Die Anzahl der Revenge Porn-Fälle ist während der Corona Pandemie in die Höhe geschossen. In England zum Beispiel ist die Anzahl der Fälle von Bildmissbrauch im April 2020 doppelt so hoch gewesen wie im April 2019. Wie ist dieser verwerfliche Trend entstanden und wie können Betroffene dagegen vorgehen?
WAS IST REVENGE PORN?
Auf Deutsch übersetzt heißt „Revenge Porn“ so viel wie „Racheporno“. Der Begriff ist insofern problematisch, da das Wort „Rache“ impliziert, dass das Opfer in irgendeiner Art und Weise selbst Schuld sei und so eine entwürdigende Tat verdient hätte. Revenge Porn ist ein Verbrechen und unter gar keinen Umständen darf aus dem Opfer ein Täter gemacht werden.
Doch was genau versteht man unter Revenge Porn? Bei Revenge Porn werden Nacktbilder oder Videos, in denen die betroffene Person sexuelle Handlungen durchführt, veröffentlicht. Der Großteil der Opfer ist weiblich.
Ein weiterer Aspekt von Revenge Porn ist oftmals eine Drohung seitens des Täters, die Bilder zu veröffentlichen. In vielen Fällen kommt es zu Erpressung und seelischem Missbrauch, welcher für das Opfer schwerwiegende Folgen haben kann. Das Paradoxe an der ganzen Sache ist, dass die Täter meistens keine fremden Menschen sind, sondern in irgendeiner Art und Weise in Beziehung zum Opfer standen. In vielen Fällen ist es sogar der eigene Partner oder der Ex-Partner.
Hunter Moore, der den Titel „The Internet Most Hated Man“ trägt, gilt als Begründer des Revenge Porns. Moore begann vor einigen Jahren Fotos von Frauen, mit denen seine Freunde und er Geschlechtsverkehr hatten, ins Internet zu stellen. Die Gesichter der Frauen waren gut zu erkennen und den meisten von ihnen war bewusst, dass sie gerade fotografiert oder gefilmt wurden.
Was sie aber nicht wussten war, dass Moore und seine Freunde das Material im Internet veröffentlichten. So geriet der Stein ins Rollen. Immer mehr Männer luden Bilder – sehr intime Bilder – von ihren Verflossenen ins Netz. Diese Bilder sind in den meisten Fällen während der Beziehung entstanden und wurden den Männern von ihren damaligen Freundinnen zugesendet.
VICTIM BLAMING
Opfer von Revenge Porn gehen in den meisten Fällen zwei Mal durch die Hölle. Einmal, wenn die intimen Fotos oder Videos veröffentlicht werden und das zweite Mal, wenn die Gesellschaft ihnen versucht einzureden, es sei ihre eigene Schuld gewesen. In den meisten Fällen heißt es: „Warum hast du überhaupt solche Fotos von dir gemacht oder machen lassen?“
Anstatt die Täter zur Rechenschaft zu ziehen und den Opfern Unterstützung zu bieten, bringt unsere Gesellschaft die Rollen leider viel zu oft durcheinander. Slutshaming steht in einem engen Zusammenhang mit dem Thema Revenge Porn. Viele Frauen trauen sich nicht rechtlich vorzugehen, da sie das Gefühl haben, selbst schuld zu sein. Die Opfer fürchten sich vor Sätzen wie: „Selbst Schuld, wenn du Nacktbilder verschickst.“ und „Ich hätte nie gedacht, dass du eine von diesen Frauen bist. Hast du gar keine Selbstachtung?“
Die australische Kampagne „OurWatch“ hat folgenden Leitsatz: „THERE IS NO EXCUSE FOR ABUSE.“
Revenge Porn ist eine Straftat. Es ist glasklar, wer der Täter und wer das Opfer ist, nämlich: Täter ist die Person, die intime Fotos ohne Erlaubnis verbreitet und öffentlich macht, und das Opfer ist die Person auf den Fotos. Punkt.
Die #AskFirst – Kampagne ist ein vielschichtiges Projekt, welches von „YouPorn“ und der Frauenrechtsorganisation „The Danish Women`s Society“ ins Leben gerufen wurde. Das Projekt beinhaltet einen Info-Kanal auf der Seite „YouPorn“, ein Video, das auf die Thematik aufmerksam machen soll und eine Seite, wo man Videos vorschlagen kann, welche von der Plattform gelöscht werden sollen.
Dies ist insofern wichtig, da es Menschen, die durch solche Inhalte erpresst oder eingeschüchtert werden, die Chance gibt, die Sache selbst in die Hand zu nehmen und das Video löschen zu lassen.
KONTROLLVERLUST
Das Gefühl der Ohnmacht spielt eine zentrale Rolle bei Fällen von Revenge Porn. Emma Holten, eine Frau aus Dänemark, welche selbst zum Opfer von Revenge Porn geworden war, hatte sich folgende Strategie überlegt: Sie wollte die passive Rolle nicht einfach so annehmen und ging in die Offensive. Sie veröffentliche selbst Nacktbilder von sich und brach aus der Objektrolle, in die sie gedrängt wurde, aus.
Es war eine extreme Reaktion, aber für sie war es eine Art, die Kontrolle zurückzugewinnen. Einige Opfer von Revenge Porn gründen Kampagnen und engagieren sich aktiv um das Problem zu lösen und darauf aufmerksam zu machen.
OPFER VON REVENGE PORN – WAS JETZT?
Nacktaufnahmen ohne Einverständnis zu teilen, ist nicht einfach ein Delikt, sondern eine Straftat. Für Betroffene heißt das, dass sie Anzeige erstatten können, auch wenn der Täter nicht bekannt ist. Wichtig wäre einen Anwalt einzuschalten. Die Ermittlungsbehörden, also die Polizei, haben gewisse Auskunftsrechte und somit wesentlich bessere Möglichkeiten, Täter ausfindig zu machen.
Sobald der Täter bekannt ist, steht einem zivilrechtlichem Prozess nichts mehr im Wege. Das Strafgesetzbuch beinhaltet zwar das Wort „Revenge Porn“ nicht, doch Paragraph 201a : „Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahme„ kann als Kategorie angesehen werden, in welche dieses Delikt hineinfällt. Bei einer Verurteilung kann es zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren oder zu einer Geldstrafe kommen.
Zuerst sollte man sich aber ein Bild machen und dokumentieren, wie groß der Schaden ist. In den meisten Fällen landen die Videos und Fotos auf mehreren verschiedenen Seiten. Es ist nicht leicht, Inhalte aus dem Internet zu entfernen, aber einige Seiten bieten ähnliche Optionen zum Löschen des Videos an wie „Youporn“.
Weiters kann man sich auch an Google wenden. 2015 hat Google dem Revenge Porn den Kampf angesagt. Inhalte können aus der Vorschlagliste von Google entfernt werden, jedoch nicht von der eigentliche Seite, auf der das Video zu sehen ist.
Wichtig ist es, sich auf jeden Fall an die Polizei zu wenden. Durch eine Anzeige kann man weitere Menschen vor dem Täter schützen. Da dieses Thema oftmals mit sehr viel Scham behaftet ist, ist es wichtig zu wissen, dass Anzeigen auch online erstattet werden können.
In einigen Fällen wäre auch psychologische Hilfe ratsam. Es handelt sich hier um eine Form des Gewaltmissbrauchs. Das Opfer bekommt digitale Gewalt zu spüren, welche schwerwiegende Folgen auf die Psyche haben kann.
Titelbild Credits: unsplash
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