Beziehungen sind abseits von Hollywood und Idealvorstellung immer auch Arbeit. Das zu verstehen, ist wohl der erste Grundsatz, um eine langfristig glückliche Beziehung führen zu können. Wenn erstmal die rosarote Brille fällt und sich der Nebel des frisch verliebt Seins lichtet, beginnt die Beziehungsarbeit. Wer das missachtet, könnte schnell einem Seitensprung der Partnerin oder des Partners zum Opfer fallen. Gemeinsam mit zwei anderen Forscher:innen hat der Psychologe und weltbekannte Beziehungs-Experte John Gottman nun die Entwicklung zum Fremdgehen und zur Untreue in 7 Schritten definiert – wohlgemerkt macht er dies für Ehen, doch kann es sehr wohl auch auf unverheiratete Beziehung angewandt werden. Mit der „Gottman-Rusbult-Glas-Kaskade“ klärt er für den Großteil der Seitensprünge und Affären die Gründe. Warum geht also jemand fremd?
Affären und Seitensprünge sind Gift für eine Beziehung. Nicht selten bedeuten sie das Ende derselben und lassen einen der Partner gekränkt und verletzt zurück. In vielen Fällen liegt die Verantwortung aber bei beiden Parts einer Beziehung. Das zeigt die „Gottman-Rusbult-Glas-Kaskade“, die jedoch einige Ausnahmen außer Acht lässt. Gründe für einen Seitensprung gibt es viele, doch folgt Untreue meist einem bestimmten Schema.
Die Ausnahmen der „Gottman-Rusbult-Glas-Kaskade“: Wenn Untreue und Seitensprünge sowieso vorprogrammiert sind
Es gibt Beziehungen und Ehen, in denen Zärtlichkeit und Sex aufgrund von körperlichen Einschränkungen nicht möglich sind. Wie auch immer die Beziehungspartner ihre Verbindung konkret definieren, diese Situation kann man nicht mit dem von John Gottman definierten Ablauf erklären.
Des Weiteren sind Fälle ausgenommen, in welchen der betrügende Part einer Beziehung tiefgreifende Persönlichkeitsprobleme hat und Empathie fehlt. Hier bringt die Suche nach den Gründen für einen Seitensprung recht wenig. Denn solche Personen gehen grundlos mit mehreren Affären fremd oder haben gar eine zweite Beziehung nebenher. Zumeist handelt es sich hierbei um Menschen, die unter Narzissmus, einer unreifen Persönlichkeitsstörung oder unter Borderline-Störung leiden. In diesen Fällen sind Seitensprünge häufig vorsätzlich oder Teil des Störungsbildes. Auch drogen- und sexsüchtige Personen sind von den hier beschriebenen Abläufen ausgenommen.
Die 7 Schritte zur Untreue: Warum passiert ein Seitensprung?
Abgesehen von den vorher genannten Ausnahmen läuft Untreue meist nach dem gleichen Schema ab. In einer funktionalen und glücklichen Beziehung kommt ein Seitensprung nur in den seltensten Fällen vor. Denn beide Partner stellen in diesem Fall die Liebe, Sicherheit und Stabilität vor den Reiz des Neuen – außer natürlich in polyamoren oder offenen Beziehungen, doch dort definiert sich Sex mit anderen nicht als Untreue.
Die „Gottman-Rusbult-Glas-Kaskade“ zeigt, warum es zum Seitensprung kommt. Dabei spielen fehlende Aufmerksamkeit und Wertschätzung als maßgebliche Gründe, sowie ein sich Flüchten in Fantasien die maßgeblichen Rollen am Weg zur Untreue. Bis zum Fremdgehen braucht es nur weniger Bausteine, geleitet von der Unachtsamkeit des betrogenen Parts.
1. Die Ablehnung: Der Grundstein für die Untreue
John Gottman fand bereits in früheren Forschungen heraus, dass in einer Partnerschaft laufend verbale und nonverbale Bitten um Aufmerksamkeit und Unterstützung gestellt werden – diese nennt er „bids“. Kommt es zu keiner Erfüllung dieser Bedürfnisse, empfindet einer der Partner:innen folglich Ablehnung.
Beispiele solch einer Bitte sind der Wunsch, den Tag zu besprechen, oder auch Hilfe bei der Hausarbeit. Im nonverbalen Kontext wäre es eine Bewegung zum Sex, die der andere Teil in der Beziehung mehrfach nicht erwidert.
Sobald diese Ablehnung sich über einen längeren Zeitraum manifestiert, führt dies zu Frustration, Wut oder Trauer. Was Gottman nicht erwähnt, aber offensichtlich ist: Das zieht logischerweise auch einen sinkenden Selbstwert mit sich.
2. Der „negativ absorbierende Zustand“: Schritt Zwei zum Seitensprung
Die um Aufmerksamkeit und Wertschätzung Bittenden gewöhnen sich an den Zustand der Ablehnung – das ist auch eines der Anzeichen einer scheiternden Beziehung. Dabei verbergen sie um des Frieden Willens ihre Gefühle, sind innerlich aber verletzt, traurig, wütend und vor allem nachtragend. Hier trägt der abgelehnte Part einer Beziehung natürlich die Verantwortung, dieses Problem direkt anzusprechen – doch passiert dies in den meisten Fällen nicht, aufgrund des gesunkenen Selbstwerts und der Angst, erneut Ablehnung zu erfahren.
Die Folge: Die Bittenden bemühen sich laufend weniger um Aufmerksamkeit, weil sie damit rechnen, erneut verletzende Ablehnung zu erfahren. Dies gilt als einer der entscheidenden Gründe für einen Seitensprung oder generelle Untreue.
3. Das Problem des Vergleichs: Die Untreue beginnt im Kopf
Ablehnung tut weh. Der Selbstwert sinkt. Die Trauer führt zur Flucht. Hier beginnen sich die Bittenden, in Fantasien zu verlieren. Sie erschaffen in ihren Köpfen einen idealen Partner auf Basis der Wünsche, die sie ihrem realen Partner gegenüber hegen. Ob Fremdgehen im Kopf beginnt, ist damit zumindest größtenteils geklärt.
Das Idealisieren der Partnerin oder des Partners erlebt ein grausames Ende. Denn bis zu diesem Punkt hält die Partnerschaft jedem Vergleich stand. Ab hier aber sieht der abgelehnte Part sein Gegenüber nicht mehr als besser an – die Fantasien sind der manifestierte Beweis dafür.
Dazu gesellt sich, dass sich Betroffene nun auch nicht mehr für die Beziehung engagieren. Es ist einfacher, sich für etwas vermeintlich Besserer einzusetzen, als an dem Schlechten festzuhalten. Nun ist die Hälfte der Antwort erreicht, wie und warum es zum Seitensprung kommt.
4. Die Erosion des Vertrauens: Warum unerfüllte Bedürfnisse Grund für das Fremdgehen sind
Vertrauen und Kommunikation sind die Basis einer funktionierenden Beziehung. Dies zu erhalten, bedeutet laufend Arbeit. Wenn es aber so weit gekommen ist, dass sich eine der Personen in einer Partnerschaft nicht wertgeschätzt, gehört und geliebt fühlt, bröckelt das Vertrauen und die gesunde Kommunikation fällt aus. Wer nach einem der Gründe für einen Seitensprung sucht, findet sie zumeist in dieser Entwicklung.
Ob nun die Sorge, der ablehnende Part könnte sich bereits entliebt oder eine Affäre haben, oder der legitime Gedanke, dass sich die Partnerin oder der Partner nicht mehr um die Erfüllung der Bedürfnisse kümmert – beides führt zu einer zunehmenden Distanz. Zugleich minimiert der abgelehnte Partner die positiven Eigenschaften des Gegenübers und verweilt bei den negativen.
5. Den Partner in den Müll werfen: Die Negativspirale der Gründe für einen Seitensprung dreht sich weiter
Was bereits zuvor im Kopf passierte, spielt sich nun auch im Außen ab. Betroffene verlieren kein positives Wort mehr über den ignorierenden Part. Der um Anerkennung und Liebe bittende Part beginnt, über den anderen die ganze Zeit negativ zu sprechen – ob zu sich selbst und im schlimmsten Fall auch mit Familie und Freunden.
Was Gottman nicht dezidiert nennt: Der bald betrügende Part errichtet bereits ein Umfeld, das der aktuellen Partnerin oder dem aktuellen Partner nicht wohlgesinnt ist. Im Falle des Auffliegens hat man vermeintlich legitime Gründe für einen Seitensprung.
6. Die „verunglimpfende Beziehung“: Zuerst abgelehnt, jetzt ablehnend, und das Resultat der Gründe für einen Seitensprung
Bis zum Fremdgehen ist ab hier nicht mehr weit. Ab diesem Punkt bleiben fast nur noch Trennung oder Untreue als realistische Optionen. Der bald betrügende Part hört ab diesem Punkt auf, sich auf die Partnerin oder den Partner zu verlassen. Und so kehren sich die angehenden Betrüger:innen langsam aber sicher neuen Optionen zu, um die eigenen Bedürfnisse zu erfüllen.
Die Idealisierung einer besseren Beziehung hat sich festgesetzt und die bestehende Beziehung wird verunglimpft. Das Denken richtet sich voll und ganz gegen die Beziehung. Die abgelehnte Person legt die Beziehung in ihrem Kopf nieder und sucht nach alternativen Wegen, die Bedürfnisse nach Nähe, Sex und Zuneigung zu befriedigen.
7. Die Grenze wird überschritten: Alle Gründe erfüllt und der finale Schritt zum Seitensprung
Die Beziehung ist abgeschrieben. Ab hier gibt es kein Zurück. Um die Bedürfnisse zu befriedigen, begibt sich der abgelehnte Part bewusst oder unbewusst auf die Suche nach anderen Menschen. Davon nehmen Außenstehende natürlich Notiz und in vulnerablen Momenten kommt es zum Überschreiten der Grenze – der Seitensprung ist passiert. Im schlimmsten Fall kommt es danach nicht zur Trennung, sondern zu einer langanhaltenden Affäre.
Sobald all die verschiedenen Gründe für einen Seitensprung erfüllt sind, beginnt in Wirklichkeit für beide Teile der Partnerschaft ein Kampf. Umso wichtiger ist es, zu wissen, warum es zum Fremdgehen kommt. Nicht selten schmälern Betrogene ihren Anteil an der Untreue – natürlich sollte das nie eine Entschuldigung für Fremdgehen herangezogen werden! Die Verantwortung liegt letztlich immer noch beim betrügenden Part. Denn man sollte offener Kommunikation oder im schlimmsten Fall einer Trennung immer den Vorzug vor einem Seitensprung geben. Warum? Weil einer der obersten Grundsätze in einer Beziehung die Ehrlichkeit sein sollte.
Wie verhindere ich einen Seitensprung
Anhand des Wissens über den Ablauf kannst du – zumindest in den meisten Fällen – ein Fremdgehen verhindern. Die zu Beginn genannten Ausnahmen machen jedoch einen absoluten Schutz vor dem Seitensprung unmöglich. In einer gesunden Beziehung aber zeigen sich deutliche Warnzeichen, auf die du achten kannst. Wichtig sind vor allem drei Dinge: Wertschätzung, Kommunikation und Aufmerksamkeit. Solange du diese beachtest, trägst du keine Schuld am Seitensprung.
Außerdem gibt es Anzeichen für Untreue, solltest du dir doch einmal unsicher sein. Ein einzelner Seitensprung kommt meist eher durch einen Zufall zum Vorschein, doch mit ein wenig Menschenkenntnis und Fingerspitzengefühl merkst du auch das.
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