SISKA Interview // HOW TO: Independent Girl Boss
SISKA macht Musik zwischen Stacheldraht und Seide. Sie produziert selbst, versteht Komposition und würzt das alles mit der richtigen Menge Hingabe zur Weirdness. Denn einordnen lassen will sie sich nicht und das geht am besten, wenn man nicht nur eine mise en place mitbringt, sondern gleich einen ganzen Streetfoodmarket. Warum ein independent Girlboss sich durchaus auch mal helfen lassen kann und wie ein Produktionstag bei der Hyper-Pop Musikerin so aussieht, erfährst du hier im Interview.
SISKA: Aller Anfang
Wie hast du begonnen zu singen und Musik zu machen?
Erst mit 15, eigentlich im Borg, bin ich zum Chor gekommen. Mit 7 habe ich begonnen, Geige zu spielen und dann durch das Chorsingen habe ich meine Stimme gefunden. Das erste Instrument war sicher die Blockflöte mit 6 oder 7. Damals war das verpflichtend bei mir am Land.
Der Klassiker! Du hattest ja gerade den Release deiner EP„Mess“, wie ging es dir seitdem?
Boah, ich hab erst einmal gechillt und wenig gemacht. Hab da erstmal eine Woche nix tun gebraucht. Aber jetzt sind viele Sachen in Planung. Es geht wieder zügig weiter mit der Planung der nächsten Projekte.
© Michelle Rassnitzer
Wie war die Releaseshow für dich?
Es war voll cool. Ich habe vor allem in letzter Zeit einige Konzerte gespielt und im Unterschied zu früher, wo keine Songs released waren, ist es spürbar, dass die Leute langsam die Musik kennen. Das Gefühl ist schon sehr special. Wir haben voll viel unreleasede Sachen gespielt und es war cool, die Reaktionen der Leute zu sehen. In nächster Zeit kommt viel Baller-Musik, viel Bum Bum-Musik.
Sticker: Bum Bum-Musik, so beschreibt Siska ihre Musik.
Entscheidet manchmal die Reaktion der Leute, was du als Nächstes releasen wirst oder planst du das anders?
Das ist alles auf lange Sicht geplant. Bei mir ist das auch nicht so einfach, da ich mehrere Genres mache. Vor allem die Erste EP „Mess“ war auch wirklich eine Mess, weil so viele verschiedene Genres bedient worden sind. Da musste ich mir auch Gedanken machen, wie ich das in der Zukunft machen werde. Es wird jetzt alles bisschen geordneter herauskommen.
Wenn es nicht scheppert muss es ballern
Hast du das Gefühl, dass du dich da noch ausprobierst und oder dich nicht so festlegen möchtest?
Ich mache hauptsächlich das, was mir selbst taugt. Ich finde das immer irgendwie schade, wenn Musiker*innen sich nur auf ein Genre festlegen, weil ich kenne so elektronische Artists, die nur so Baller-Musik machen, ich nenn’ das Baller-Musik (lacht!).
Früher war es z. B. im Rap dann maximal Trap oder Traphiphop. Mittlerweile hört man DNB, Tekno etc. Finde ich auch super, wenn man sich nicht so einengen lässt.
Ja voll, wenn man eine Schiene fährt, funktioniert das meistens besser, vor allem wegen dieser ganzen Playlist-Sachen und weil man die Person einfach zuordnen kann, aber dann hör’ ich so Sachen, die sie so nebenbei in der Freizeit machen und die ist teilweise so schön. Dann denk’ ich mir: schade, dass es so eine Bandbreite an Musik gibt, die nicht das Tageslicht erblickt. Ich mach’ halt einmal das und einmal das und will mich da nicht so in eine Schublade reindrücken lassen, weil privat lass’ ich das auch nicht mit mir machen.
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SISKA im Interview: Mental Health Talk
In deinem Track „Holding On“ geht es um das Loslassen von dem Zwang, alles alleine machen zu wollen. Wie war der Weg von der Einzelkämpferin, dargestellt in einem anderen Track „Better Off Alone“, zu jemandem, der Hilfe annehmen kann?
Schwer. Ich bin noch immer nicht zu 100 Prozent an dem Punkt, dass ich das zulassen kann. Ich meine, mittlerweile hab ich mir schon auch professionelle Hilfe gesucht. Es war ein schwerer Weg bis ich da hingegangen bin, da musste ich sehr in mich gehen, bis ich dazu gekommen bin. Aber das hilft mir auch durch die Musik, die ich mache. Ich habe den Sound oft gehört und die Lyrics dadurch immer wieder verinnerlicht. Da kommt man dann auch an den Punkt wo man sagt, ich suche mir jetzt Hilfe.
Wow, so ein schönes Sharing. Was hat denn dieses Loslassen so schwierig gemacht?
Das ist verbunden mit einem psychischen Ding, woran ich versuche zu arbeiten. Ich habe wirklich den Drang, alles alleine machen zu müssen. Da habe ich die Connection nicht so zu meinem Umfeld. Ich habe nicht so das Gefühl, dass ich mich anderen Leuten gegenüber öffnen oder Sachen anvertrauen kann. Ich habe immer den Gedanken, dass ich es dann doch mit mir selbst am besten ausmachen kann.
Trigger, Klassiker und Inspro
Gab es da einen Trigger?
Ich glaube nicht wirklich, dass es einen Trigger gab. Für mich war das mein ganzes Leben lang selbstverständlich, dass ich alles mit mir selbst ausmache. Ich habe aber eine super liebe Familie und versteh‘ mich mit allen super gut. Natürlich hat es da viele ups and downs gegeben und es war trotzdem immer so, dass ich alles in mich hineingefressen habe und ich hab‘ auch mit meiner family nicht wirklich darüber geredet und das ist wahrscheinlich meine Psyche. Aber daran arbeite ich mittlerweile!
We all work on ourselves (or should work on ourselves)! Flucht von Oberösterreich nach Wien? War das auch, um auf dir weilende Augenpaare zu meiden? Oder greife ich da zu weit?
Nicht unbedingt Flucht, aber am Land ist man einfach sehr eingeschränkt. Dass man mal in die Stadt kommt, ist schwer. Man braucht halt ein Auto. Bei mir fuhr zweimal am Tag der Bus.
Mhm, wieder ein Klassiker. Kommen wir zu deinen musikalischen Einflüssen: Kimyan Law, Melodie Gardot… Was und wer ist deine Inspo?
Es kommt schon von anderen Musiker*innen. Aufgewachsen bin ich mit Björk. Das ist bei uns Zuhause auf und ab gerannt. Track 5 von dem Post Album war mein Lieblingslied im Kindergarten. Da habe ich schon dieses weirde für mich entdeckt. Ich hab‘ sehr viel Benga & Skream mit 14, 15 gehört und Katie B. Main Influence war James Blake würde ich sagen. Ich hab‘ seine electronic Sachen gehört, bis ich irgendwann drauf gekommen bin, dass er auch singt. Das hat mich in dieses Electronic Pop Genre so bisschen reingebracht. Aber nebenbei habe ich immer noch elektronische Sachen gehört. Zum Beispiel Lemonade von Sophie. Das war mein erster Wow-Moment, was ist das für Musik? Das war so richtiger Hyperpop. Ich würde auch sagen, dass Daniel L Harle meine Musik sehr beeinflusst hat.
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SISKA im Interview: Zwischen Stacheldraht und Seide
Also so bisschen zwischen Stacheldraht und Seide?
Ja genau, voll.
Wie läuft bei dir ein Produktionstag? Wie musst du gestimmt sein, damit der auch erfolgreich wird?
Der Großteil meiner Musik kommt aus einer Emotion heraus. Die hohen Höhen und die tiefsten Tiefen sind die besten Tage zum Sound machen. Ich habe so ein kleines Homestudio, in dem ich produziere. Beispielsweise auf „No Good“ habe ich die Geige selbst eingespielt. Ich arbeite auch viel mit anderen zusammen und manchmal produziere ich auch nichts mit. Aber auf „No Good“, das war mein erster eigener Track, da weiß ich noch genau, da habe ich mir einen eigenen Laptop gekauft, ein Audiointerface und hab irgendeinen random Beat in Logic eingespielt, ein bisschen Klavier eingespielt, bisschen was gesungen, was dann im Endeffekt die Hook geworden ist und einen kleinen Chor und Streicher eingesungen und das hat es alles da reingeschafft.
Wie geht es dir mit Druck? Musst du emotional sein, um produzieren zu können?
Ich weiß nicht wie, aber ich manage das gut. Es funktioniert einfach bei mir. Meistens Abends setze ich mich hin und spiel‘ am Klavier Akkorde ein und sing dazu. Die ersten Versionen sind dann meistens auch in der finalen Version drinnen. Ich versuche den Song dann auch von vorne bis hinten gleich fertig zu planen. Dann schaue ich entweder, ob ich daheim selbst noch Synths oder eine Atmosphäre baue und mit dem dann irgendwo hingeh‘ und den fertig mache. Manchmal krieg‘ ich auch Beats, zum Beispiel von Food For Thought. Wir haben einen riesigen Dropbox-Ordner, da sind dann oft so Gems drinnen. Die zieh’ ich raus, bastle noch bisschen herum für ein Arrangement und da sing ich dann einfach drüber. Im Studio machen wir dann gemeinsam weiter. Es ist schön, Sachen auch mal abgeben zu können.
SISKAs Traumfeature und Mathe
Was wäre dein Traumfeature?
Daniel L Harle! Ein klassischer Komponist, der aber auch produziert, beispielsweise für Dua Lipa. Bei ihm merkt man, wie facettenreich Musik ist. Ein kompletter basic Rave Track, der aber dann durch Tonartwechsel drinnen, die man da eigentlich nicht kommen hört.
Musik ist halt doch auch Mathe. Kurz zu deinem klassischen musikalischen Hintergrund. Deine Familie schätzt das Klassische. Wie findet deine Familie deine Musik?
Die finden das cool. Sie regen sich sogar manchmal auf, wenn sie hören, dass ich sag’, ich komme aus einer Blasmusikerfamilie, aber es ist einfach so (lacht). Meine ganze Familie spielt verschiedene Instrumente. Mein Dad zum Beispiel Schlagzeug und E-Bass.
Blasmusik und Hyperpop, Besties oder Wiederspruch?
Ah, da habe ich einen Stereotypen bedient. Klassik und Hyperpop schließen sich ja nicht aus.
Genau, ich glaub, die Blasmusik ist so ein Community-Feeling. Das ist jetzt nicht so meine Musik, aber ich war halt damals dann auch bei den Proben dabei und es waren immer so liebe Leute, die einfach gemeinsam Musik machen wollten. Das habe ich dann in dem Chor weitergemacht. Das wird sehr unterschätzt, dieses Communitygefühl beim Musik machen.
Was hast du denn für die Zukunft so geplant?
Es wird ziemlich sicher zwei EPs noch geben und die werden ziemlich sicher auf die Genres aufgeteilt. Also es wird noch etwas ruhiger am Anfang und dann…
Bumbum! Sehr schön. Letztes Wort?
An meine Girlies, einfach machen! Weil ich sehe, in so vielen Leuten so viel Potenzial und die trauen sich einfach nicht drüber. Wenn mich jemand fragt: wie soll ich anfangen? Einfach machen! Sich zum Klavier oder Gitarre setzen und einfach Songs schreiben und das Herz ausschütten und sich auch nichts sagen lassen, wie der Song auszusehen hat, auch von der Form her. Einfach drauf losschreiben. Weil so habe ich das auch gemacht und es hat irgendwie funktioniert. Dranbleiben und sich nichts sagen lassen von anderen.
SLAY!
Wenn euch dieses Interview gefallen hat, schaut doch auch bei diesem Interview mit Donna Savage vorbei. Es geht um Hip Hop, Flinta* und Haudrauf. Ganz nach unserem Geschmack.
Titelbild © Michelle Rassnitzer
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