TikTok – Eine App, die von vielen geliebt und von mindestens genauso vielen Menschen tagtäglich kritisiert wird. Bekannt wurde die Social Media- Plattform vor allem für ihre kurzen choreografischen Tanzvideos. Kaum eine Plattform polarisiert so wie TikTok. Ich selbst würde mich eher zu einer der kritischen Stimmen in Bezug auf diese App zählen. Dennoch gibt es auch hier durchaus Creator, die gute und vor allem wertvolle Arbeit leisten. Wir wollen heute den Fokus auf TikTok und den kulturellen Mehrwert, den die App mitbringen kann, legen.
Wie TikTok Diversity und Akzeptant promotet
Das Schöne an diesem Aspekt einer eigentlich sehr problematischen App ist der Fakt, dass eine allgemeine Solidität und Wertschätzung zwischen verschiedenen Kulturen herrscht. Auch wenn die kulturellen Unterschiede in den Videos durch die unterschiedliche Kleidung und die Eigenarten der Kulturen gezeigt und hervorgehoben werden, bleibt der Spirit all dieser Videos gleich: Stolz , bunt und wunderschön.
„How old were you when you realized you weren`t ugly you just lived in a predominantly White space?“ (Anm d Red: „Wie alt warst du als du gemerkt hast, dass du nicht hässlich bist, sondern in einem weiß dominierten Umfeld groß geworden bist?“) – Eine Frage, die viele BIOPC Creator auf Tik Tok ins Zentrum ihrer Videos rücken.
Tik Tok als App an sich zu verfluchen und zu kritisieren, macht nicht viel Sinn. Denn TikTok ist nichts weiter als ein Portal – ein Sprachrohr, wenn man so will. Die Creator sind für den Content zuständig und viele machen vieles falsch – seien es nun die Elevator Boys, jene der „Super Straight-Bewegung“ oder auch die Fehltritte in Richtung Holocaust. Aber das ist heute nicht das Thema. Wir wollen uns ein paar TikToker:innen ansehen, die einiges richtig machen und ihre Plattform nutzen, um diese Welt etwas bunter und toleranter zu gestalten.
1. Lionfieldmusic: Die Hüter des italienischen Kulturerbes
Das Duo Lionfield besteht aus Emiliano Santoro und Matteo Salvatori. Nach ihrem Musikstudium auf dem Berkley College entschieden sie sich, ihrer Kreativität freien Lauf zu lassen und sich auszuprobieren. Und so entstand neben ihrer Musik ein Tik Tok Kanal, auf dem sie das machen, was sie am besten können: Italiener sein und anderen Menschen Italiens Kultur und ihre Eigenarten näher zubringen.
Warum man in Italien keinen Cappuccino nach 12 Uhr mittags bestellt. Wieso man in einem italienischen Lokal nie nach einem Latte fragen sollte. Und wie man italienische Wörter wie Bruscetta richtig ausspricht. All das lernt ihr bei Lionfield auf dem Kanal. Lionfields Account bringt Italienfans aus aller Welt zusammen, die durch die Videos Facts und Eigenarten über die italienische Kultur erfahren und so etwas ihr Fernweh stillen.
Doch auch andere Tik Toker sind vor ihnen nicht sicher: Die Videos, die am meisten viral gingen, waren vor allem Reaktionen auf TikToks, in denen andere Creator italienische Schwerverbrechen begehen, indem sie zum Beispiel Pasta mit Ketchup zubereiten. Für Italiener ist das so etwas wie eine Todessünde.
@lionfieldmusic We’re gonna make him an offer he can’t refuse @Whathowhy2 #lionfieldmusic #comedy #pizza #italian
2. Madelineraeaway: Kein Zucker und kein Tanzen in Schweden
Madeline ging vor einiger Zeit viral auf TikTok, nachdem sie von Kanada nach Schweden gezogen war und ihre Plattform auf der App nutzte, um den Kulturschock, den sie tagtäglich erlebte, zu verarbeiten.
Skurrile Fakten, die die Tiktokerin erfuhr, als sie nach Schweden zog, waren zum Beispiel: Viele Schweden essen Süßigkeiten nur samstags. Das ist auf eine Tradition aus den 1940er zurückzuführen, als in Schweden eine Studien aufzeigte, dass es einen Zusammenhand zwischen regelmäßigen Zuckerkonsum und Zahnverfall gibt. Wenig später war „lördagsgodis“ geboren. Übersetzt heißt das so viel wie „Samstags Süßigkeit“.
Doch Schwedens Legislative hat nicht nur ein Problem mit dem Zuckerkonsum – nein, auch das Tanzen in Schwedens Bars ist im Gesetzbuch verankert: Madeline berichtet von einem noch immer bestehenden Gesetz in Schweden, welches schwedische Bars verpflichtet, eine Erlaubnis einholen zu müssen, damit ihre Besucher das Tanzbein schwingen dürfen.
@madelineraeaway Answer @subanimoktan This viral video hit almost 10M and got me featured in Buzzfeed, The Guardian, Bored Panda, and so many others 🥺😅 who remembers it? #cultureshock
3. Lynae Bogues: Erzählt auf TikTok was man euch in der Schule verschwiegen hat
„Damals als 5000 Schwarze Kinder in Birmingham ins Gefängnis gesteckt wurden“ – heißt es in ihrem Tik Tok Video, das viral ging. Ihre Frustration darüber, dass dieser Fakt in den Geschichtsbüchern und von Lehren verschwiegen und übersehen wird, ist deutlich spürbar. Man könnte hier auch von Whitewashing sprechen.
Lynae fährt fort und übernimmt die Rolle der Lehrerin. Sie erklärt, dass damals tausende junge dunkelhäutige Kinder nach Alabama City einmarschiert sind und auf Polizeihunde und Pferde trafen.
Bogues selbst will ihre Reichweite nützen und die wichtigen Geschehnisse, die die Geschichtsbücher auslassen, verbreiten. Es ist eine Mischung aus Frust, Trauern und Enttäuschung darüber, dass so wichtige Geschehnisse komplett ignoriert werden.
@_lyneezy #duet with @erikaetimmons since I know a lot of these requests came from my video wanted to boost this woman telling her father’s story! #blm
4. Jennymartinezzz: Mexikanische Küche
Jenny Martinez, eine 47- jährige TikTokerin aus L.A., generierte 2 Millionen Follower auf der App, indem sie einfach mexikanische Rezepte und Gerichte zubereitete und sich dabei aufnahm.
Bei den Rezepten handelte sich um traditionelle Familiengerichte, die ihre Eltern an sie weitergegeben hatten. Vor der Pandemie hatte Jenny mit TikTok nichts am Hut. Ihre Kinder brachten ihr bei, wie die App funktioniert. Ihr Kanal ist für sie eine gute Möglichkeit ihre Familientradition am Leben zu erhalten und weiterzugeben.
Jenny sieht ihren TikTok Erfolg als Bestätigung dafür, dass viele Menschen die App nutzen, um etwas Neues zu lernen. Viele ihrer Follower kochen ihre Rezepte nach oder fragen sie nach Einkaufslisten, um die Produkte nachzukaufen.
Sie ist der Meinung, dass die Menschen den Wunsch haben, ihren Horizont zu erweitern und über andere Kulturen zu lernen, doch das Problem läge bei der App und ihrem Algorithmus. An einem Tag werden Usern Videos über die mexikanische Küche vorgeschlagen und am nächsten Tag ist plötzlich ein ganz anderes Thema Programm.
Die App bietet ihren Usern tagtäglich viel Abwechslung, doch die Beständigkeit, welche ausschlaggebend ist, damit neue Interessen und Wissen vertieft werden können, fehlt.
„Being able to see so many peoples cultures readily in a normalized context – is so different and it`s so amzing.“ , erzählte Jenny der „Los Angeles Times“.
@jennymartinezzz Carnitas y Chicharrones #fyp #parati #momsoftiktok
5. itsqcp – Ein italienisches Model zeigt uns wie man ganz einfach italienische Gerichte zubereitet
Ein Model in der Küche – ein Traum vieler Menschen. Itsgcp macht ihn wahr. Denn auf diesem Account lernt man nicht nur, wie man bestimmte italienische Gerichte und Wörter ausspricht, sondern auch, wie man verschiedene italienische Gerichte ganz einfach zuhause nachkochen kann. Die Videos sind energiegeladen und etwas – ähm – crazy, aber die Gerichte sind simpel gehalten, einfach nachzukochen und unglaublich lecker. Neben gefühlt 50 verschiedenen Pasta-Variationen findet man hier außerdem Tiramisu-, Biscotti- und Cannoli- Rezepte.
@itsqcp Margherita Pizza
7. Die #FashionEdit Challenge – Mode als Kulturgut
Challenges spielen auf Tiktok eine zentrale Rolle. Egal ob sich Tiktoker dabei filmen, wie sie sich die Zähne mit einer Nagelpfeile abfeilen oder sich Erektionscreme auf die Lippen schmieren, um vollere Lippen zu bekommen. Jeden Tag gibt es gefühlt 20 neue Challenges, die auf der App viral gehen. Die meisten von ihnen sind nicht nur dumm, sondern auch gefährlich.
Dennoch findet in diesem ganzen Wahnsinn auch ab und zu eine Challenge mit Sinn und Message. Wie zum Beispiel die FashionEdit- Challenge, bei der Tiktok Creator zu einem Mashup von „Caroline“ und „I just did a bad thing“ von Bill Wurtz lip syncen und ihr westlich geprägtes Alltagsoutfit gegen Kleidung, die ihr Kultur repräsentiert, tauschen.
@milan.mathew Haven’t seen a brown girl version to this so… #fyp #Prince4Ever #desi #indian #browngirl #viral
Am „Indigenous People“ – Day ging das Video von Tiktoker James Jones viral. In dem Video sieht man Jones in traditionellen Kleidern, wie er einen traditionellen tribal Tanz aufführt.
@notoriouscree Answer @im_siowei 27 million 🤯 #nativefamily #fyp #indigenous #fypシ
TikTok – Ersatz für die mündliche Weitergabe der eigenen Kultur
Erzählungen und Storytelling haben immer schon eine wichtige Rolle gespielt für indigene Völker. Die Sprache ist ein Instrument um Wissen an neue Generationen weiterzugeben. Weiters sind Kultur und Sprache eng miteinander verbunden. Native Creators bringen mit ihren Videos anderen Menschen ihre Kultur näher. Dies kann man sogar als einen Akt der Dekolonialisierung ansehen. Mit dem Wissen, das auf Tiktok verbreitet wird, und mit jedem Video, das geklickt wird und viral geht – machen indigene Völker auf sich aufmerksam.
Trotz des Fakts, dass unsere Welt sich immer stärker vernetzt, sind indigene Communities noch immer stark unterrepräsentiert – online und in den Medien. TikTok bietet genau diesen „unsichtbaren“ Gruppen die Möglichkeit, sich selbst und ihre Kultur sichtbar zu machen und ihr Kulturerbe weiterzugeben.
Titelbild © Shutterstock
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