Techno und die dazugehörige Club-Kultur haben sich seit Jahrzehnten in der breiten Mitte der Gesellschaft und über den Erdball als Musikgenre und Lifestyle etabliert. Die unterschiedlichen wummernden Techno-Subgenres ordnen sich dabei von Schickimicki bis tief in den Untergrund ein. Neben den musikalischen Unterschieden stehen auch verschiedene Clubs und Locations für die einzelnen Facetten der Gesamtszene.
Egal ob abgefuckte Amphetamin-Kids oder zugekokst Anzugträger:innen, Klassenzugehörigkeit spielt bei der Liebe zum Bass selten eine Rolle. Umso wichtiger ist aber dabei oft die Wahl der Club-Location. Wir haben für euch einen internationalen Blick gewagt, um eine subjektive Liste von Clubs fernab der Touristenfallen in Europa angelegt. Diese Clubs in Europa solltest du als Technofan besucht haben.
Österreich
Wir packen die Knicklichter ein und starten in unserer Heimat Österreich gleich mal mit dem Vorglühen. Historisch gesehen gibt es in Österreich eine üppige Ravekultur. Neben den etablierten Technoclubs gibt es jede Menge Freepartys sowie einen harten Freetekno- und Goa-Kern.
Doch es gibt den Mythos, dass Techno nur in Wien gut funktioniert? Warum? Keine Ahnung! Denn in allen österreichischen Bundesländern gibt es legendäre Locations für elektronische Musik. Jedoch sind die bekanntesten und größten in Wien angesiedelt. Ob die Grelle Forelle, das legendäre Werk oder eben die zwei folgenden fast schon historischen Clubs.
Flex, Wien
Die Clubinstitution im ersten Wiener Gemeindebezirk hat ihre Türen bereits seit 1990 geöffnet. Anfänglich hatte man als kleiner Untergrund-Club im 12ten Bezirk angefangen. Das diverse Programm bietet allerlei sowie jede Menge elektronische Tanzmusik. Es wäre aber verkürzt, das Flex als reinen Techno-Club zu bezeichnen.
Neben internationalen Acts wie Sven Väth und weitere Technogrößen zieht der Club auch jede Menge heimische Veranstalter:innen an. Durch die Lage und den Flair des U-Bahn-Tunnels ist das Flex eine prägsame Location.
Das Flex ist tatsächlich in einem stillgelegten Teil eines U-Bahn-Schachtes hineingebaut worden. Anfang der 2000er Jahre galt Soundanlage des Clubs als eine der lautesten in Europa. Zumindest erzählte man sich das auf der Tanzfläche.
Pratersauna, Wien
Egal was man vom Betreiber Martin Ho und seiner Dots-Gruppe halten mag, die Pratersaune hat sich als House-, Electro- und Techno-Club schon vor der Neueröffnung 2009 einen Ruf als Top Location aufgebaut und behält diesen zumindest zum Großteil auch.
Man hat sich in die Clubszene und in den Herzen der Wiener Technofans etabliert. Ebenso zieht die Location regelmäßig internationale Acts und Besucher:innen an. Die Pratersauna verfügt im Außenbereich über einen Pool, bei sommerlichen Temperaturen wird oftmals gegrillt. Techno Feeling und Summervibes vom feinsten.
Tschechien
Tschechien hat eine lange Techno, Tekkno und Rave-Festival-Tradition. Prägend für die Tanzkultur ist hierbei sicher auch das CzechTek , welches zwischen 1994-2007 stattfand. Die Tekknokultur repräsentierte dabei auch eine politische Facette des Widerstands. Außerdem hat Tschechien zahlreiche großartige und interessante Technoclubs vor zu weisen.
Cross Club, Prag
Im schönen Prag gelegen, sticht der Cross Club mit seiner futuristischen Techno-Steampunk-Ästhetik und den unterschiedlichen Bereichen heraus. Eine sich ständig weiter verändernde Optik, welche die DIY Mentalität der Betreiber:innen reflektiert. Der Club lädt die Besucher:innen ein, die verschiedenen Bereiche zu erkunden.
Das Programm sowie die Örtlichkeit des Clubs bieten dabei Abwechslung und jede Menge Hingucker. Tagsüber kam man sich an den angesiedelten Cafés oder Restaurants erfreuen, in der Nacht auf zwei indoor und einer outdoor Tanzfläche der Techno-Ekstase hingeben.
Frankreich
Frankreich steht international als Synonym für Freiheit. So verhält es sich auch mit den unterschiedlichen Technosubkulturen und Clubs im Land der Revolution. Eigentlich sollte „liberté, egalité, fraternité“ auf allen Tanzflächen weltweit als Credo gelten. Wer sich näher mit der französischen Techno-Kultur der 90er beschäftigen möchte, kann sich hier als Appetizer einen kleinen Einblick genehmigen:
Concrete Club, Paris – wehmütiger Blick in die Vergangenheit einer Institution
Mittlerweile ist der legendäre Club im Herzen von Paris leider geschlossen beziehungsweise dauerhaft übersiedelt. The Party ist Over. Zuvor hatte man acht Jahre auf einem Boot in der Port de la Rapee erinnerungsträchtige Technopartys veranstaltet. Leider konnte eine Petition sowie der Einsatz des Pariser Vizebürgermeisters den Niedergang des Clubs nicht stoppen. Hier ein paar Erinnerungen für alle Nostalgiker unter euch:
Badaboum, Paris
Hingegen lebendig wie eh und je ist das Badaboum. Auch wenn der Club hin und wieder wegen seiner Türpolitik in der Kritik steht. Wer Techno und Cocktails mag, der ist an dieser Pariser Adresse in der 2 Rue de Taillandiers großartig aufgehoben.
England
England spielt in der Geschichte der internationalen Technokultur eine prägende Rolle. London war dabei stets ausschlaggeben, wenn es um neue Impulse ging. Ebenso eine der Urstätten der ersten Tekknonomaden. In leerstehenden Lagerhallen und Bürokomplexen gingen jede Menge illegale Techno- & Tekkno-Partys ab. Bis heute ist das pulsierende Herz der Metropole an den Techno-Beat angepasst. Leider hat sich das Reisen nach England für uns Europäer:innen durch den Brexit etwas verkompliziert.
Fabric, London
Das Fabric ist sicher einer der international berühmtesten Technoclubs weltweit. Mit seinem „bodysonic dancefloor“ ist er auch einzigartig. Bei dem „bodysonic dancefloor“ handelt es sich um eine Besonderheit eines vibrierenden Bodens im „room One“ des Clubs. Der Boden bewegt sich dabei zu der gerade gespielten Musik. Daneben gibt es noch zwei weitere Floors, in denen man sich vor dem Stress des Alltags verlieren kann.
Spanien
Von Barcelona bis nach Ibiza, Freund:innen der Technomusik – egal ob Untergrund-Liebhaber:innen oder Fans der gehobenen Klasse – werden in Spanien fündig. Zahlreiche Techno-Locations im In- und Outdoorbereich können dabei besucht werden. Eine Wahl zu treffen, ist dabei oftmals schwer.
Macarena, Barcelona
Im gotischen Viertel, dem Barrier Gotic von Barcelona, ist das Macarena ein absoluter Tipp. Wie der Name schon verrät, hat der Laden schon einige Jahre auf den Buckel, was ihn aber als Technolocation um nichts nachstehen lässt. Das ehemalige alte Tanzlokal wurde renoviert und bietet heimischen und internationalen DJs sowie Gästen einen Platz zum Spielen. Technofans, die es echt und authentisch mögen, sind hier bestens aufgehoben.
Ibizia, die komplette Insel
Ibiza wird zu Recht als eins der Epizentren des Technos bezeichnet. Für manche ist es sogar das Mekka der Tanzmusik. Legendäre Club-, Party- und Veranstaltungsreihen sowie internationale DJs gibt es hier zu hauf. Und nicht nur Drogen geschwängerte österreichische Politiker können dort beim Feiern ihren Fantasien von Macht und Korruption frönen, nein, auch jede:r Durchschnittsbürger:in wird ein Haufen grandioser Partys auf Ibiza finden.
Der Film „This is Ibiza“ beschäftigt sich mit dem Mythos der Insel. Wie wurde Ibiza eigentlich zur Welthauptstadt der elektronischen Tanzmusik?
Deutschland
Deutschland hat mit seiner vielfältigen Technokultur vieles für die internationale Szene getan. Berlin gilt mit seinen Clubs dabei sicher als eine der richtungsweisenden Städte weltweit. Auch wenn ich hier die zwei größten nenne, bin ich mir sicher, ihr kennt bessere. Schreibt uns diese einfach unten in die Kommentare. In Deutschland wird man aber in jeder größeren Stadt zumindest einen erinnerungsträchtigen Technoclub ausmachen können.
Tresor, Berlin
Seit seiner Eröffnung 1990 gilt der Club, der ehemals in der Leipziger Straße lag, als einer der bekanntesten Technoclubs weltweit. Die Locations ist 2007 in das stillgelegte Heizkraftwerk Berlin-Mitte übersiedelt. Hier haben schon zahlreiche DJs ihre Karrieren gestartet. Das eigene Label rund um den Club „Tresor Records“ sowie die Veranstaltungsreihen des Clubs hatten Einfluss auf den internationalen Techno. Das Tresor ist ein stückweit Techno Geschichte.
Berghain, Berlin
Ein Techno Komplex mit berühmt berüchtigten Partys. Das Berghain mit seinen zahlreichen Feiermöglichkeiten hat einen internationalen Ruf, der weit über Europa hinausreicht. Für manche ist es sogar der Beste Club der Welt. Ebenso die Darkrooms. Auf mehrere Ebene und mit einem Outdoor-Bereich ausgestattet, werden hier die extravagantesten Partys mit ihrer ekstatischen Natur zelebriert.
Die Türpolitik, damit alles bei dem ganzen Wahnsinn und dem Kontrollverlust reibungslos abläuft, steht dabei für eine eigene Philosophie. Wie hier Sven Marquardt, Türsteher des Clubs ausführlich erklärt. Ein mysteriöser, fast schon magischer Ort voller Geschichten und Emotionen, den man als Technofan unbedingt mal gesehen haben sollte.
Foto– oder Videoaufnahmen aus dem Inneren des ehemaligen Heizkraftwerks sind strengstens untersagt und absolut verboten.
Italien
Italien hat traditionell beim Aufstieg des Technos gerade auch in den Anfangszeiten und den Neunzigern eine bedeutende Rolle gespielt. Mit dem Italo-Disco-Sound hat man auch sein eigenes Genre geprägt. Ebenso zahlreiche alte Clubs, deren Gemäuer einiges über Eskapaden zu erzählen hätten, wenn sie sprechen könnten. Daneben hat Italien ebenso seit Jahrzehnten eine starke Outdoor-Technofestivalszene, bei der Tekkno Liebhaber:innen auch nicht zu kurz kommen.
Jaiss, Florenz
Historisch gesehen ist das Jaiss sicher eine Erwähnung wert. Denn das legendäre Jaiss wurde 1994 zur Hochzeit des italienischen Technos im malerischen Florenz eröffnet und begrüßte in 10 Jahren nahezu jeden angesagten internationalen Technokünstler. Neben dem Cocorico avancierte es zu einem der bekanntesten italienischen Technoclubs. 2004 musste das Jaiss seine Tore wegen „administrativer Probleme“ schließen.
Das Kernteam wich aber auf andere Locations aus, um weiterhin Partys im Jaiss-Flair veranstalten zu können. Fans, Besucher:innen und ehemalige Mitarbeiter:innen posteten jahrelang danach noch Bilder, um ihrer Sehnsucht Ausdruck zu verleihen. 2019 gab es aber noch ein Happy End, als das Jaiss nach 15 Jahren im alten Glanze wiedereröffnet wurde. Ob das Re-Opening Corona auf dauer standhalten konnte, das wird sich wohl erst weisen.
Titelbild © Shutterstock
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