Keine Sorge! Beim Discounter gibt es keine Mikrochips, die man sich selbst ins Gehirn installieren kann. Das heißt, noch nicht! Doch die Tech-Milliardäre im kalifornischen Silicon Valley arbeiten fleißig daran, dass gerade diese Science-Fiction bald Realität werden könnte. Eine Bestandsaufnahme.
Helmi ist da!
Im Loft des Startup-Unternehmens Kernel in Los Angeles wurde vor kurzem ein weiteres Wunderwerk der Technik präsentiert: Der Gedankenhelm. Mit Lasern ausgekleidet, die in kurzen Stößen infrarotes Licht durch die Schädeldecke ins Gehirn pusten, um u.a. winzige, Neuronen anregende Ströme messbar zu machen, soll diese Konstruktion (via Magnetometer und gepulster Magnetfelder) die menschliche Gehirnaktivität aufzeichnen und – so zumindest die revolutionäre Idee – besser entschlüsseln.
Schon in drei Jahren, deklariert der Unternehmer Bryan Johnson das Ziel, sollen diese Gedankenhelme ganz selbstverständlich zur Grundausstattung des Menschen gehören. Ein must have für alle, die sich selbst zu vermessen und zu optimieren wünschen.
Körperfettwaagen und Fitnesstracker sind von gestern! In drei Jahren schon könnt ihr euer geistiges Wohlbefinden aufzeichnen und sogar beeinflussen – guaranteed!
So wie einst die Computersoftware soll nun auch das Gehirn gehackt und eine sogenannte „Hirn-Computer-Schnittstelle“ geschaffen werden. Die Pros und Experts sagen dazu nur BCI (Brain-Cumputer-Interface), eine Vorstufe zur Verschmelzung von Mensch und Maschine. Donna Haraway hat mit ihrem Cyborg Manifesto aus dem Jahre 1985 also nicht zu viel versprochen.
Elon Musk – der pope of the brain
Der wohl bekannteste aber auch radikalste Vertreter dieser BCI-Propheten ist wohl der Tesla-Gründer Elon Musk. Vor kurzen hat dieser nämlich erst das neueste Hirnimplantat seiner Firma Neuralink präsentiert – welches einem Schwein implantiert wurde.
Dieses Implantat wird an der Schädeldecke angebracht und durch extra-feine Elektroden in die Oberfläche des Gehirns genäht. Es soll unter anderem Gelähmten Bewegungsfähigkeit zurückgeben, Depressionen lindern, Sucht und Vergesslichkeit heilen.
Aber zurück zum Schwein. Warum ein Schwein?
Ist doch klar: „Schweine haben viele Gemeinsamkeiten mit Menschen“, so Musk ganz ohne Ironie. Die Haut dieser Tiere ist der des Menschen recht ähnlich. Schweine bewegen sich zudem viel, wodurch auch die Robustheit des Chips getestet werden kann. Aber vor allem sind Schweine leicht und schnell zufriedenzustellen: Etwas Futter reicht aus. So können die Gehirnaktivitäten gemessen werden. Aber zurück zum Helm. Oder doch nicht?
Mark Zuckerbergs blut-zirkulatorischer Lichtwellen Ansatz
Bevor wir zum Thema Helm zurückkehren, machen wir noch einen Abstecher ins Facebook-Headquarter. Dort (aber vermutlich nicht genau dort!) forscht Facebook-Oberboss Mark Zuckerberg (aber vermutlich nicht er persönlich!), an einer vergleichbaren Hirn-Haube. Diese soll mithilfe von Lichtwellen und Blutzirkulation Wörter und Sätze entziffern, die so dann nicht mehr ins Smartphone getippt werden brauchen, sondern die man einfach nur noch denken muss – Klar, Tippen ist mühsam und kostet Zeit.
Die Offenlegung des Denkens
Bryan Johnson von Kernel strebt wiederum danach, „das Denken selbst“ offenzulegen. Er will erkunden, „warum wir Dinge tun, die wir tun“. Mithilfe seines Helmes soll der Mensch von Denkfehlern befreit werden, Vorurteile vermeiden, seine Konzentration forcieren, Lernschwächen ausmerzen und leichter entspannen. Im Grunde also: optimiert werden; und zwar auf allen nur erdenklichen Ebenen. Wie das?
In einem Video zeigt Johnson wie er mit dem Helm im Wohnzimmer sitzt, sein Erinnerungsvermögen am Computer trainiert, via Gehirnwellenanalyse die richtige Musikmischung zum Relaxen eingespielt bekommt und subtil daran erinnert wird, zu diesem Zeitpunkt lieber die Finger von Snacks zu lassen, um seine Diät nicht zu gefährden. Aha!
Warum nicht gleich einen Computerchip und sich den Helm sparen?
Hier zeigt sich Johnson salopp Kunden- und Kundinnenorientiert: Wer will schon einen Computerchip im Hirn?
Gute Frage.
Also baut man einfach einen abnehmbaren Helm.
As simple as that!
Der Traum des Transhumanismus
Den Traum, das rein Menschliche an uns zu überschreiten, gibt es nicht erst seit dem Aufkommen der Science-Fiction. Vermutlich schon viel länger strebt der Mensch danach, sein eigenes Menschsein zu transzendieren und sich selbst in einer transhumanen Lebensform zu verwirklichen. Und nun steigen auch noch die Tech-Bonzen in diese Vision mit ein und übersättigen das Ganze mit Business, Technik und vor allem Profitgier. Das Projekt Mensch wird also serious as fuck, wie die IT-Fritzen in ihrem Fachjargon sagen würden.
Natürlich beteuern Unternehmer wie Johnson zuallererst einmal ihre noblen Absichten, der Menschheit zu helfen, indem sie deren größte Probleme lösen wollen. Firmen wie Kernel wollen es zuerst einmal für die Wissenschaft einfacher machen, das menschliche Gehirn zu studieren. Klar, alles für die Wissenschaft und das menschliche Wohlbefinden.
Doch es ist klar, dass diese profitorientierten Unternehmen im Grunde schon jetzt danach schielen, eine Großzahl an Kunden zufrieden stellen zu wollen. Kundinnen, die, sobald solche Gadgets massenwarentauglich sind, sich selbst vermessen werden können. Und zwar genauso leicht wie sich heute schon Schritte und Herzschläge mit dem Handy aufzeichnen lassen.
Doch zu welchem Preis?
Es gibt eine schier unüberschaubare Liste an when-technology-goes-wrong-Filmen, aus der niemand bereit ist, etwas zu lernen.
Profitorientierte Unternehmen wollen etwas Gutes? Von wegen!
Facebook und Google machen ohnehin schon mehr als fragwürdige Dinge mit unseren Klicks und Daten. Diesen Unternehmen (die alles andere als das Wohlergehen der Menschheit im Sinne haben) jetzt auch noch Zugang zu unseren Synapsen, unseren Gedanken und unserem Geist zu gewähren, ist vielleicht keine ganz so gute Idee.
Doch wem könnte man diesen Zugang dann gewähren? Die Antwort: vielleicht niemanden. Womöglich steht einfach zu viel auf dem Spiel. Denn wie jede Technologie kann auch diese BCI-Technologie missbraucht werden.
Wie auch immer sich „der Mensch“ schlussendlich entscheiden wird, er darf auf keinen Fall vergessen, sein Gehirn zu benutzen.
Titelbild Credits: Shutterstock
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