Radikal-Talker Kurt Krömer hat „Tiefpunkt“-König HC Strache in seine Show geladen und zieht ihn dort erbarmungslos durch den Kakao. Oder wie Krömer vermutlich sagen würde, durch „braune Nazi Kacke“. Zum Erstaunen lässt sich der österreichische Fail-Politker jedoch nicht provozieren und wird auch niemals emotional. Die Palette an Vorwürfen wird realitätsfern relativiert. Eine extrem unterhaltsame Episode. Aber leider auch trauriges Sittenbild unserer Zeit.
„Hans Strache“ und die „braune Nazi Kacke“ – Politik-Comedy vom Feinsten
Man kann sagen, was man will, aber was Kurt Krömer in seiner Show liefert ist eine komödiantische Unterhaltung und Polit-Satire der Sonderklasse. Wahrlich im Sekundentakt bekommt der ehemalige Vizekanzler Österreichs, HC Strache eine verbale Ohrfeige nach der anderen, sodass die Wangen nur so glühen und dieser seine Zähne spucken müsste wie der geprügelte Sidekick in einem Bud Spencer und Terrence Hill-Film.
Gekonnt entführt Krömer die Zusehenden in die Biografie und Karriere Straches. Daraus filtert der Comedian für uns die Rosinen der Strache-Fails heraus und serviert sie auf einem Silbertablett. Bezüglich der politischen Karriere des Ibiza-Königs Heinzi, unterstellt Krömer sogar, dieser habe sich unter Jörg Haider „hochgebumst“. Wobei der ehemalige Ösi-Politiker auch mit Haiders brauner Vergangenheit konfrontiert wird. Krömer nennt Strache sogar mehrmals „Nazi“ und ortet in Straches Duktus eine „braune Nazi Kacke“.
Hans Strache und die coole Selbstverständlichkeit
„Hans Strache“, wie Heinz Christian Strache in der Show auch genannt wird, bleibt angesichts der illuster präsentierten Palette an Vorwürfen jedoch erstaunlich gelassen, man könnte sogar sagen cool. Er lässt sich an keiner Stelle provozieren. Leugnet Verfehlungen. Redet seine Fehler klein. Bleibt über all der Kritik an ihm erhaben und hält sogar noch das Bild Jörg Haiders hoch, der seiner Meinung nach natürlich „kein Fascho“ war.
Leider muss man das der Ehrlichkeit halber zugeben: Auch wenn Krömer (was die Gags betrifft) Strache durch den Ring scheucht wie Floyd Mayweather Jr. einen einbeinigen auf Krücken, so schafft er es dennoch nicht, dass Strache einknickt. Der ehemalige Ösi-Vizekanzler lässt sich einfach nicht zu Fall bringen, bricht unter Krömers Dauerbeschuss niemals ein. Auch wenn Krömer eindeutig nach Punkten gewinnt und Strache nie wirklich Konter geben kann, kommt es dennoch niemals zum K.O.
HC Strache und die Kritikresistenz des rechten Lagers
Strache bleibt konsequent uneinsichtig und lässt sich vom „rechten Weg“ nicht abbringen. Er vermittelt das Bild eines Menschen, der sich an keiner Stelle zu seinen Fehlern bekennt. Auch wenn er zugibt nicht fehlerfrei zu sein, sieht HC in seiner brauen Biografie keinen einzigen Fehltritt. Auch jeden seiner homophoben, rassistischen, antisemitischen Sprüche relativiert er und zeigt sich radikal uneinsichtig. Das alles ist gekoppelt an den permanent scheiternden Versuch, selbst witzig sein zu wollen. Alles mehr als peinlich und mit durchaus hohem Potenzial zum Fremdschämen.
Ibiza? „Das Ding ist durch“, so das Fazit, wobei Stache im skandalösen Ibiza-Video sogar seine „nicht Käuflichkeit“ bestätigt sieht. Diesen Wahnsinn muss man sich einmal vorstellen. Doch genau das führt uns zum nächsten Punkt.
Die Nichtüberwindbarkeit der ideologischen Sackgasse
Dieser Schlagabtausch – wobei der eine (Krömer) durchgehend schlägt und Strache sich permanent rechtfertigt und verteidigt – bestätigt leider erneut die Gewissheit, dass Menschen mit verschiedenen Weltsichten, mittlerweile einfach keinen grünen Zweig mehr finden können. Ein Phänomen unseres Zeitgeistes?
Beim Ansehen des Interviews wird klar, dass Menschen, die der rechten Ideologie verfallen, (welcher Ideologie auch immer!) einfach nicht mehr dort herausfinden können. Strache ist dabei das beste Beispiel. An keinem Punkt zeigt er sich einsichtig. Somit ist es Gewissheit: Wenn dieser Kerl wieder politisch an irgendein Ruder kommen sollte, dann wird sich rein gar nichts ändern. Die „braune Nazi Kacke“ würde einfach munter weiter fließen. Nonstop.
Was das angeht, ist dieses Interview das perfekte Sinnbild für die FPÖ an sich. Denn egal wie viele dieser sogenannten braunen „Einzelfälle“ (von denen Strache vermutlich auch einer ist) man der FPÖ auch immer nachweisen kann – der Standard hat diese Einzelfälle aufgelistet und kommt bis zum April 2019 auf knapp 70 dieser sogenannten „Einzelfälle“ – es wird sich niemals etwas ändern.
Und neben dieser Erkenntnis bleibt am Ende des Kammer-Intermezzos immer noch eine Frage ungeklärt. Und das ist die Frage, was sich Stache wirklich von diesem Auftritt erhofft hat.
Titelbild © Screenshot Bild: rbb/Carolin Ubl
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