Nachdem wir bereits 8 österreichische Designer:innen vorgestellt haben, ist nun das Nachbarland Deutschland am Zug. Allein durch seine Größe und die zehnfache Bevölkerungszahl gäbe es hier natürlich mehr Auswahl. Nichtsdestotrotz stellen wir auch hier sechs deutsche Designer:innen vor, die du vielleicht noch nicht kennst.
1. Esther Perbandt – die deutsche Designerin ganz in Schwarz
All black, everything. Esther Perbandt wird auch als Deutschlands „Queen of Black“ bezeichnet. Schwarz auf Schwarz ist sozusagen das Markenzeichen dieser Designerin.
Esther ist in Berlin geboren und aufgewachsen. Ihre Kindheit und Jugend während den 70ern und 80ern wurde sehr stark von ihren Eltern geprägt. Diese waren starke Befürworter politischer und sozialer Gleichheit. So kam es, dass Esther von klein auf die feministische Bewegung unterstützte und einen guten Teil ihrer jungen Jahre auf Demos verbrachte.
Esther wuchs ohne TV auf, den sie aber nicht vermisste. Denn sie besaß etwas, was in ihren Augen viel interessanter war: Eine große Box voller Kostüme. So kam es, dass Esther stundenlang Outfits kombinierte und in verschiedene Rollen schlüpfte. Mit zwölf Jahren war sie sich sicher: Sie würde Designerin werden. Aber nicht einfach, wie andere deutsche Designer:innen.
Esther beschreibt ihre Mode als einen Akt des Postfeminismus. Ihr avantgardistischer Stil baut auf folgenden Werten auf: Persönlichkeit, Autonomie und Individualität. Klassische Herrenmode mit Details, welche die dekonstruierte, nicht-binäre Silhouette umrahmen sollen. Die zeitlosen Aspekte von Eleganz und Stil bleiben jedoch erhalten.
Ein weitertes zentrales Merkmal von Esthers Schaffen ist Interdisziplinarität. Dies zeigt sich vor allem bei den unzähligen Zusammenarbeiten mit Film, Musik und dem Theater. Beispiele hierfür sind Projekte mit Rammstein oder dem Komponisten Sven Helbig. Esther versucht in ihrem Schaffen immer wieder Grenzen zu überwinden und Beziehungen zu schaffen. Diese Verbindungen mögen auf den ersten Blick ungewöhnlich wirken. Doch Esther setzt auf die Liebe zur Kreation als gemeinsamen Nenner.
Musik und Mode waren für Esther immer schon eng verbunden – vor allem in den Komponenten der Bewegung und des Geschichtenerzählens. So dient ihr die Musik als Inspirationsquelle beim Designen – und umgekehrt.
2. Jule Waibel – Geometrie und Ästhetik
Jule Waibel ist die Schöpferin des „unfolded“ (Anm. d. Red. „entfalteten“) Universums. Im Fokus ihres Schaffens stehen Muster und Strukturen. Diese werden vorwiegend durch die Kunst des Faltens kreiert. Die deutsche Designerin pendelt zwischen London und Berlin hin und her.
2014 machte sie ihren Abschluss in London am Royal College of Art London. Daraufhin gründete sie ihre nach sich selbst benannte Marke. In ihrem Atelier produziert sie ihre „unfolded“ Produkte und nimmt Kundenaufträge an. Ihr Tätigkeitsbereich umfasst Produkt-, Interior-, Mode- Textil und Raumgestaltung.
Jule spielt mit der Kombination von Mode, Objekten und Performance. Ihr Fokus liegt dabei auf geometrischen Formen, Bewegung und Ästhetik. Eine ihre Inspirationsquelle ist Bauhaus (Anm. d. Red: eine Kunstschule, die als erste Kunst und Handwerk zusammenführte) – vor allem die Geometrie und Schlichtheit haben Jules Kreationen geprägt.
Jule selbst sagt folgendes: „Im dreaming of an unfolded universe, a pleated planet. Everything should move, expand and contract – geometric playful shapes are dancing around the moon.“
(Anm. d. Red.: „Ich träume von einem entfalteten Universum, einem gefalteten Planeten. Alles soll sich bewegen, ausdehnen und zusammenziehen – geometrische Spielformen tanzen um den Mond.“)
3. Bobby Kolade – ein Künstler des Upcyclings
Bobby Kolade wurde 1987 im Sudan geboren und wuchs in Kampala, Ugandas Hauptstadt auf. Schon als Teenager kaufte Bobby Secondhand Kleidung ein und ging mit den Teilen dann zum Schneider. Dieser sollte die Kleider Bobbys Vision entsprechend schneidern. Das hieß so viel wie: Gürtel wurden auf T-Shirts genäht und Hosen wurden wie eine Collage mit verschiedenen Stoffen bestickt.
20 Jahre später näht Kolade seine Designs selber. Der einzige Unterschied zu damals: Kolade ist nun ein anerkannter Designer und seine Kreationen sind vielmehr ein politisches Statement als eine Modeerscheinung. Er arbeitete unter anderem schon für Balenciaga und Maison Margiele.
Denn Kolades Heimatland Uganda hat eine riesige Secondhand Kleidungsindustrie, die ihren Antrieb durch den enormen Überkonsum von Fast Fashion in der westlichen Welt bekommt. Die gespendete Kleidung wird nach Afrika verschifft, um dann dort verkauft zu werden oder – schlimmer noch – um auf der Deponie zu landen.
Kolade versucht dem Problem entgegenzuwirken, indem er 2018 nach Kampala zurückkehrt. 2021 launcht er seine Brand „Buzigahill„. Sein allererstes Projekt trägt den Namen „Return to Sender“. Kolade und sein Team transformieren die von Konsument:innen der westlichen Welt verworfenen Kleidungsstücke in highend Stücke und verkaufen sie wieder zurück an den Westen.
Doch es hat eine Weile gedauert, bis Kolade seine Berufung gefunden hatte. Denn die ursprüngliche Idee war es, eine Brand zu gründen, die mit Baumwolle aus Uganda produziert wird, aber ihren Sitz in Berlin hat. Es ging lediglich um den Wunsch, mit verschiedenen Mustern und Formen zu arbeiten.
Heute bezeichnet Bobby Kolade diese ursprüngliche Idee als „peinlich“:
„I had the mindset oft he global North:extractive – the high-level jobs would be in europe, and we’d just have people in Uganda producing things. After doing more research , towards the end of 2017 I decided to relocate permanently to Uganda. It was liberating.“
(Anm. d. Red.: „Ich hatte das Mindset des globalisierten Norden:Extraktivs – die high-Level Jobs wären in Europa und Menschen aus Uganda würden für uns die Produkte produzieren. Nachdem ich mehr Recherche betrieben hatte, entschied ich mich gegen Ende 2017 dazu alles nach Uganda zu übersiedeln. Es war befreiend.“ )
4. Jan ’n June – deutsche Designerinnen mit Fair Fashion
Alles fing im Sommer 2013 in Hamburg bei einer Flasche Wein an. Denn aus einer einfachen Konversation zwischen zwei Freundinnen entwickelte sich die Frage: „Warum gibt es kein modisches, nachhaltiges und bezahlbares Modelabel?“
Bei ihrer darauffolgenden Recherche konnten sie kein einziges ausfindig machen. Für Anna und Juliana war klar, sie wollten die Sache selbst in die Hand nehmen. Heute hat JAN ‚N JUNE 15 Mitarbeiter und setzt auf den Hashtag #byebyefastfashion.
JAN ‚N JUNE ist ein nachhaltiges Unternehmen aus Hamburg. Die Damen hinter der Marken sind Anna Bronowski und Juliana Holtzheimer.
Ihr Fokus liegt vor allem auf fairen und ökologischen Herstellungsbedingungen. Produziert wird in Polen in einem Familienbetrieb. JAN ‚N JUNE setzt auf Transparenz: die Konsument:innen sollen die Möglichkeit haben, alle Produktionsschritte – vom Rohstoff bis hin zum Endprodukt – nachzuverfolgen. Auf Transparenz setzen generell immer mehr deutsche Designer:innen.
Auf der Website findet man unter dem Punkt „About“ alles zur Produktion, den Materialien und sogar einer Karte, die die genauen Produktionsorte gekennzeichnet hat. Die potenziellen Käufer:innen sollen die Möglichkeit haben, mit nur wenigen Klicks alles über die Produkte und ihre Herkunft zu erfahren.
Was die Stoffe betrifft, werden nur zertifizierte und nachhaltige Materialen zur Herstellung verwendet. Produziert wird unter anderem mit recyceltem Kaschmir, recyceltem Polyamid (welcher aus recyceltem Müll aus den Ozeanen stammt) , Acetate (Cellulose basiert), Ecovero (ähnelt sehr der regulären Viskose, aber bei der Produktion werden 50 Prozent weniger Emissionen frei und weniger Wasser verbraucht) , Tencel (unter Tencel versteht man Lyocell), organische Leinen, recycelte Baumwolle, Belgische Leinen.
5. Hien Le – Unisex-Konzepte und zeitlose Designs
„Ich bin Hien aus Berlin, Modedesigner seit 2011. Ich würd‘ es nicht als Unisex-Mode beschreiben, ich mach` wirklich Männer und Frauen – aber es ist immer eine Kollektion, die von einer Inspirationsquelle, einem Stoff- oder einem Farbkonzept, hervorgeht.“ – So beschreibt der deutsche Designer Hien Le sich selbst und sein Schaffen.
Hien ist Mitte 30, hat ein jugendliches Gesicht. Als er ein Jahr alt war, zogen seine Eltern mit ihm nach Kreuzberg. Seine Wurzeln liegen jedoch in Laos. Die Leidenschaft zur Mode wurde ihm quasi in die Wiege gelegt, denn sein Großvater war Schneider. So kam es, dass Hien mit zwölf Jahren für sich entschied: Ich möchte Modedesigner werden.
Seine Karriere begann in der PR Abteilung und im Vertrieb verschiedener Labels. Der Prozess – der lange Weg von einer Skizze bis hin zum fertigen Produkt – faszinierten ihn so sehr, dass er den Entschluss fasste, sich selbständig zu machen. 2011 schafft er es dann sogar auf die Berliner Fashionweek.
Seine Mode spiegelt den funktionalen Minimalismus der asiatischen Alltagskleidung wider. Hien Le legt großen wert darauf, dass seine Teile sowohl von Männern als auch von Frauen getragen werden können. Seine Designs sind so konzipiert, dass sie sowohl dem Wandel der Zeit als auch dem Alter der Träger:innen standhalten sollen. Hien Le setzt auf einfache Designs. Ihm geht es vor allem darum Teile zu schaffen, mit denen man sich sozusagen eine Uniform zusammenstellt, die immer wieder getragen werden kann.
Trotz der asiatischen Einflüsse wird ausschließlich in Berlin und mit europäischen Stoffen produziert. Für ihn steht fest: „Hien Le ist eine deutsche Marke und deshalb soll auch Made in Germany auf dem Schild stehen.“
6. Damaris Moos und Rosa Hirn – deutsche Designerinnen mit Fair Fetisch Fashion
Fusc ist der Name eines sehr speziellen Labels, denn es handelt sich um eine besondere Nische von Fair Fashion, nämlich fair Clubwear und Fetisch Fashion. Fusc ist genau das: Die Fusion dieser zwei Welten, nämlich Fair Fashion und Fetischkleidung. Deutsche Designer:innen in Berlin lassen sich nicht selten vom Nachtleben und der Festisch-Szene inspirieren.
Die zwei Gründerinnen lernten sich bei ihrem Studium an der Hochschule für Gestaltung in Pforzheim kennen. Damaris belegte den Studiengang Mode und Rosa studierte Schmuckdesign. 2017 trafen sie sich wieder in Berlin und es ergab sich dann die Möglichkeit ein gemeinsames Projekt auf die Beine zu stellen.
Angefangen hat alles mit der Idee eines Upcycling-Projekts. Sie sammelten Altkleider und fingen an herumzuexperimentieren. Sie suchten nach Materialien, die ihre Looks etwas edgy und einzigartig machen würden.
So kam es, dass sie nach kaputten Fahrradschläuchen und -felgen griffen, anfingen diese zu verarbeiten und erste Modelle zu entwerfen. Es entstanden Skizzen für Kopfschmuck aus Schläuchen. Weiters wurden auch Schläuche an Kleidungstücke genäht. Somit fiel ihr kreativer Blick immer mehr auf Fahrräder und deren Bestandteile.
Der Fokus auf Fetischfashion war nicht von Anfang an da. Diese Nische kristallisierte sich erst nach der ersten Entwurfsphase heraus. Moos und Hirn sind sich sicher, dass die Einflüsse der Berliner Clubszene und alternative Fashion auf sie auch einen großen Teil zu dieser Entwicklung beigetragen hatten.
Dennoch ist beiden wichtig, dass sie sich und ihrer Kreativität keine Grenzen auferlegen und sich selbst in keine Schublade stecken. Beide haben die Vision, die Fahrradmaterialen auch in eine straßentauglichere Linie zu inkludieren.
Deutsche Designer:innen – Unterschätztes Nation in Sachen Mode
Deutsche Designer:innen gibt es unzählige. Deshalb könnte die Liste natürlich noch deutlich länger sein. Denn mit Brands wie lala Berlin von Leyla Piedayesh, Perret Schaad von Johanna Perret und Tutia Schaad, Dimitri von Dimitrios Panagiotopoulos, oder eben deutsche Designer:innen wie Kilian Kerner, Dorothee Schuhmacher, Dawid Tomaszewski, Guido Maria Kretschmer und William Fan hat Deutschland eine breite Palette an etablierten Designer:innen und auch jungen Talenten.
Titelbild © Shutterstock
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