Die Coronakrise durchdringt jeden einzelnen unserer Lebensbereiche – manche mehr, manche weniger. So auch das Thema Sexualität und in Folge dessen zwangsläufig auch ungeplante Schwangerschaften. Die UNO schreit auf – die Pandemie und die auferlegten Ausgangsbeschränkungen könnten laut ihren Berechnungen mehr als 7 Millionen nicht geplante Schwangerschaften und weitere massive Auswirkungen für Frauen zur Folge.
7 Millionen ungeplante Corona-Babys?
Eine immens große Zahl – woher kommt die bloß? Ja, es gibt immer wieder besonders schlaue Mitmenschen, die sich der korrekten Handhabe jeglicher Verhütungsmittel trotz optimaler Verfügbarkeit plus Verwendungserklärung derer entweder nicht bewusst sind oder sich gar nicht damit auseinandersetzen möchten und schlussendlich mit einem „Hoppala“ konfrontiert werden.
Die Warnung der UNO rührt aber nicht daher – der Hintergrund ist weitaus tragischer. Durch unterbrochene Lieferketten droht die Gefahr, dass Frauen, vor allem in einkommensschwachen Ländern, schlicht und einfach keinen Zugang mehr zu modernen Verhütungsmitteln haben könnten. Geht man von 6 Monate andauernden Ausgangsbeschränkungen aus, beträfe das mehr als 47 Millionen Frauen in 114 Ländern.
Häusliche Gewalt, Genitalverstümmelungen und Zwangsehen – UNO sagt dramatische Folgen voraus
Doch nicht nur das: auch das Potenzial für häusliche Gewalt ist aktuell um ein Vielfaches gestiegen. Für alle drei Monate des Lockdowns werden 15 Millionen neue Fälle von geschlechtsspezifischer Gewalt erwartet, zu dem Schluss kommt eine Untersuchung der UNFPA, einer Unterorganisation der UNO. Mehr zu dem Thema häusliche Gewalt während Corona und was man dagegen tun kann hat eine unserer Redakteurinnen hier geschrieben.
Generell nimmt in Krisensituationen die Bereitschaft zu Gewalt – vor allem häuslicher – im Vergleich zu normalen Zeiten zu, beziehungsweise fördern solche Ausnahmesituationen dessen Potential. Aufgrund der drastischen Kontaktreduktionen und dem Zuhausebleiben können sich viele Betroffene nicht wehren, geschweige denn auf diskrete Art und Weise, die hierbei oft so wichtig ist, um Hilfe ansuchen. Ein Ausstieg aus einer solchen Situation scheint derzeit so gut wie unmöglich.
Wenig verwunderlich ist, dass die Verhütungsmittelknappheit vor allem in Niedriglohnländern zu erwarten ist. Auch das Thema Genitalverstümmelung wird aller Voraussicht nach darunter leiden – aufgrund der aktuellen Lage liegen viele Projekte, die auf Aufklärung und Verhinderung dieser grausamen Tradition abzielen, auf Eis. In den nächsten zehn Jahren rechnet die UNO infolgedessen mit 2 Millionen Fällen von Genitalverstümmelungen bei Frauen. Und Kinderehen? Auch hier geht die UNO von bis zu 13 Millionen Mädchen aus, die im nächsten Jahrzehnt zwangsverheiratet werden und deren Schicksal man schon vor der Pandemie verhindern hätte können.
Die Coronakrise verstärkt sowieso schon vorhandene geschlechtsspezifische Ungleichheiten und bringt in manchen Fällen einen drastischen Rückschritt in bereits geleistete Gleichberechtigungsarbeit. Glücklicherweise gibt es Organisationen wie die UNFPA (und viele andere), die sich auf die Stärkung der Gesundheitssysteme und der Gewährleistung des Zugangs zu Versorgungsdiensten für sexuelle Gesundheit konzentrieren. Dennoch ist das nicht genug – diese Krise wird noch eine enorme Herausforderung für Frauen weltweit und vor allem in einkommensschwachen Ländern sein.
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