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Dieses Jahr geht das Vienna Shorts zum ersten Mal online über die Bühne. Anlässlich der 17. Ausgabe dieses Festivals haben wir uns mit dem Format der Kurzfilme auseinandergesetzt, sowie uns auch mit dem Regie-Paar Nicola von Leffern und Jakob Carl Sauer über ihre Projekte und den auf dem Festival vorgestellten Film unterhalten.
Sind Kurzfilme es überhaupt wert, dass es ein Festival gibt?
Diese Frage ist ganz klar mit JA zu beantworten. Kurzfilme sind keineswegs eine Randerscheinung oder eine reine Form der künstlerischen Auseinandersetzung, sondern prägen auf vielfältige Weise die Welt der visuellen Darstellung. Viel zu oft wird hierbei darauf vergessen, welche Bandbreite es unter den Kurzfilmen gibt.
Seien es nun Musikvideos, Spielfilme im Kurzformat, Animationen, experimentelle Projekte, Dokumentationen und vieles mehr – sie alle haben eine absolute Existenzberechtigung, denn sie nehmen auf die Entwicklungen in unterschiedlichsten Bereichen des Filmschaffens Einfluss.
“Kurzfilm wird unser Meinung oft falsch verstanden als Vorstufe zum Langfilm. Aber es gibt einfach Inhalte, für die ist das die richtige Form und Länge. Inhalte, die sich kurz oder mittellang am besten verpacken und erzählen lassen.“, bringen es Nicola und Jakob sehr gut auf den Punkt.
Es ist viel mehr, als nur ein paar Minuten visuelle Bespaßung. Abseits aristotelischer Regeln bekommen so Emotionen und Situationen, innere und äußere Konflikte und der Moment wesentlich mehr Kraft und Aufmerksamkeit. „Nur schöne Bilder zu drehen, ist uns immer zu wenig. Egal ob kurz, mittel oder lang. Egal ob Fernsehen, Web oder Kino. Inhalte zählen.“
Die Projekte des Regie- und Filmemacherpaares werden bereits zum 5. Mal auf dem Festival präsentiert, darunter zwei Solo-Projekte von Nicola. „2015 waren wir dann mit unserer ersten gemeinsamen Doku aus dem Libanon vertreten. ‚Mafi Kahraba‘ heißt der Film und wir haben damals einen Jury Preis bekommen. Das hat uns besonders gefreut, da wir gar nicht wussten, dass es etwas zu gewinnen geben würde. Eine schöne Überraschung.“
MAFI KAHRABA (2015, 4 min)
Hinter den Kulissen eines Kurzfilmes
Was viele aufgrund der Kürze vergessen: Auch ein Kurzfilm benötigt abseits einer Idee und eines kreativen Ansatzes viele Stunden an Arbeit und technisches Know-How.
„Den Aufwand muss man leider eher in Monaten zählen, bei Bloom waren es ungefähr 5 Wochen – vom Drehen zum Schnitt, über das Grading, bis hin zur Tonmischung vergeht einiges an Zeit und erfordert jedes Mal große Aufopferung. Bei fiktiven Inhalten geht dem Prozess oft monatelanges Drehbuchschreiben voraus. Die intensive Zeit, die man diesen Projekten schenkt, ist jedoch wichtig, um bei eigenen, originellen Inhalten anzukommen. Um den persönlichen Blick auf die Sache zu schärfen und nicht bereits dagewesene Erzählformen und Bilder unreflektiert zu reproduzieren.“
Mit ihrem aktuellen Video haben Nicola und Jakob ein bisher vielseits unbekanntes Terrain betreten – das Einfangen neuer Welten und Einblicke in das Unbekannte spiegeln sich in ihren Projekten häufig wider. Unerforschte Gebiete scheinen sich zu einem Markenzeichen ihrer Arbeit zu entwickeln.
„Im Ausland gelingt es uns besonders leicht einen frischen und unvoreingenommen Blick zu behalten. Da es an unbekannten Orten keine Routine für uns gibt, dürfen wir das was passiert mit den Augen eines Kindes betrachten. Das ist, so denken wir, besonders wichtig, um ehrliche Filme machen zu können. Für die Prozesse um einen herum ist man oft blind, in anderen Systemen erkennt man besser das Außergewöhnliche.“
Auch für das neue Musikvideo des österreichischen Produzentenduos HVOB, das sich beinahe im Stile einer Dokumentation zeigt, beleuchten sie eine Welt, die sonst im Verborgenen bliebe und so beginnt das Video mit dem Satz: „Skating is forbidden by the police in Uganda.“
HVOB – Bloom; Fink Remix (2019, 7 min)
„Die spezielle Magie von Musikvideos ist, wie weit sie reisen können. Oft sind sie wortlose Filme, die keiner Übersetzung bedürfen und daher auf der ganzen Welt gesehen werden. Authentische Inhalte lassen sich so gefühlvoll verpacken und erreichen oftmals ein sehr diverses Publikum. So ging es uns auch mit Bloom.“
Online Festival – funktioniert das überhaupt?
Das Flair eines Festivals geht sehr wahrscheinlich im Online-Format des Vienna Short unter, dennoch gibt es für ZuseherInnen wie auch die FilmemacherInnen einige Vorteile. Auch Nicola und Jakob sehen da gegensätzliche Punkte als besonders erwähnenswert:
„Der Vorteil ist natürlich die Reichweite, im Idealfall auch die flexiblere terminliche Gestaltungsmöglichkeit eines jeden Zusehers. Nachteil ist ganz klar – die Bereitschaft, sich auf einen Film wirklich einzulassen, wenn man ins Kino geht, ist deutlich höher. Ich gehe aus dem Haus, kaufe ein Ticket, begebe mich in einen dunklen Raum und lasse mich ohne große Ablenkungen auf die Welt des Filmes ein. Dort bin ich verzeihender gegenüber Inhalten, die mich nicht sofort abholen, ruhigere Töne anschlagen oder ihre Wirkung nur auf der großen Leinwand entfalten. Während es am Laptop leider nur ein Klick ist, einen sperrigen Film wieder zu verlassen.“
Für eingefleischte Kurzfilmfans wird sich jedoch trotzdem nicht viel ändern, denn die Filme bleiben weiterhin sehenswert, und auch die Veranstalter der Vienna Shorts versuchen, möglichst nahe an ein authentisches Festivalerlebnis zu kommen.
„Allerdings müssen wir sagen, dass wir dieses Jahr auf der Diagonale ein sehr schönes online-Screening mit Bloom erlebten. Nachdem das Festival Mitte März spontan abgesagt werden musste, wurde eilig ein Streaming aufgesetzt, das den Film nur einmal zu einer bestimmten Uhrzeit ins Internet brachte. Es gab ein richtiges Premieren-Feeling.
Alle unsere Freunde saßen vor den Laptops und Fernsehern und in Summe haben wir mehr Zuseher erreicht, als wir es auf der physischen Diagonale im Kino getan hätten. Und vor allem mehr Menschen die nicht in der Filmbranche sind. Es tut gut, mal über die Grenzen der Bubble hinaus in Austausch zu geraten.“
Diese Worte lassen hoffen, dass das Vienna Shorts auch dieses Jahr wieder voll einschlägt. Wir können es jedenfalls kaum erwarten.
Das Vienna Shorts Festival
Ab 28. Mai findet das Kurzfilmfestival zum ersten Mal online statt. Zum Preis eines Kinotickets, für gerade einmal 9 Euro, bekommen die ZuseherInnen hierbei Zugriff auf 280 Filme über eine eigene Streaming Plattform – den Vienna Shorts Festival Hub. Die Veranstalter möchten hierbei aber die Charakteristik eines Kurzfilmfestivals beibehalten, weshalb die Filme in kuratierten Programmen nach Wettbewerben oder Thema vorgestellt werden.
Vienna Shorts – Website
Nicola von Leffern – Vimeo, Instagram
Jakob Carl Sauer – Vimeo, Instagram
Titelbild Credits: Nicola Von Leffern und Jakob Carl Sauer
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