In diesem Text findest du Eindrücke von DEM Hip-Hop Event 2024 — „Nice chicks mit high kicks“ —, das im Uebel & Gefährlich (Hamburg, Jänner 2024) stattgefunden hat, sowie ein Interview mit Donna Savage, die an dem Abend am Start war. OG LU organisierte Saus und Braus mit heftigem Support. Wa22ermann, Banger Fabrique, Liz, Tom Hengst, Tubab, Jaray, Sherryaeri und Donna Savage kamen, sahen und haben einen riesigen Fußabdruck im Gesicht einer patriarchal geprägten Hip-Hop-Szene hinterlassen.
Flinta*-Rap: Momentaufnahme und Anhaltspunkte
Was macht heutzutage eigentlich feministischen Rap und damit zusammenhängende Berichterstattung aus? Wer darf jetzt noch „Bitch“ sagen, ohne Angst haben zu müssen, gecancelt zu werden? Weiblich gelesene Personen dürfen das! Punkt. Blank Space. Der Rest kann weiterhin sagen, was er will.
Fraglich ist, ob aus der häufig fehlenden Selbstironie ein Mitwachsen am Zenit der Zeit entsteht. Aber darum geht es zumindest in diesem Artikel nicht. Dieser Text dient als Momentaufnahme, aber auch als Anhaltspunkt, was gerade in der Flinta* Rap-Szene so abgeht.
„Männer“- vs. „Frauenrap“?
Starten wir mal mit einer Deklaration, warum ich als Autorin hier überhaupt eine geschlechtsorientierte Unterscheidung mache. Wenn ich ehrlich bin, fühle ich mich alleine bei der Teilnahme an verschiedensten Events in den letzten Jahren dazu verpflichtet.
Es gibt für mich keinen Frauen- oder Männer-Rap, aber es gibt immense Unterschiede, wenn es um Organisation, Teilhabe und dem Gefühl der Inklusion bei solchen Veranstaltungen geht. Deswegen macht eine Unterscheidung in diesem Rahmen durchaus Sinn.
Flinta*-Art: Media rolls the dice
Wenn man über Rappen, Produzieren und Auflegen im weiblich gelesenen Rahmen spricht und schreibt, dann eiert die Narrative in Breitband-Medien zwischen zwei Polen hin und her. Geht es darum, darüber zu berichten, wie sehr sich Flinta*s untereinander supporten? Oder doch darum, dass es großartig ist, dass Flinta*s auch „endlich“ mal den Platz einnehmen, der ihnen zusteht?
Außer ein paar Artikel, die das Individuum in den Fokus stellen und einen diversen Einblick in das Leben von Flinta* Artists bieten, wird sich immer noch gerne auf sehr einseitige Berichterstattungen verlassen, die die Vermutung nahelegen, dass die Autor*innen sich nicht weiter als Google Search Page Eins mit dem Themenkomplex beschäftigt haben.
„Nice Chicks mit High Kicks“ machen viel, aber geben sicher keine f*cks. Vor allem nicht auf lasche Texte und fehlende Message. Im Folgenden findest du das Interview mit Donna, das wir in Hamburg am Tag nach der Show geführt haben.
Interview mit Donna Savage
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Sarah: Naa, was geht Donna Savage? Happy to have you! Das Konzert gestern war zum Niederknien. Schilder mal deine Eindrücke, pls!
Donna: Hey yoo. Jaa, das Konzert war, wie soll ich sagen, ein cultural reset. Ich hab’ sowas in meinem Leben noch nie erlebt. Es war gestört. Ich hab noch nie so eine Flinta*-Quote bei einem Konzert SO gespürt, gehört und gefühlt. Es war wirklich show stopping, never been done before. Es war wirklich one for the books.
Sarah: Der letzte Release „Kingsize“ war ja für dich super personal! Dein Coming-out als bisexuell. Wie hast du die letzten Wochen seither erlebt?
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Donna: Ja voll, das war super persönlich und ich hatte wirklich ein anderes Gefühl vor diesem Release als vor anderen, normalen Releases bisher. Aber ich muss sagen, ich war positiv überrascht die nächsten Tage und Wochen danach. Ich habe so viele tolle, nette Nachrichten bekommen und einfach gemerkt, dass es wichtig war, das laut auszusprechen und ich bin super super happy mit meiner Community und mit meinen Leuten, die meine Musik pushen, weil das alle stabile Atzen sind.
Sarah: Wie betrachtest du die Entwicklungen hinsichtlich einer in sich dann doch oft zerrissenen Szene im Moment? Eine Welt zwischen Wokeness und Sexismus. Wer steuert das und wie siehst du die Zukunft?
Donna: Es ist genauso wie unsere Gesellschaft halt immer noch beides. Es geht progressively in die richtige Richtung, habe ich das Gefühl. Es gibt mittlerweile viel mehr Themen, bei denen die Leute mehr aware sind. Auch Männer mehr aware sind, aber meistens sind es eher Flinta*s, die die Richtung angeben und das Ruder in die Hand nehmen. Das hat man vor allem bei den Entwicklungen der letzten drei, vier Jahre bemerkt. Da ist extrem viel in die Richtung passiert. Und wie ich eh schon oft gesagt hab, ich bin positiv gestimmt, dass wir weiterhin das Ruder in der Hand haben und das einfach zu einer besseren Szene machen und Gesellschaftsstrukturen mitprägen.
Sarah: Was würdest du dir für zukünftige Events wünschen? Worauf könnten Veranstalter*innen, sowie auch Rapper (Flinta*s/Males) achten, um Events für alle inklusiv erlebbar zu machen?
Donna: Schwierig zu beantworten, ich veranstalte ja nicht. Das Einzige, was man als Rapper auf der Bühne machen kann, ist zu sagen: Hey schaut aufeinander! Wenn jemand übergriffig ist, schaut hin, helft der Person! Haut die andere Person raus! Aber man hat relativ wenig Einfluss darauf, ob das dann auch passiert. Als Rapper kann man da on stage wenig machen. Was auf jeden Fall von dringender Notwendigkeit wäre und was nichts ist, womit man sich schmücken sollte, sind Awareness-Teams. So selbstverständlich wie eben auch Türsteher oder Leute an der Bar. Deren Meinung sollte über dem Urteil von Securitys stehen, weil die Securitys draußen nicht mitbekommen, was drinnen passiert. Es bräuchte ein neues Sicherheitskonzept, was strikt durchgeführt wird und keinen Spielraum lässt für gschissene Arschlöcher.
Sarah: Was hast du so in der Pipeline? Irgendwelche letzten Worte?
Donna: Ja also dieses Jahr sind nur Lieblingsreleases geplant. Ich freu mich absurd auf dieses Jahr. Ich hab mit sehr viel coolen Leuten zusammenarbeiten dürfen und bin einfach extrem happy, das jetzt bald allen zeigen zu können und freu mich auch auf einzelne Releases mit Brenk Sinatra.
Sarah: Bin schon mega gespannt. Danke dir für deine Zeit!
Donna: Danke fürs’ Gespräch!
Eventtipp: Wer von euch Donna gerne live erleben möchte, sollte am 22. Februar.2024 im Werk in Wien vorbeischauen. Da supportet sie Tom Hengst bei seiner Tour. Falls du noch nach anderen Konzerten suchst, findest du hier: die Hip-Hop-Events 2024 in Österreich.
Nice chicks mit high kicks und Donna Savage Interview: ein Fazit
Mein Fazit des Abends: Lived modern feminism wurde auf die Bühne und in die Venue gebracht. Alle Beteiligten haben diesen Abend unvergesslich gemacht und einen Blueprint vorgelegt, wie es zukünftig sein könnte. Ich ende ungern mit den Worten eines Mannes, aber um es mit dem umfassenden Satz von Tom Hengst zu tun: „Ich bin noch nie vor so einer Crowd auf der Bühne gestanden. Danke an euch, diese Szene ist viel zu dreckig.“
Titelbild © Lilly Spitzauer
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