Emissionshandel: Effekt auf den Klimaschutz durch steigende Preise und Spekulationen
Emissionshandel klingt für viele erst mal vertrauenerweckend. Allein die Implikation des Wortes „Handel“ suggeriert bei manchen ein Instrument, dem wir blind vertrauen: der freie Markt! Denn genau das ist Emissionshandel bei näherer Betrachtung. Die Umsetzung von marktwirtschaftlichen Prinzipien, um so wie durch Zauberhand Emissionen einzusparen. So die Theorie. Doch die Statistiken sagen etwas anderes. Obwohl der Emissionshandel schon seit Jahren eingesetzt wird, geht die Kurve des Ausstoßes ständig weiter nach oben. Selbst apokalyptische und düstere Prognosen scheinen uns dabei kaum zu bremsen. Der Emissionsausstoß steigt jährlich immer weiter.
Staaten, Organisationen wie die EU und die internationalen Big Player wie China, Indien und die USA betonen immer wieder, wie wichtig der Emissionshandel für die Reduktion des Ausstoßes umweltschädlicher Stoffen sei. Doch geht es dabei um nichts anderes als die Fortsetzung der freien Marktwirtschaft. Also das Prinzip, das uns das Schlamassel eingebrockt hat, soll es von Zauberhand wieder wegmachen.
Manch eine*r würde jetzt sagen: „Das ist wie den Bock zum Gärtner machen!“. Und grob betrachtet ist es das auch. Denn finanzielle Anreize und die herbei fantasierte Selbstkontrolle des Marktes scheinen hier die Gier nicht zu stoppen. So stellt die Menschheit einen traurigen Rekord nach dem anderen auf. Das einzige, was uns dahin gehend kurzfristig bremsen konnte, war die Pandemie und die Unterbrechung der Produktionsketten.
Wie funktioniert eigentlich Emissionshandel?
Emissionshandel ist ein Begriff, der uns oft begegnet, den wir aber selten genau beschrieben. Dabei geht es darum, am Anfang eine Obergrenze für gewisse Schadstoffe wie CO₂, Schwefeldioxide oder Stickoxide festzulegen. Diese Obergrenze bedeutet eine Anzahl an Emissionspapieren (Zertifikate), welche für die Stoffe in einem Zeitraum von circa einem Jahr verbraucht werden dürfen. Damit sich auch ein Effekt einstellt, wird die Obergrenze der Zertifikate jährlich für den Emissionshandel weiter gesenkt. Dadurch steigt der Preis der übrigen gehandelten Zertifikate weiter an.
Bei CO₂ lag die Anzahl der Zertifikate 2013 bei 2.084 Millionen. Diese Menge sank bis 2020 um jährlich 1,74 %. Ab 2021 sollte diese dann laufend um weitere 2,2 % pro Jahr gesenkt werden. Die Unternehmen sollen nach und nach bei einer immer weiter sinkenden Anzahl an Emissionspapieren ihre Produktionsweise auf umweltschonenderen Varianten umstellen müssen, um keine weiteren Zertifikate mehr zu benötigen.
So die Idee. Diese wird aber von der Realität der Statistiken nach und nach komplett zerstört. Denn bei Nichteinhaltung der eingekauften Emissionszertifikate muss man lediglich eine Strafe zahlen. Bei der Wirtschaftsleistung von manchen globalen Unternehmen handelt es sich dabei um lächerliche Peanuts.
Das Prinzip des finanziellen Anreizes beim Emissionshandel ist komplett verkürzt gedacht. Denn auch wenn die gehandelten Papiere beim Emissionshandel durch Angebot und Nachfrage bei mehr Ausstoß immer teurer werden, geht die Rechnung insgesamt nicht auf. Offensichtlich übersteigen die Einnahmen, welche Unternehmen durch Emissionsausstoß verursachen, die Ausgaben für die Zertifikate um ein Vielfaches.
Vereinfacht gesagt: Man leistet es sich, die Umwelt zu zerstören. Durch diese Produktionsweise steigert man offensichtlich seine Einnahmen. Im Endeffekt siegt Gier über Vernunft und so setzten sich die Regeln des freien Marktes durch, ohne einen Effekt einer Reduktion mit sich zu bringen! Genau dies ist bei den 5 größten Klimasündern zu beobachten – Umweltzerstörung muss man sich leisten können.
Trotz Emissionshandel, Zahlen steigen
Unternehmen haben neben den Strafzahlungen etliche andere Möglichkeiten. Wie zum Beispiel die Auslagerung der Produktionen und den damit einhergehenden Verkauf von Emissionszertifikate an Produzenten, die ihren Ausstoß bei Weitem übersteigen. Wer gekaufte Zertifikate nicht benötigt oder übrig hat, kann diese gerne an andere weiterverkaufen. Und genau das nennt man dann Emissionshandel.
Selbst die Zerstörung der Umwelt wird dadurch in ein lukratives Geschäft verwandelt. Kritiker von Emissionshandel sind der Ansicht, dass dadurch die globale Umweltkatastrophe höchstens ausgelagert anstatt verhindert wird. Als würde es darum gehen, die Schuld jemanden anderem in die Schuhe zu schieben. Dabei macht man in der Gesamtheit genauso weiter wie bisher.
Bei einem globalen Ökosystem ist es im Endeffekt egal, ob die drei größten Produzenten von CO₂-Emissionen – China, die USA und Indien – allein 50 % der Schadstoffe produzieren oder wir alle gemeinsam die 100 % vollmachen. Wir brauchen Resultate in absoluten Zahlen, um den Effekt entgegenzuwirken. Und da greift das Konzept vom Emissionshandel anscheinend nicht weit genug.
Spekulation mit Emissionen
Die steigenden Preise von Emissionszertifikaten rufen – wie soll es auch anders in unserer profitorientierten Welt sein – auch Spekulanten auf den Plan. Das Geschäft mit dem CO₂ ist lukrativ. Mit dem stetig steigenden Preis des Treibhausgases liegt eine verhältnismäßig sicher Wertsteigerung in dieser Anlagenform. Jedoch ist dieser Markt noch sehr anfällig, aufgrund fehlender Transparenz.
Pandemie brachte kurze Verschnaufpause
Bei näherer Betrachtung der stetig steigenden Kurve des Emissionsausstoßes seit der Industrialisierung fällt ein kleiner Knicks auf. Und zwar handelt es sich dabei um das Jahr 2020, dem ersten Pandemiejahr. Das kurzfristige Abweichen vom normalen Produktionstempo inklusive Lockdowns und einer Teilunterbrechung von Lieferketten konnten dazu beitragen, dass sich die Zahlen in diesem Jahr zum ersten Mal nach unten bewegten. Kritiker*innen vom Emissionshandel sahen sich nun in ihren Annahmen bestätigt, dass nur eine Gesamtveränderung der Produktionsweise die Zahlen tatsächlich beeinflussen kann. Ein Hinweis dafür, dass hier nur strenge Kontrollmechanismen eine Veränderung bringen würden. Jedoch zogen weder die Wirtschaft noch die Politik aus dem Szenario nachhaltige Lehren.
Im Gegenteil, die Pandemie wurde kurzerhand dem Markt zuliebe für beendet erklärt. Wir sind so schnell wie möglich zum gewohntem Modus Operandi zurückgekehrt. Die Emissionswerte gingen wieder rasant bergauf. Das heißt, der Planet wird fröhlich weiter zerstört und wir halten auch weiterhin am Emissionshandel als regulierendes Instrument fest. Wird schon werden! In Sachen Selbstzerstörung performen wir wieder auf Vor-Pandemie-Niveau. Hurra, zurück zur Normalität. Wir brechen wieder einen Negativrekord nach dem anderen. So als könnten wir es kaum erwarten, den Planeten als Lebensraum komplett zu verlieren.
Titelbild © Shutterstock
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