Bei den Querdenker-Demonstrationen kommt es – wie solls auch anders sein – immer wieder zu heftigen Ausrutschern. Während sich die sogenannten WiderstandskämpferInnen laufend gegen die Vorwürfe wehren müssen, Rechtsradikalen eine Bühne zu geben, streben sie selbst nicht selten unpassende Vergleiche mit der NS-Zeit an. So auch Jana aus Kassel. Bei ihrer Rede am Samstag in Hannover hat sie einen wahren Shitstorm ausgelöst.
„Ich bin Jana aus Kassel und ich fühle mich wie Sophie Scholl.“ Da zuckt so ziemlich jeder geschichtsgebildete Mensch zusammen, wenn er solch einen Vergleich hört. Als Teil der weißen Rose und als Widerstandskämpferin gegen den Nationalsozialismus wurde diese vom Regime im Februar 1943 hingerichtet. Sogar der Ordner dieser Demonstration realisiert, wie absurd und geschmacklos dieser Vergleich ist.
Nicht nur Heiko Maas, Bundesminister des Auswertigen in Deutschland, meldet sich kritisch zu Wort. Twitter geht förmlich vor Spott und Hohn für die junge Querdenkerin über. Jedoch stellen sich „patriotische DenkerInnen“ an die Seite von Jana Kassel und verharmlosen solche Aussagen. Kritik ist jedoch angebracht.
Wer sich heute mit Sophie Scholl o Anne Frank vergleicht,verhöhnt den Mut, den es brauchte,Haltung gegen Nazis zu zeigen.
Das verharmlost den Holocaust und zeigt eine unerträgliche Geschichtsvergessenheit.
Nichts verbindet Coronaproteste mit Widerstandskämpfer*Innen.
Nichts!
— Heiko Maas ?? (@HeikoMaas) November 22, 2020
Warum sind diese Vergleiche gefährlich?
Nach einem kurzen emotionalen Zusammenbruch setzt die junge Frau erneut mit den gleichen Worten an. Scheinbar versteht sie nicht, warum ihre Aussage verwerflich ist.
Häufig stellen die QuerdenkerInnen und Corona-Maßnahmen-GegnerInnen Vergleiche mit Diktaturen oder dem NS-Regime her. „All das gab es in der NS-Zeit nicht. Und deshalb ist der Vergleich nicht nur maßlos, er ist eine ganz bewusste Provokation.“, so bringt es der deutsche Historiker in einem NDR-Interview auf den Punkt.
Immerhin sind es nicht nur Vergleiche, die angesetellt werden. Im Demonstrationszug von QuerdenkerInnen tummeln sich jedes Mal zahlreiche AnhängerInnen der rechten Szene – unter ihnen auch immer wieder bekannte Gesichter der Neonazi-Szene.
„Viele Demonstrantinnen wollen die Reichsflaggen im Demo-Zug nicht gesehen haben. Das kann natürlich passieren, wenn man engagiert wegguckt.“, schrieb DIE ZEIT bereits im September. Gefährliche Tendenzen, denn nach und nach rückt so das Gedankengut wieder in die Mitte der Gesellschaft. So etwas gilt es entschlossen zu unterbinden.
Unterstützung für Jana aus Kassel
Aus der rechten Ecke kommt natürlich Unterstützung für Jana aus Kassel. So versucht das Lager der Patrioten ein Gegengewicht zu der Verurteilung dieser Aussage zu stellen. Während von Mobbing und im Extremfall sogar Propaganda gesprochen wird, zeigen „reflektiere“ TwitteruserInnen einfach nur Unverständnis für diese Aussage.
Die QuerdenkerInnen bezeichnen die Veurteilung der Aussagen von Jana aus Kassel als einen weiteren Versuch, Kritik mundtot machen zu wollen. Eh klar – die armen WiderstandskämpferInnen finden ihn ihrem Verschwörungstheorien-Gewirr auch immer einen Deckel auf jeden Topf. Bildung ist wohl das einzige Mittel, mit dem man langfristig diesem erstarken Phänomen entgegentreten kann.
Unter dem Hashtag #janaauskassel könnt ihr auf Twitter die Debatte mitverfolgen.
Unter #janaauskassel zeigt sich der moralische Standard des heutigen Deutschlands:
Eine 22-jährige macht einen depperten Vergleich und öffentlich-rechtliche Journalistinnen, vermeintlich kritische Stimmen und sogar der Außenminister (!) beteiligen sich an widerlichem Mobbing. ? pic.twitter.com/tdCtqPUTkY
— Julian Sch. (@Eschentharrn) November 22, 2020
Titelbild Credits: Screenshot Video / Welt.de
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