Um das Darknet ranken sich viele Mythen. Unser Redakteur hat jemanden besucht, der seinen Stoff regelmäßg im Deepweb kauft und sich dabei sicherer fühlt, als auf der Straße.
Ich gebe zu, ich bin ein Unschuldslamm. Ich kaufe mir Fahrscheine, fahre nie schneller als die Geschwindigkeitsbegrenzung es erlaubt und zahle meine Rechnungen spätestens nach der zweiten Mahnung. Das Darknet war also völliges Neuland für mich. Ich habe schon einiges darüber gehört, aber wirklich vorstellen konnte ich es mir nicht. Das meiste was ich zu hören bekam, waren eher Gruselgeschichten, die ich nicht so recht glauben konnte. Eine Art „Negativ-Internet“, wo es keine Grenzen gibt?
Ich habe mich auf die Suche begeben und wollte aus erster Hand erfahren, wie es auf der dunklen Seite aussieht. Ich wurde tatsächlich relativ schnell fündig. Wie es halt so ist: Einer kennt einen, der einen kennt… Und wie es halt so ist, wollte er mir zwar seine Erfahrungen erzählen, aber natürlich nicht namentlich erwähnt werden. Wir nennen ihn mal H.
Auf den ersten Blick sieht H. aus wie ein Durchschnitts-Junkie. Nicht zu abgefuckt, aber man sieht, dass er gerne mal etwas mehr von der verbotenen Frucht nascht. Sein „Arbeitsplatz“ ist wohl auch so, wie man ihn sich von so einem Typen vorstellt. Hier und da ein paar Bierdosen, verziert mit ein paar illegalen Akzentuierungen. Ich platze auf jeden Fall schon vor Neugier und bewerfe ihn mit Fragen: Sind 90% vom Internet echt Deepweb? Was ist das krasseste was es im Deepweb gibt? Hast du nicht Angst, dass die Bullen dich kriegen?
Natürlich wurde ich erstmal ein wenig belächelt. H. erklärt mir, dass man zu allererst einen Tor-Browser verwenden muss. Einerseits verschlüsselt dieser die IP Adresse des PC’s, andererseits kommt man ansonsten gar nicht rein. Der Tor-Browser kann aber auch im Clean-Web verwendet werden. „Falls du nicht willst, dass jeder weiß, welche Pornos du dir ansiehst oder du in Nordkorea lebst und einfach was googlen willst“, erklärt mir H.
Meine ersten Schritte im Darknet
Vor 5 Jahren kam er zum ersten Mal mit dem Deepweb in Kontakt. Sein „LSD-Hawara“ hatte gerade nichts und deshalb musste er seinen Stoff von wo anders herkriegen. Sein Kollege hat ihm dann eine Darknet-Seite empfohlen, auf der er sich das kaufen kann, was er möchte.
Endlich zeigt er mir die neue Welt. Und die sieht überraschend normal aus. Auf den ersten Blick. Die Homepage ähnelt der von Ebay – in billig. Nur kann man sich hier kein Nudelsieb kaufen, sondern LSD, Waffen und gestohlene Pässe. H. erklärt mir auch, dass Google diese Seiten schlicht und ergreifend nicht anzeigt. Man bräuchte für jede Deepweb-Seite die genaue Adresse.
„Das MDMA ist hier viel billiger und die Qualität ist einwandfrei“, betont H. „Pro Gramm zahle ich im Darknet 20€, auf der Straße zahl ich 60€ und dann geh ich das Risiko ein, dass es vielleicht gestreckt ist.“ Ich frag ihn, wie er sich bei der Qualität so sicher sein kann. Er scrollt nach unten und zeigt mir was ultra-skurilles. Rezessionen von Kunden. Wie auf Amazon. Die Leute bewerten sachlich nüchtern, wie sie das LSD fanden.
Wie der Kauf im Darknet abläuft
Ich frage H. wie er die Drogen denn bekommt. Bekommt er diese Klischeehaften-Päckchen wie man sie aus Filmen über kolumbianische Drogenbarone kennt? Nein.
„Die Absender geben sich da immer sehr viel Mühe. Ich bekomme entweder Geburtstagskarten zugeschickt oder Werbezeitschriften von Fahrrad-Händlern. Darin befinden sich dann auch immer wieder ein paar „Werbegeschenke“, wenn du verstehst.“ Ich verstehe. Aber wie kommt die „Werbung“ zu ihm?
„Der Postler bringt mir das MDMA. Shoutout an die Post.“, sagt er mir als ob es das normalste der Welt wäre. „Das Schlimmste was passieren kann, ist, dass der Zoll die Zusendung abfängt. Ich gebe nämlich immer Adressen von leerstehenden Häusern an, wo ich dann auf den Postboten warte. Bislang sind die Lieferungen aber immer angekommen.“
Was gibt es überhaupt im Darknet?
Ich will jetzt aber auch wissen, was das Kränkste ist, das man im Deepweb finden kann. H. sieht mich skeptisch an und fragt nun mich, was ich damit meine. Ich bin unsicher. „Menschenhandel?!“, sage und frage ich zugleich. Er nickt. „Egal was du dir vorstellen kannst, im Deepweb gibt es zehn Mal schlimmere Sachen.“, erklärt er mir. „Gekidnappte Menschen werden verkauft. Und wenn der Preis stimmt, werden ihnen Beine abgehackt, ein Glasauge eingesetzt, und ein Schweineherz eingepflanzt.“
Er sagt mir aber auch, dass wir auf diese Seiten heute nicht kommen werden. „Um auf diesen Seiten zu landen, musst die ein gutes Vertrauen zu den Händlern aufbauen. Das dauert Jahre. Die Leute sind da doch sehr vorsichtig.“ Das Kränkste, was er gehört hatte? „Du kannst angeblich auf Leute wetten, die gegeneinander Russisch Roulette spielen. Habe ich aber noch nicht entdeckt.“
Ich will wissen, wie es mit der für den Menschen wichtigsten Sache ist: Sex. Lachend erklärt H. mir, dass die Grenzen unendlich sind. Vergewaltigungsvideos mit anschließendem Mord, Necrophilia und Kinderpornos. Er merkt aber auch an, dass wohl 80% dieser Seiten Privatpersonen sind, die kranke Menschen ausforschen wollen und diese dann erpressen oder psychisch zerstören wollen.
Ich würde zwar noch mehr sehen wollen, merke aber auch, dass H. mir nicht unbedingt mehr zeigen möchte. Ich bin nicht im Vertrauenskreis und anscheinend geht man hier wirklich vorsichtig mit dem Präsentieren der dunklen Seite um.
Er zeigt mir noch ein paar nette Sachen im Deepweb-Ebay, wie gestohlene Kreditkarten, gehakte Konten oder entwendete Pässe aus verschiedensten Ländern.
Ich bin fasziniert von dieser Welt, die ich bislang nicht kannte und die ich wahrscheinlich auch nie genau kennenlernen werde. Und wahrscheinlich ist das auch gut so. Sicher ist, dass das Deepweb nicht zerstört werden kann. Wird eine Seite vom Netz genommen, dann kommen zehn neue wieder nach. „Der Staat ist dumm, weil er Drogen nicht legalisiert. Menschen werden immer Drogen nehmen, egal ob legal oder illegal. So könnten sie dann wenigstens Geld daraus schlagen“, meint H.
Ich bleibe wohl bei meinen ehrlich bezahlten Fahrscheinen, obwohl – gibt es da vielleicht auch Alternativen im Deepweb?
Titelbild Credits: David Slomo
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