Angebote zum Kauf von Drogen nehmen im Internet auch abseits des Darknets zu. Über Plattformen wie Instagram und Telegram häufen sich Nachrichten von dubiosen Anbieter:innen zusehends. Per Privatnachricht schreiben „Dealer“ wahllos potenzielle Käufer:innen an und versuchen, den „Shit“ an die Frau oder den Mann zu bringen. Ein Gastartikel beschäftigt sich näher mit den Abläufen und Angeboten solcher Instagram- und Telegramdealer – genauer steht die Erfahrung mit dem Natural Store im Fokus.
Die WARDA-Redaktion verschreibt sich der Aufklärung und rät vom Konsum oder Kauf jeglicher illegaler Substanzen ab. Dieser Artikel dient der Reduktion von Gefahren.
Wer die Techno Szene in Berlin verfolgt – oder gar selbst schon mal dort zum Feiern war – kennt sie bestimmt. Die Rede ist von sogenannten Koks Taxis, die rund um die Uhr verfügbar sind, ein breites Angebot an diversen illegalen Substanzen anbieten und teils binnen weniger Minuten am vereinbarten Standort auftauchen.
In Kontakt tritt man mit solchen Anbietern vorwiegend über das mittlerweile allbekannte Chat Forum „Telegram“ oder vergleichbare Alternativen – welche eine so bezeichnete „encrypted“, also verschlüsselte Chat Funktion anbieten. Nachrichten, die über diese versendet werden, können also einerseits nicht zurückverfolgt werden. Andererseits ist es zusätzlich möglich, einen Selbstzerstörungsmodus zu aktivieren, sodass sich sämtliche Nachrichten nach einer vorab eingestellten Zeit von selbst löschen.
Das alles klingt doch ziemlich safe, oder? Ist es in den meisten Fällen auch. Somit eröffnen sich dem illegalen Drogenhandel ganz neue Wege, um seine nimmersatten Konsument:innen versorgen zu können. Da dieses Prinzip in der Rave Hauptstadt aka Berlin bereits seit längerem besten Anklang findet, war es nur eine Frage der Zeit, bis es auch auf Wien überschlägt. Und auch, bis jemand solche Dienste bei uns anbietet. Denn an feierwütigen Raver:innen hat es bei uns ja bekanntlich noch nie gemangelt.
Not all heroes wear capes, oder so. Ich habe das Ganze für euch ausprobiert, damit ihr es nicht machen müsst. Wieso ich allerdings dringend davon abraten würde, lest ihr hier.
Vom Angebot zur Konversation: Der vermeintlich einfache Drogenkauf über Telegram
Es war ein gemütlicher Donnerstagabend unter Freunden in einer Bar. Plötzlich hielt mir jemand aus der Runde sein Handy vor die Nase und erzählte mir ganz aufgeregt von einem neuen „Lieferdienst“, der ihn kürzlich auf Instagram angeschrieben hatte. „Natural Store Support“ lautete der Pseudo-Name seines Telegram-Chat-Partners. In der Profilbeschreibung war die Rede von „smart and secure delivery“. So weit so gut. Darunter befand sich dann das „Menü“ – welches neben Marihuana, Haschisch, Kokain und Magic Mushrooms auch LSD und Ecstasy Pillen anführte.
Ein kleiner Ausschnitt des Produktportfolios vom „Natural Store Support“
Die Preise gestalteten sich moderat. Bei höheren Abnahmemengen wurden zudem verlockende Rabatte angeboten – was ja auch abseits des Internets gängig ist. Zudem erweckten Beschreibungen, woher die Substanzen stammen, beziehungsweise hergestellt wurden, sowie einschlägige Bilder, sofort mehr Vertrauen. Es wirkte stimmig.
Wir zögerten also nicht lange, den Anbieter zu kontaktieren, um an weitere Informationen zu gelangen. Wie läuft das mit der Bezahlung? Wie gestaltet sich die Übergabe? Fragen über Fragen. Bereits nach kurzer Zeit erhielten wir eine Antwort. Wie erwartet sollte der finanzielle Part über Krypto laufen, es sei jedoch auch möglich, den Betrag auf ein ausländisches Bankkonto zu überweisen.
Kreative Übergabe: Alles bei Natural Store scheint perfekt durchgeplant
Um die Gefahr zu minimieren, bei dieser von der Polizei erwischt zu werden, schlug unser Gegenüber folgendes vor: Nach Erhalt des Geldes würde er/sie die Ware in der Nähe eines ausgemachten Standorts deportieren. Und zwar nicht einfach so, sondern in einem präparierten Plastikgefäß, welches optisch nicht von einem gewöhnlichen Stein zu unterscheiden sei. Im Anschluss bekämen wir dann ein Foto vom Standort, sowie die genauen GPS Daten per Nachricht zugesendet.
Ich weiß schon, das hört sich auf den ersten Blick alles ziemlich dubios an. Aber sind wir uns mal ehrlich: Dubiosität gehört zu einem Drogendeal eben dazu, wie Sonnenbrillen zu einer Afterhour. Zudem wirkte unser anonymer Gesprächspartner von Nachricht zu Nachricht seriöser. Er wusste auf jede Frage eine plausible Antwort. Stets betonte er, dass ihm die Kundenzufriedenheit sehr am Herzen läge und drängte uns keineswegs dazu, gleich beim ersten Mal größere Mengen zu nehmen. Beziehungsweise auch nicht, gleich im Anschluss oder am nächsten Tag. Die gesamte Konversation lief also ganz gechillt ab. Obendrein sah das „Menü“ genau so aus, wie man es von den Berliner Taxis gewohnt war.
Nichtsdestotrotz waren wir vorsichtig und etwas stutzig. Erstmals schrieben wir ihm, dass wir uns ein andermal wieder melden würden, um alles nochmal in Ruhe überdenken zu können. „No problem, just text me when you want!“, antwortete er/sie. Und somit wurde die Sache vorerst mal auf Eis gelegt.
Skepsis, Zweifel, keine Zeit und fehlende Notwendigkeit: Der Online-Dealer musste erstmal warten
Monate vergingen. Ich hatte dem Dealer sicher noch an die vier bis fünf Mal geschrieben, um spontan etwas zu bestellen. Allerdings kam jedes Mal etwas dazwischen. Entweder war er/sie zu dem gewünschten Zeitpunkt nicht mehr verfügbar. Das erweckte irgendwie auch wieder mehr Vertrauen. Denn, wenn man ein falsches Spiel spielt, kann man das rund um die Uhr machen, dachte ich mir. Oder meine Freunde und ich konnten woanders schneller etwas auftreiben.
Und dann kam er. Der eine Abend, an dem ich zu Hause auf der Couch lag und mich schon sehnlichst auf die Home-Party am nächsten Tag freute. Präventiv schrieb ich dem „Natural Store“ also eine Nachricht, um ein Gramm Schnee vorzubestellen. Er versicherte mir, am darauffolgenden Mittag wie oben beschrieben zu liefern. Zu diesem Zeitpunkt hatten wir aufgrund der vorigen Versuche sicher schon an die 100 Nachrichten ausgetauscht. Mein Vertrauen in die Sache war also dementsprechend groß. Denn der Dealer zeigte keinerlei Anzeichen von Stress und vertröstete mich jedes Mal ganz entspannt auf die nächste Möglichkeit.
Da ich von Kryptowährungen ca. so viel verstehe, wie von angewandter Quantenphysik, blieb mir nichts anderes übrig, als die Option der Überweisung auf ein vom „Natural Store Support“ genanntes, ausländisches Konto zu wählen. Dieser gab mir also den IBAN eines maltesischen Kontos, auf das ich sogleich den gewünschten Betrag überwies.
Im Anschluss schickte ich dem „Natural Store Support“ noch einen Screenshot als Beweis und wir einigten uns darauf, dass dieser sich am Tag darauf gegen Mittag melden würde. Sofern das Geld angekommen sei, um dann einen genauen Lieferzeitpunkt auszumachen. Mit einem etwas mulmigen, aber doch recht sicheren Gefühl legte ich mich also ins Bett und war schon gespannt, was mich da am nächsten Tag erwarten würde.
Der final Countdown: „Natural Store Support“ in Action
Knappe zwölf Stunden später meldete ich mich dann wieder beim „Natural Store Support“, um mich zu erkundigen, ob dieser das Geld bereits erhalten habe. Und vor allem auch, wann genau dann die Übergabe stattfinden solle. Kurz darauf erhielt ich sie dann: Die letzte und alles erklärende Nachricht des „Natural Store Support“.
Ich muss zugeben, dass ich von meiner anschließenden Reaktion selbst überrascht war. Anstatt mich aufzuregen oder wütend zu werden, musste ich einfach nur sehr laut lachen. Als ich gerade dabei war, meine Antwort einzutippen, um mich für die „cute“ Abschlussnachricht zu bedanken – der Natural Store Support hätte mich ja schlussendlich einfach ignorieren und blockieren können, nachdem dieser das Geld erhalten hatte -, verschwand dann plötzlich unser gesamter Chat. Und es war mir nicht mehr möglich, dies zu tun. Ich wurde also letztlich eh blockiert. Aber halt eben erst nach der Entschuldigungsnachricht.
Natürlich ist es ehrlos, Leute abzuziehen. Vor allem mit einer solch perfiden Dreistigkeit. Aber Come on. Der oder die Gute hat sich halt wirklich ins Zeug gelegt und ging äußerst geduldig und entspannt vor. Zudem muss diese Person auch irgendwo noch ein Herz haben, sonst hätte ich wohl schlicht und einfach gar nichts mehr gehört.
Abschließend will ich sagen – überweist niemals einfach Geld auf irgendein Konto, wenn ihr nicht wirklich sicher seid, dass alles „safe“ ist. Und most of all – NEHMT EINFACH GENERELL KEINE DROGEN!
Beste Grüße von eurem traurigen Held der Stunde.
Titelbild © Shutterstock
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