In unserer Leistungsgesellschaft ist Schlafmangel keine Seltenheit. Dies wirkt sich wiederum auf Motivation, Antrieb und somit auch auf die Produktivität aus. Wie in einem Teufelskreis bewegen sich Menschen mit Schlafmangel von Woche zu Woche entlang einer schier endlosen Reihe von Kämpfen gegen die Müdigkeit. In der Hoffnung, den Schlafmangel irgendwann einmal ausgleichen zu können. Doch funktioniert das wirklich? Kann man effizient Schlafmangel ausgleichen? Und wie wirkt sich eigentlich Schlafmangel auf unsere Gesundheit aus?
Ein Problem, das viele kennen
Das Wochenende war wie immer viel zu kurz. Montagfrüh auf dem Weg in die Arbeit oder Ausbildung denkst du bereits: „Oh Gott, ich könnte aber noch eine ordentliche Mütze Schlaf vertragen!“ Doch, da es leider nicht immer Nacht sein kann und die Leistungsgesellschaft auch nicht vor hat, sich in nächster Zeit an unseren Biorhythmus anzupassen, pfeift man sich vormittags schon den vierten Kaffee rein und zieht es durch.
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Das Gefühl wird im Laufe der Woche natürlich nicht besser. Ganz im Gegenteil. Wenn man mal versucht, früher ins Bett zu kommen, macht das Hirn genau dann einen Überschlag und verwehrt einem die ach so süße Einschlafmüdigkeit. Vom Adrenalin gepeitscht und vom Wecker gepeinigt stehst du trotzdem jeden Morgen mit einem Lächeln da. Im Hinterkopf hat man dabei oftmals das Märchen, man könnte ja am Wochenende Schlaf nachholen.
Schlafmangel und der Mythos „Schlaf nachholen“
Wenn es dann mal endlich Wochenende wird, übergibt der Arbeitsstress oftmals mit einem saftigen High-Five an den Freizeitstress weiter. Handy abdrehen und einfach ausschlafen ist für viele nicht drin. Work hard, play hard. Klar, man hat sich doch bereits die ganze Woche in der Arbeit verausgabt, da möchte man am Wochenende noch etwas anderes erleben außer Schlafen. Man bleibt erreichbar, man bleibt verfügbar, man geht wieder auf die Piste oder steht Samstagfrüh auf, um seinen Kids Action zu bieten. So dreht sich für viele der Strudel aus Stress und Schlafmangel stetig weiter.
Ein Zyklus, der für zahlreiche Menschen in unserer Leistungsgesellschaft einfach dazu gehört. Und dass, obwohl wir bereits als Kinder erlernen, wie wichtig gesunder Schlaf sein kann. Die negativen Effekte des Schlafmangels hat wohl schon jeder zumindest einmal erlebt. Von Gereiztheit über Konzentrationsschwierigkeiten bis hin zu Übelkeit oder Schwindel kann alles dabei sein.
In Extremsituationen wie einigen dokumentierten Fällen kann Schlafmangel sogar zum Tod führen. Doch wirkt sich anhaltender Schlafmangel auch chronisch oder irreversibel auf unsere Gesundheit aus? Wie fahrlässig ist eigentlich der Spruch: „Schlafen kannst du auch noch, wenn du Tod bist!“
Schlafmangel: Was sagt die Medizin?
In einer Umfrage der MedUni Wien zu dem Thema Schlafgewohnheiten konnte Folgendes eruiert werden. Im Schnitt schlafen die Österreicher:innen sieben bis acht Stunden pro Nacht, jedoch gab die Hälfte der Befragten an, dass der Schlaf für sie nicht erholsam ist.
Dabei unterscheidet man wieder in zwei unterschiedliche Faktoren. Zum einen die Einschlafprobleme, zum anderen die Durchschlafstörungen. Von Einschlafproblemen spricht man medizinisch bereits, wenn es im Durchschnitt länger als eine halbe Stunde dauert, bis die betroffene Person einschlafen kann. Eine halbe Stunde Gedankenkarussell, bevor man wirklich zur Ruhe kommt, das geht mal schnell. Von Durchschlafstörungen ist wiederum die Rede, wenn man in der Nacht aufwacht und Schwierigkeiten hat, wieder einzuschlafen – beziehungsweise sich lange wälzen muss, bevor man zur Ruhe kommt.
Die 1000 befragten Personen der repräsentativen Umfrage waren im Alter zwischen 18 bis 65 Jahren. 38 Prozent der befragten Personen gaben dabei an, untertags ein Nickerchen zu machen. Dieser Wert ist so weit interessant, da bei früheren Befragungen eine geringere Personen Anzahl angegeben hatte, Mittagsschläfchen zu brauchen. Doch lässt sich daraus bereits ein allgemeines Schlafdefizit in der Bevölkerung ableiten?
Gibt es einen Anstieg bei Schlafstörungen?
So gaben 30 % der befragten Personen an, regelmäßige Einschlafstörungen zu haben. Ebenfalls angestiegen und allgemein mit einem höheren Prozentsatz von 51 % angesiedelt war die Angabe der Durchschlafstörungen. Dieser Wert ist im Verhältnis zu der letzten Umfrage (damals lag dieser noch bei 26 %) massiv gestiegen.
Die Befragten in der Studie gaben ähnliche Ursachen für ihre Schlafstörungen an. „Das bekannte Grübeln, nicht runterkommen und Probleme wälzen ist die häufigste Ursache für Schlafstörungen!“, wie Studienleiter Stefan Seidel näher erläutert.
Zudem klagten 50 % der Betroffenen darüber, dass sie tagsüber in ihrer Funktionsfähigkeit eingeschränkt seien. Dabei wurden neben Müdigkeit, Konzentrationsschwierigkeiten, Gereiztheit auch körperliche Symptome wie Magen-Darm-Probleme genannt. Dem großen Prozentsatz der Menschen mit Schlafproblemen steht ein relativ kleiner Prozentsatz derer gegenüber, die sich schon einmal medizinische Hilfe für ihre Schlafstörungen gesucht haben.
Hier lag der Wert nämlich nur bei 16 %. Die Studie der MedUni Wien wurde weiterhin ausgewertet im Hinblick auf Lebensstilfaktoren, regionale Unterschiede sowie dem Zeitpunkt der Einnahme der Mahlzeiten. Da diese Faktoren die Angaben natürlich ebenso beeinflussen können.
Wie schädlich ist Schlafmangel?
Schlafmangel als Volkskrankheit begleitet uns in unserer modernen Gesellschaft schon seit langem. Durch die letzten Jahre der Corona Pandemie hat sich dieser Zustand in der Bevölkerung weiter verschärft. Zu wenig Schlaf macht auf Dauer krank. Schlafforscher raten daher, falls man über einen Zeitraum von vier Wochen mehr als drei Nächte in der Woche nicht ausreichend Schlaf bekommt, sollte man einen Arzt konsultieren. Auch gilt es beim Lebensstil die Langzeitwirkungen und mögliche chronische Schäden des Schlafmangels zu berücksichtigen.
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Der Körper braucht Schlaf, um zu regenerieren. Und das in vielerlei Hinsichten. So wirkt sich Schlafmangel auf dein Immunsystem aus. Dafür reichen bereits 14 Tage, in denen man täglich nur einige Stunden zu wenig Schlaf bekommt. Wie Studien zeigen, entwickeln Probanden bereits nach selbst so einer kurzen Dauer eine viel größere Anfälligkeit für Erkrankungen. Da das Immunsystem die Ruhephasen dringend benötigt, um Viren, Bakterien und Keime bekämpfen zu können.
Ebenso wirkt sich der Schlafmangel natürlich auch auf die Leistungsfähigkeit aus. Ein Effekt, den leider viele von uns kennen. Kreativität, Konzentration sowie die Aufmerksamkeit leiden und dein Gedächtnis wird auch stark in Mitleidenschaft gezogen. Da die Ausschüttung des Stresshormons Cortisol begünstigt wird, sind typische Begleiterscheinungen wie Stress und Kopfschmerzen bei Schlafmangel die logische Konsequenz. Laut Expert:innen kann das bei Tätigkeiten wie dem Autofahren sogar richtig gefährlich werden. Denn die Bewegungsabläufe sowie die Reaktionszeit werden durch den Schlafmangel stark beeinträchtigt.
Solltest du an Schlafstörungen leiden, haben wir mit einer Therapeutin 10 Tipps dagegen zusammengefasst.
Ausschlafen für die Gesundheit statt Auswirkungen von Schlafmangel
Die nächtliche Ruhestörung bringt auf Dauer ebenfalls den Hormonhaushalt durcheinander. Dies kann wiederum Übergewicht begünstigen. Die hormonelle Regulierung der Appetithormone wird nämlich beeinflusst. Neben all diesen gefährlichen Faktoren erhöht sich das Risiko, an Diabetes zu erkranken sowie auf Dauer Herz-Kreislauf-Rhythmusstörungen zu entwickeln. Was wiederum zu einem Herzinfarkt führen kann. Die negativen Auswirkungen des Schlafmangels für die Psyche sind ebenso weitläufig bekannt.
Kurz zusammengefasst: Schlafmangel kann die Hölle sein. In diesem Sinne sollte man in Zukunft überlegen, wie man seine Prioritäten setzt und das Ausschlafen an sich als wichtiger und höher einzustufen, als man es vielleicht bis jetzt getan hat. Denn vieles ist ersetzbar, jedoch lässt sich Schlaf nur bedingt nachholen und kann in weiterer Folge gravierende schädliche Folgen für die eigene Gesundheit haben. Erholt sein bedeutet daher auch im weiteren Sinne gesund sein. Das heißt, dass nächste Mal einfach mal den Wecker ausstellen oder ein bisschen früher ins Bettchen krabbeln.
Titelbild © unsplash | Yuris Alhumaydy
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