Die Atomkatastrophe von Tschernobyl am 26. April 1986 hat nicht nur die Menschen in ihrer Reichweite beeinflusst, sondern auch die gesamte Natur. Die Zone wird nie wieder so sein, wie zuvor. In den Schatten der verstrahlten Wälder und verlassenen Gebäude werden die Geschichten von Leben und Verlust weiterhin erzählt, während die Tiere in der Umgebung ihr stilles Zeugnis ablegen. Ein Erbe, das uns daran erinnert, wie zerbrechlich die Welt ist und wie wichtig es ist, sie zu schützen. Seit der Katastrophe gibt es ebenfalls zahlreiche streunende Hunde rund um Tschernobyl. Neue Untersuchungen zeigen inzwischen, dass das Genmaterial der Tschernobyl-Hunde sich von anderen Hunden unterscheidet.
Tschernobyl Katastrophe
Die Sonne tauchte langsam hinter den baumbestandenen Horizont und färbte die Landschaft von Tschernobyl in ein sanftes Abendlicht. Es war der 26. April 1986, ein Tag wie jeder andere für die Angestellten des Kernkraftwerks. Doch nichts konnte sie auf das Unheil vorbereiten, das sich im Innern des Reaktors abzeichnete.
Im Kontrollraum fühlte sich Anatoli wie in einem Kokon der Sicherheit. Er beobachtete die blinkenden Lichter auf den Konsolen und das sanfte Summen der Maschinen, während ein routinemäßiger Belastungstest am Reaktor durchgeführt wurde. Sein Blick änderte sich aber schlagartig, als seine Augen über eine Kontrollanzeige schweiften. Denn etwas im Reaktor schien furchtbar schief zu laufen.
Plötzlich durchzuckte ein entsetzlicher Knall die Luft, gefolgt von einem grellen Lichtblitz. Anatoli und seine Kollegen wurden von einer unsichtbaren Welle erfasst, die ihre Welt in Chaos und Panik stürzte. Ein mächtiger Strahlenpilz erhob sich in den Himmel, als würde er den Frieden und die Hoffnung mit jedem Atemzug der Verstrahlung ersticken. Während die Welt von Tschernobyl in Trümmern lag, konnte die Natur die unaufhaltsame Kraft der atomaren Strahlung nicht leugnen. Die Zone wurde von einem unsichtbaren Schleier erfasst, der das Leben für immer veränderte.
Und dann waren da die Hunde. Einst die besten Freunde des Menschen waren sie jetzt nur noch überlebende. Durch die Evakuierung ihrer Besitzer*inen in den darauffolgenden Tagen waren sie allein gelassen und gezwungen, sich in der radioaktiven Zone zurechtzufinden. Sie wurden zu stillen Zeugen der menschlichen Tragödie und des endlosen Leidens, das die Katastrophe mit sich brachte.
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Heute, Jahrzehnte nach der schrecklichen Katastrophe, streifen immer noch zahlreiche Hunde durch die verlassenen Straßen von Tschernobyl. Sie sind zu Symbolen einer zerstörten Welt geworden, ihrer treuen Anwesenheit zum Trotz. Ihre Lebensgeschichten erzählen von Verlust, Stärke und dem unerschütterlichen Willen, zu überleben.
Projekt „Dogs of Chernobyl“
In den frühen Stunden des 26. April explodierte der Reaktor im Kernkraftwerk Tschernobyl in der ehemaligen Sowjetunion. Tschernobyl, Pripyat und die umliegenden Gemeinden waren gezwungen, innerhalb von 30 Stunden nach der Katastrophe über 120.000 Menschen zu evakuieren. Inmitten der Panik wurden Tausende Hunde und andere Haustiere zurückgelassen. Die Tschernobyl-Sperrzone beherbergt immer noch knapp 1.000 streunende Hunde, die von den zurückgelassenen Haustieren abstammen.
Ein Projekt namens „Dogs of Chernobyl“ schickt Teams von geschulten Tierärzten in die 30 Kilometer große Sperrzone, um diese streunenden Hunde zu kastrieren, zu sterilisieren, zu impfen und medizinisch zu versorgen. Das Programm wird von der in den USA ansässigen gemeinnützigen Organisation Clean Futures Fund (CFF) geleitet.
Die Tiere werden mit Chips und speziellen Strahlenüberwachungshalsbändern ausgestattet. Dadurch hoffen die Forscher*innen in Zusammenarbeit mit den örtlichen Behörden, die radioaktive Belastung in der Gegend besser verstehen zu können.
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Für uns handelt es sich hierbei um eine Frage der Arbeitssicherheit und des Tourismus. Der Tourismus in der Zone nimmt rasant zu. Die Tiere sind Krankheiten wie Tollwut ausgesetzt, und da die Menschen mit diesen Tieren interagieren, möchten wir sicherstellen, dass keine Risiken bestehen.“ sagte Lucas Hixson, Mitbegründer von CFF in einem Interview mit zu der Wissenschaftsplattform IFScience.
Über 250 streunende Hunde in Tschernobyl
CFF schätzt, dass sich über 250 streunende Hunde direkt um das Kernkraftwerk herum aufhalten, mindestens 225 Hunde streunen durch die leeren Straßen der ehemaligen sowjetischen Stadt und Hunderte weitere Leben auf dem umliegenden Land. Viele dieser Hunde leiden unter Mangelernährung und sind ernsthaft durch Krankheiten gefährdet, insbesondere durch Tollwut. Laut CFF gibt es auch keine Hunde, die älter als sechs bis acht Jahre sind, was darauf hinweist, dass das Leben da draußen ziemlich hart ist.
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Obwohl sie kurz nach der Katastrophe verlassen wurde, wird die Sperrzone immer noch von Tausenden Wissenschaftler*innen, Sicherheitspersonal, Arbeiter*innen und Touristen besucht. Es wird vermutet, dass die Hunde die verlassene Umgebung nur aufgrund der Nahrung und der Pflege überlebt haben, die ihnen von den Menschen vor Ort gegeben wird.
Genetische Auffälligkeiten
In Forschungen wurden Hunderte der herumstreunenden Hunde untersucht, die in den Ruinen des Kernkraftwerks Tschernobyl umherlaufen. Dabei konnte man feststellen, dass sie sich durch die Strahlung genetisch von anderen Hunden anderswo auf der Welt unterscheiden. Die Hunde haben trotz aller Widrigkeiten eine robuste Population etabliert in der verstrahlten Gegend, die das verfallende Kraftwerk umgibt.
Nun versuchen Wissenschaftler*innen, ein tieferes Verständnis für die ungewöhnlichen Hundepopulationen rund um Tschernobyl zu gewinnen. Was besonders im Angesicht der starken Umweltverschmutzung, der viele von ihnen täglich ausgesetzt sind, überrascht.
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Mithilfe von Blutproben, die zwischen 2017 und 2019 von den streunenden Tieren gesammelt wurden, analysierten sie genetisch 302 Hunde aus Populationen, die sich innerhalb des Kraftwerks selbst sowie 15 bis 45 Kilometer von der Unglücksstelle entfernt befinden. Schon allein durch die Betrachtung der DNA der Hunde war klar, dass sie sich genetisch von Hunden anderswo auf der Welt unterschieden. Die Forscher*innen führten dies auf die ionisierenden Strahlungen, der die Tiere seit Generationen ausgesetzt sind, zurück.
Tschernobyl Population durch ihre genetischen Merkmale zuordenbar
„Ich denke, das Bemerkenswerteste an der Studie ist, dass wir Populationen von Hunden identifizieren konnten, die in und im Schatten des Reaktors leben. Dabei können wir allein anhand ihres DNA-Profils erkennen, wer diese Hunde sind. Die Vorstellung, dass diese Gruppen an Orten wie in der Nähe von abgebrannten Brennstäben leben, ist unglaublich. Es spricht für die Widerstandsfähigkeit von Hunden als Spezies.
Wir konnten auch nachweisen, dass die Hunde, die jetzt in der Sperrzone leben, wahrscheinlich Nachkommen von Haustieren sind, deren Besitzer das Gebiet bei der Explosion verlassen haben. Wir können die Geschichte dieser Haustiere in der DNA der Hunde erkennen, die heute in der Sperrzone leben“, sagte Elaine Ostrander, eine der Autor*innen der Studie und Genetikerin am National Human Genome Research Institute, im Gespräch mit IFLScience.
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Nach den neuesten Schätzungen könnten bis zu 800 halbwilde Hunde in den umliegenden Gebieten um Tschernobyl gelebt haben, einschließlich der stark kontaminierten Bereiche wie der Struktur des neuen sicheren Einschlusses von Tschernobyl. Die Hunde werden als halbwild kategorisiert, da sie gelegentlich mit Menschen in Kontakt kommen.
Arbeiter*innen und Wissenschaftler*innen in der Gegend sind dafür bekannt, die Tiere zu füttern, während Tierärzte gelegentlich die Gegend besuchen, um die Impfungen der Tiere aufzufrischen und bei medizinischen Problemen einzugreifen.
Wie überleben die Tiere die hohe Strahlendosis?
Nachdem Forschungen nun gezeigt haben, dass es möglich ist, die unterschiedlichen Populationen von Tschernobyl-Hunden zuverlässig zuzuordnen. Hoffen die Forscher jetzt erkennen zu können, ob die genetischen Unterschiede sich auf die Gesundheit, das Aussehen und das Verhalten der Tiere auswirken. Dies könnte sogar Einblicke in genetische Mutationen bieten, die den Tieren helfen, angesichts von Strahlung zu überleben.
„Idealerweise möchten wir Varianten finden, die die DNA in den 15 Generationen seit dem Unfall erworben hat und die ein Überleben in der Umgebung mit hoher Strahlenexposition im Vergleich zur Umgebung mit geringer Strahlenexposition ermöglichen“, erklärte Ostrander.
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Dies alles befindet sich noch in einem relativ frühen Stadium, aber die Forscher*innen waren äußerst erfreut aufzeigen zu können, wie detaillierte genetische Analysen selbst bei einer zusammengewürfelten Gruppe von streunenden Hunden durchgeführt werden können.
„Der nächste Schritt dieser Studie wird darin bestehen, uns auf das gesamte Genom und seine Architektur zu konzentrieren. Ich kann aber nicht genug betonen, wie revolutionär das ist. Wir konnten solche Studien bisher nur für Menschen und Labortiere durchführen, wo die Budgets hoch sind. Wir befinden uns jetzt in der Phase, in der diese Technologie auf nahezu jedes System an jedem Ort angewendet werden kann“, fügte Tim Mousseau ebenfalls ein Autor der Studie und Professor für Biowissenschaften an der University of South Carolina, hinzu.
Titelbild © Shutterstock
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