaufsichtigt und unkontrolliert eingenommen werden. Doch wer gewährleistet, dass sich Konsument:innen verantwortungsvoll verhalten? Schließlich können auch Teenager jederzeit Zauberwurzeln bestellen und einnehmen. Da jeder Mensch unterschiedlich empfindlich auf psychoaktive Stoffe reagiert, steht auch keine individuell angepasste Anwendungsanleitung zur Verfügung.
Zusammenfassend lässt sich sagen: Für potenzielle Käufer:innen bestehen neben gesundheitlichen auch rechtliche Risiken. Wer mit magischen Trüffeln handelt, bewegt sich nicht in einem rechtlich klar definierten Rahmen, sondern in einer Grauzone. Ob Zauberwurzeln nun legal sind oder nicht, hängt eigentlich nur noch von der Definition des Pilzes ab. Das Sprichwort lautet in diesem Zusammenhang: „Wo kein Kläger, da kein Richter!“ – es ist eben nicht immer so klar wie bei anderen Drogen wie Kokain, Ketamin, oder ähnlichen Substanzen.
Das Statement des Verantwortlichen (vom 19.07.2022):
„Der Punkt des Jugendschutzes ist leider ein valider, denn aufgrund des „high risk“ Produkts finden wir bis dato keinen Zahlungsanbieter, welcher uns die Möglichkeit der Kreditkartenzahlung bietet. Die allgemeine wirtschaftliche Situation [und der Punkt, dass es ein (Herzens)nebenprojekt ist] erlaubt uns auch kein fixes Geschäftslokal, wo wir das Alter persönlich kontrollieren könnten. Im Zuge unserer hauseigenen Hauszustellung haben wir jedoch festgestellt, dass Bestellungen von unter 18-Jährigen nicht vorkommen. Die Zielgruppe ist Anfang/Mitte 30 und weiblich. Wir arbeiten jedenfalls an einer Lösung und hoffen, sie demnächst präsentieren zu können. Bis dahin bleibt uns lediglich die Möglichkeit der altersuneingeschränkten Banküberweisung.
Zusätzlich ist es uns wichtig darauf aufmerksam zu machen, dass der Kunde sich in keinem rechtlich relevanten Rahmen bewegt, da der Besitz – selbst von magischen Pilzen – nicht verboten wäre.
Zum Thema Grauzone von Zauberwurzeln: seit 2019 haben Sklerotien eine EU Steuernummer, was sie aufgrund des freien Warenverkehrs in allen EU Mitgliedsstaaten legalisiert, es sei denn man hat ein Gesetz wie in Deutschland, welches das Myzel explizit verbietet (Pilze und deren Bestandteile). Sklerotien können per Definition kein magischer Pilz sein, sonst könnte man sie nicht besteuern, da Steuern auf ein illegales Produkt nicht möglich sind. Bis das österreichische SMG upgedated wird, bleiben daher Sklerotien erlaubt.“
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