Obwohl die Berliner Newcomerin Nashi44 erst am Anfang ihres Schaffens steht, beweist sie als Musikerin bereits mehr Swag, Profil und Haltung als viele Stars und Größen der Deutschrap-Szene. Dass Message und Style sich nicht widersprechen müssen, sondern in der Kunst wunderbar als Symbiose harmonieren können, zeigt Nashi44 auf beeindruckende Weise. Mit ihrer nun erschienenen zweiten Single „Butterfly“ knüpft sie inhaltlich an ihre letzte Veröffentlichung und Singledebüt „Aus der Pussy” an.
„Butterfly“ ist viel mehr als bloß ein großartiger Track. Es ist eine antirassistische und antisexistische Hymne, die absolut ohne Zeigefinger und mit einer ordentlichen Portion Deutschrap-Bauchstich-Mentalität daherkommt. Zahlreiche kreative Punchlines werden auf „Butterfly“ treffsicher und intelligent als messerscharfe Kritik an bestehende Vorurteile kredenzt. Mit Wut, Humor und jeder Menge Empowerment wird das Bild der asiatischen Frau in ein anderes Licht gerückt.
Sexistische Fetischisierung und rassistische Entwertungen werden zerhackt, zerlegt und entsorgt. In den eigenen Worten formuliert Nashi44 ihre Interpretation von „Butterfly“ folgendermaßen: „Es ging mir mit dem Song um das Reclaimen südostasiatischer Bilder und die Neukreation des Bildes und der Story einer vietdeutschen Frau“. Wie Jade Edelstein, welches Nashi44 bereits auf den Eingangs-Lines zu „Butterfly“ besingt, enthält der Track zahlreiche Facetten, die je nach Blickwinkel anders glänzen können.
Newcomerin – Nashi44
Newcomer:innen bringen auch immer etwas Spannendes mit sich. Es ist wie ein Neuanfang, eine neue Seite, ein frisches Blatt. Vielleich hört man ja gerade seinen absoluten Lieblingskünstler der Zukunft. Man weiß es einfach nicht.
Diese Ungewissheit bringt auch stets eine weitere Möglichkeit, in der sich die Kunst entfalten kann. Das Spannungsfeld wurde noch nicht abgesteckt. Gerade zu Beginn ist das bei neuen Küstler:innen interessant zu beobachten.
Credits: Hai Anh Pham – Nashi44 hier im Video Outfit ihrer letzten Single „Aus der Pussy“
Der Elefant im Porzellanladen ist dabei oftmals das Thema Politik. Dass unpolitisch zu sein bereits eine politische Aussage darstellt und Unterhaltungsmusik nur den Status quo erhält, ist dabei leider vielen Künstler:innen nicht aktiv bewusst, oder es wird für die richtigen Zahlen absichtlich ignoriert.
Nicht so bei Nashi44. Sie betritt das Game mit einer klaren Botschaft, einem eigenen Stil und einer interessanten Delivery. Nashi44 zeigt uns, wie man völlig locker und unverkrampft politische Aussagen einfließen lassen kann, ohne dabei explizit politischen Rap zu machen. Ich hatte bei ihr nicht das Gefühl, dass sie noch auf der Suche nach ihrem Sound ist. Ganz im Gegenteil, klare Strukturen und Kombinationen sind hier musikalisch verdichtet.
Message – Selbstsicherheit – Style
Nashi44 weiß mit ihrer Attitude und ihren Skills umzugehen, präsentiert sich selbstbewusst und macht unmissverständliche Ansagen, die empowern. Sie zeigt, wie Rap neben den eigenen Gefühle auch jenen, die oft keine Stimme haben, Ausdruck verleihen kann.
Für uns als Hörer war es eine Weise Entscheidung von Nashi44, ihr Jazz- und Popgesang-Studium in Leipzig abzubrechen, um sich vollkommen ihrer Kreativkarriere zu widmen.
Credits: Hai Anh Pham – Newcomerin Nashi44 Fokussiert & Stilsicher
Fly like a „Butterfly“ sting like a bee
Auf einen bassgeschwängerten Trap Beat knallt uns Nashi44 auf „Butterfly“ Punschline um Punschline auf die Ohren. Humorvolle kleine Stiche, die blitzschnell daher kommen, Nashi44s Delivery trägt dabei den Track zusätzlich.
Der Beat, der viel Raum für die Stimme lässt, harmoniert dabei großartig mit der schnellen Darbietung der Silben-Reihenfolge. Wie Knetmasse, dabei variiert das Tempo und je nach Bedarf und Inhalt baut sie Druck auf- oder eben ab.
Komm‘ mit meinem Butterfly, Samurai, Hackebeil
fang‘ dich ein, Pokeball / mach‘ aus dir Kartoffelbrei
und Spiegelei, tang nai! / nenn‘ das Ganze Asian Fusion Kitchen, Nashi Style
Beim Text hat mir besonders die Kombination aus kryptischen Anspielungen und popkulturellen Bezügen gefallen. Sowohl in den Rap Zeilen als auch in die zeitgemäß passend zum Trap Beat gefilterten Adlips. Hierbei finden wir unter anderem Anspielungen auf die Oper „Madame Butterfly“ oder den Film „Full Metal Jackett“.
me so horny, me love you long time
Für das Video hat Nashi44 nicht nur an vietnamesisch konnotierten Orten in Berlin wie dem Dong-Xuan-Center und der Pho-Nudelbar ausgesucht, sondern auch mit einem krassen Team zusammengearbeitet: Duc Ngo Ngoc (u.a. „Obst und Gemüse“) zeigt sich für Regie und Produktion des Videos verantwortlich.
Die Kostüme stammen von lokalen Modedesignerinnen wie Ylenia Gortana, Melisa Minca und Daniella McKinley. „Und es waren fierce vietdeutsche Frauen als meine Gang dabei“, erzählt Nashi44.
Mit diesem großartigen Release hat Nashi44 klar Position bezogen und eine wichtige Botschaft gedroppt. Und Deutschrap braucht wahrlich noch jede Menge empowernde Tracks, die Kraft und Mut geben, wie laufende Ereignisse im Game immer wieder zeigen. Wir freuen uns auf jeden Fall auf noch mehr Musik von Nashi44 und ihre voraussichtlich im Herbst erscheinende Debüt-EP.
Titelbild Credits: Nashi44 Coverbild „Butterfly“
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