Rassismus macht krank! Neue Studienergebnisse der Uni-Wien zeigen, dass Rassismus nicht nur psychisch schädlich ist, sondern auch den Organismus direkt angreift.
Rassismus macht krank und führt zu psychischen Störungen
Im Schatten unserer Gesellschaft lauert eine unsichtbare Gefahr: Diskriminierung. Nicht nur seelisch verheerend, sondern auch körperlich bedrohlich, hinterlässt Rassismus tiefe Narben in der Gesundheit der Betroffenen. Eine Studie unter der Leitung von Psychologin Ricarda Nater-Mewes von der Uni Wien bringt nun ans Licht, wie sehr Rassismus und Diskriminierung das Stresssystem des Körpers aus dem Gleichgewicht bringen und damit zu psychischen Störungen und körperlichen Krankheiten beitragen können. Und dabei geht es nicht um die physische Gefahr, aufgrund des Aussehens von einem Neo-Nazi den Schädel eingeschlagen zu bekommen.
Das Team um Nater-Mewes untersuchte Männer mit türkischem Migrationshintergrund und machte eine erschreckende Entdeckung: Die Häufigkeit von Rassismuserfahrungen steht in direktem Zusammenhang mit körperlichen Stressindikatoren. Wenn Diskriminierung chronisch erlebt wird, geraten die körpereigenen Stresssysteme in ein verhängnisvolles Ungleichgewicht. Das gefürchtete Stresshormon Kortisol spielt dabei eine besondere Rolle. Veränderungen dieses Hormons können sich auf lange Sicht schädigend auf das Immunsystem auswirken und somit den Weg für Krankheiten ebnen.
Häufigkeit der Diskriminierung spielt eine Rolle
In einem Interaktionsparadigma im Labor wurde Diskriminierung standardisiert, bei den Probanden ausgelöst und die Reaktionen der Teilnehmenden genau unter die Lupe genommen. Alle Testteilnehmer konnten jederzeit das Experiment abbrechen und professionelle Hilfe bei Bedarf in Anspruch nehmen. Die Ergebnisse der Testreihe sind alarmieren. Sie zeigen, dass diejenigen, die häufig Diskriminierung erlebten, ein höheres Stressempfinden und geringere Kortisol-Werte im Speichel als Reaktion auf die rassistische Attacke haben.
Aber damit nicht genug – die chronisch diskriminierte Gruppe wies eine erhöhte Kortisol-Konzentration im Haar auf, ein Zeichen für andauernde Belastung durch Rassismus. Interessanterweise stiegen die Herzraten und andere Indikatoren des autonomen Nervensystems in beiden Gruppen gleichermaßen an, unabhängig von der Häufigkeit der Diskriminierungserfahrungen.
Die Bedeutung dieser Studie reicht weit über die wissenschaftliche Neugier hinaus. Sie deckt eine beunruhigende Wahrheit auf. Diskriminierung greift nicht nur die Psyche an, sondern auch das Immunsystem. Menschen mit Migrationshintergrund sind häufig mit diesen schädlichen Erfahrungen konfrontiert.
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Die Forschungsergebnisse des Teams können dazu beitragen, die Mechanismen und Prozesse, durch die der Rassismus seine zerstörerischen Spuren hinterlässt, besser zu verstehen. Doch das Wichtigste ist, dass sie in weiterer Folge zu maßgeschneiderten klinisch-psychologischen und psychotherapeutischen Interventionen führen kann. Denn nur durch gezielte Unterstützung und Aufklärung kann man für betroffene Personen etwas nachhaltig verändern.
Denn es ist schon lange an der Zeit, dieses schleichende Gift des Rassismus zu entlarven und den Betroffenen eine Stimme zu geben. Diskriminierung darf nicht länger ignoriert oder toleriert werden. Denn Gesundheit und das Wohlbefinden sollten in einer modernen Gesellschaft an erster Stelle stehen. Daher liegt es wohl in unserer Verantwortung, eine Gesellschaft zu schaffen, die auf Respekt, Empathie und Vielfalt aufbaut und damit die Gesundheit aller schützt.
Männer mit Migrationshintergrund und das Krankheitsbild Rassismus
Im Fokus der Untersuchung standen Männer mit türkischem Migrationshintergrund, die angaben, Rassismus in ihrem Alltag zu erleben. Die Häufigkeit von Rassismuserfahrungen korreliert dabei mit den körperlichen Stressindikatoren. Chronische Diskriminierung bringt also die körpereigenen Stresssysteme auch dauerhaft aus dem Takt. Medizinisch gesehen macht Rassismus also tatsächlich krank.
Besonders Kortisol spielt dabei die verhängnisvolle Rolle. Da gerade dieses Hormon zu Veränderungen im Organismus führen kann, die langfristig das Immunsystem schädigen und somit den Weg für Krankheiten ebnen können. Das geschwächte Immunsystem kann in weiterer Folge so auch chronische Erkrankungen begünstigen. Interessanterweise zeigte sich, dass die Herzraten und andere Indikatoren des autonomen Nervensystems in beiden Gruppen gleichermaßen anstiegen, unabhängig von der Häufigkeit der Diskriminierungserfahrungen.
Die Ergebnisse sind alarmierend. Denn die gesundheitlichen Schäden sind nicht nur für die Betroffenen dramatisch, sondern sie wirken sich auch in weiteren Kausalitätsketten auf die gesamte Gesellschaft aus. Und sie erzeugen schlussendlich auch Mehrkosten für das Gesundheitssystem.
Rassismus macht krank und vergiftet unsere Gesellschaft
Neben den wissenschaftlichen Erkenntnissen ermöglicht die Studie auch eine ethische Argumentationsgrundlage gegen den Rassismus. Ein Problem, das sich in unserer Gesellschaft in den vergangenen Jahren immer weiter ausbreitet. Denn sie bestätigt, dass, was Menschen in der Antirassismus-Arbeit schon seit Jahren kommunizieren. Und untermauert die schockierende Wahrheit, dass Diskriminierung nicht nur seelische Wunden hinterlässt, sondern auch den Organismus direkt angreift.
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Es geht hier also nicht um eine „gefühlte“ Wahrheit, sondern um wissenschaftlich messbare Daten und vor allem auch medizinische Beweise, dass Rassismus krank macht. Menschen mit Migrationshintergrund sind oft mit Rassismus konfrontiert. Und werden häufig in der Folge weiterer Diskriminierung ausgesetzt, da ihnen das Erlebte häufig abgesprochen wird. Es liegt also an uns, diese Bedrohung für die Gesellschaft ernst zu nehmen und entschlossen dagegen vorzugehen.
Die Forschungsergebnisse können dabei helfen, die Mechanismen und Prozesse, durch die Rassismus seine verheerenden Auswirkungen entfaltet, besser zu verstehen. In weiterer Folge sind individuelle Unterstützung und Aufklärung entscheidend, um die Gesundheit von Betroffenen zu schützen.
Titelbild © Life Matters via Pexels
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