Der „Texas Two-Step“: Wie sich Pharmafirma durch Insolvenztrick schamlos bereichert
Die schäbigen Tricks der Pharmaindustrie, mit deren Hilfe sie ihre Gewinne maßlos steigern, kennen wir ja. Krankheiten erfinden, Grenzwerte verschieben oder altbekannte Rezepturen als Neue Medizin verkaufen. We know it all! Zumindest dachten wir das. Doch der Pharmakonzern Johnson&Johnson hat sich etwas Neues einfallen lassen: den „Texas Two-Step“.
Johnson&Johnson: Corona-Hero mit vollen Geldtaschen
Der Pharmariese Johnson&Johnson hat es geschafft, zu den ersten zu gehören, die einen geeigneten Covid-Impfstoff herstellen konnten. Dieser hatte im Vergleich zu den anderen sogar den Vorteil, dass man sich zu Beginn nur einmal impfen hat lassen müssen, anstatt, wie bei den anderen Impfstoffen, zweimal. Folgerichtig konnte das Unternehmen daher astronomische Gewinne erzielen und die Corona-Krise wie Amazon und Co erfolgreich für sich nutzen. Ende 2021 war Johnson&Johnson sagenhafte 430 Milliarden US-Dollar wert.
Zum Vergleich: Das sind 100 Milliarden US-Dollar mehr als noch ein Jahr zuvor. Wie Bernd Hontschik feststellt, konnte der Konzern seinen Umsatz in den ersten drei Quartalen um acht Milliarden US-Dollar erhöhen. Fährt einen Gewinn von sechzehn Milliarden US-Dollar ein und hat Cash-Reserven in Höhe von 25 Milliarden US-Dollar. Ein Unternehmen also, dass sich bester wirtschaftlicher Gesundheit erfreut.
Johnson&Johnson beantragt Insolvenz – WTF!?
Trotz dieses Paradebeispiels an wirtschaftlicher Prosperität meldete das Unternehmen Insolvenz an. WTF!? Wie konnte das passieren?
Hier die Hintergrundstory: Im Jahre 2015 konnten Betroffene nachweisen, dass Johnson&Johnson in vollem Wissen um erhebliche Asbestbeimengungen eines Babypuders, dieses trotzdem und mit voller Absicht mit gezielter Werbung jahrzehntelang für Mütter angepriesen und verkauft hat. Viele dieser Frauen erkrankten und starben an Ovarialkarzinomen.
Schuldiggesprochen wurde der Konzern zunächst einmal dazu verdonnert, vier Milliarden US-Dollar als Entschädigung zu entrichten (Peanuts im Vergleich zum Gewinn, den man erwirtschaften konnte!). Gleichzeitig rollen auf das Unternehmen jedoch noch um die 40.000 weitere Klagen zu. Die Vorwürfe wurden und werden natürlich bestritten, klar. Doch einige Gerichte entschieden schon im Sinne der Kläger:innen. Bis Anfang 2021 musste der Konzern bereits 2,5 Milliarden US-Dollar an Entschädigungen zahlen. Weitere Milliarden können folgen.
Texas Two-Step – Johnson&Johnson mit schäbigem Insolvenz-Trick
Doch so weit wird es vermutlich nicht kommen, denn der Konzern bediente sich eines Tricks, der unter Kenner:innen als „Texas Two-Step“ bekannt ist. Wie funktioniert der: Ein Unternehmen hat Verbindlichkeiten aus unerlaubten Handlungen (z. B. Asbest, Talk, Benzol, Roundup). Blöd, klar. Doch das Unternehmen wandelt sich daraufhin einfach in eine texanische Körperschaft um (die jeweilige Art spielt keine Rolle).
Das neue texanische Unternehmen führt dann eine „spaltende Fusion“ durch. Bei dieser Spaltung wird das ursprüngliche Unternehmen in zwei Unternehmen aufgeteilt. As simple as that! Der Schmäh dabei: Die Vermögenswerte und Verbindlichkeiten (Entschädigungszahlungen, Schulden usw.) können nach Belieben auf die Nachfolgeunternehmen aufgeteilt werden.
Bedeutet, dass eine der Nachfolgegesellschaften („BadCo“) einfach mit den deliktischen Verbindlichkeiten belastet wird. Auf das zweite Unternehmen („GoodCo“) jedoch die Vermögenswerte übertragen werden. Die BadCo meldet schließlich Konkurs an, während das GoodCo weiterhin floriert. Die Opfer finden sich im Insolvenzverfahren dann plötzlich als Gläubiger:innen der BadCo wieder und erhalten gar nichts, da der Insolvenzplan zwangsläufig eine Freistellung aller Forderungen gegen die GoodCo beinhaltet. Ziemlich geschickter Move, Gläubiger:innen zu behindern, zu verzögern oder zu betrügen, wenn es funktioniert, oder?
LTL Management und die Insolvenz
Johnson&Johnson machten genau das, sie zerlegten ihren Konzern in mehr als hundert Einzelgesellschaften, die dann in einem zweiten Schritt wieder vereinigt wurden. Mit der Ausnahme natürlich der einen kleinen Gesellschaft, die sie LTL Management nennt und deren alleiniges Geschäftsfeld das besagte Babypuder ist.
LTL Management und somit auch das tödliche Produkt haben nun mit dem übrigen, florierenden Konzern (Johnson&Johnson) nichts mehr zu tun. LTL Management meldete natürlich Insolvenz an. Johnson&Johnson könnte durch diesen Trick allen weiteren Entschädigungszahlungen entgehen. Ob das so jedoch funktionieren wird können, ist noch nicht entschieden. Es beweist aber wieder einmal, wie schäbig sich Pharmafirmen prinzipiell verhalten.
Titelbild © Shutterstock
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