Heute ist es wieder mal soweit – internationaler Weltfrauentag. Schon wieder. Ist der wirklich nötig? Schließlich leben wir im 21. Jahrhundert, Frauen sind emanzipiert und gleichberechtigt – naja, fast – und wählen dürfen sie auch schon. Und das bisschen Unterschied im Gehalt, was macht das schon? Ich bin überzeugt, dass nicht wenige Menschen so darüber denken. Und das ist einfach falsch. Ja, wir leben im 21. Jahrhundert, aber von einer gerechten Welt in Bezug auf Frauenthemen sind wir noch weit entfernt. Ein paar Beispiele gefällig? Bitte sehr:
Frauen leisten eine Menge unbezahlte Arbeit
Haus-, Pflege und Fürsorgearbeit sind alles Tätigkeiten, die weltweit betrachtet hauptsächlich von Frauen ausgeführt werden, und das zumeist unbezahlt. 12 Milliarden Stunden sind es hochgerechnet jährlich – würde dafür auch bloß der Mindestlohn gezahlt werden, wären das 10,9 Billionen Euro. Das ist mehr als die 50 größten Konzerne weltweit verzeichnen – let that sink in…
Gender Pay Gap
15,2% – um so viel weniger verdienen Frauen in Österreich im Durchschnitt für die gleiche Arbeit als ihre männlichen Kollegen. Das bedeutet umgemünzt, sie arbeiten 56 Tage im Jahr for free. Das sind 8 Wochen, also 2 Monate, und das ist schon ein hartes Stück. Denkt mal drüber nach, was man in 2 Monaten so alles machen könnte..
Die Zahlen sind übrigens keine Schätzungen, sondern basieren auf dem Einkommensbericht der Statistik Austria. Klar, wir könnten es auch schlimmer treffen – wie in Korea zum Beispiel, wo der Gender Pay Gap bei 34,1% liegt. Aber könnten wir es nicht auch besser schaffen – wie in Belgien, mit 3,7%? Oder – ganz verrückter Gedanke – warum nicht gleich auf 0%? Wieso, verdammt noch mal, ist es heutzutage überhaupt noch Thema, dass Menschen mit der gleichen Qualifikation für dieselbe Arbeit
Frauenquoten
Kurzer Fun Fact – oder sollte man eher Sad Fact sagen, denn lustig ist daran eigentlich wenig: In den Vorständen von Österreichs börsennotierten Unternehmen gibt es mehr Männer mit dem Vornamen Andreas als Frauen. No joke, die Statistik stammt aus dem Dezember 2019. Natürlich ist das ein etwas aus dem Kontext gegriffenes Faktum – es spiegelt aber einfach die gesellschaftliche Norm in vielen Bereichen wider.
Credits: Der Standard
Wir gehen rückwärts
Traurig, aber wahr: in einigen Belangen scheint die Gesellschaft sich gewaltig in die rückwärtige Richtung zu bewegen. Viele Rechte, für die hart bis aufs Blut gekämpft wurde, werden jetzt wieder in Frage gestellt. Bestes Beispiel dafür? Abtreibung. Erst seit 45 Jahren ist sie in Österreich straffrei, es gibt aber genug Leute, die die mittelalterlichen Zustände als wieder erstrebenswert erachten.
Die europäische Bürgerinitiative „One of Us“, die unter anderem forderte, dass die EU kein Geld für Verhütung und Schwangerschaftsabbruch in Entwicklungsländern bereitstelle, sammelte für ihr Anliegen 1.897.588 Unterschriften. Das sind knappe zwei Millionen Menschen, die sich gegen das Recht über den eigenen Körper aussprachen. In Ohio besteht eine Gesetzesinitiative, die bei vorsätzlicher Abtreibung eine Haftstrafe von 15 Jahren bis zu lebenslänglich vorsieht. Äh, kurze Frage – geht’s eigentlich noch?!
Noch ist dieses Gesetz nicht in Kraft getreten, aber allein die Möglichkeit, dass ein solches Horrorszenario Realität werden könnte, lässt einem die Haare zu Berge stehen.
It’s still a long way to go
Das Thema ist unglaublich umfassend und es gäbe noch unzählige Aspekte, auf die man eingehen könnte und sollte, um ein fundiertes Bild darüber zu skizzieren. Allerdings würde all dies den Rahmen dieses Beitrages sprengen – es geht einfach darum, aufzuzeigen, dass der Rede- und vor allem Handlungsbedarf bei weitem noch nicht gedeckt ist.
Wir leben in keiner gleichberechtigten Welt, da braucht auch nichts schöngeredet zu werden. Die Frage ist, warum? Woher kommt diese absolut unbegründete und unberechtigte Angst der Herrenwelt vor der Gleichberechtigung? Wieso ist Feminismus so verpönt? Ich verstehe teilweise, wenn radikale Bewegungen und Aktionen zu einer negativen Konnotation des Begriffes führen und nicht von jedermann – oder jederfrau – positiv bewertet werden. Aber Feminismus bedeutet im Grunde genommen, sich für Gleichberechtigung, Menschenwürde und Selbstbestimmung aller Menschen jeglichen Geschlechts und gegen Sexismus einzusetzen – und nicht, Frauen über Männer zu stellen. Sollte das nicht jeder von uns wollen – Gleichberechtigung?
Es gibt zum Glück aber auch positive Entwicklungen. Beispielsweise die finnische Regierung, die von fünf Frauen geführt wird. Oder das schottische Parlament, das zukünftigen Binden und Tampons kostenlos für Frauen zur Verfügung stellt. Oder Island, wo seit Jänner 2018 per Gesetz verboten ist, dass Frauen und Männern für den gleichen Job ungleich bezahlt werden – übrigens weltweit das erste Land, in dem dieser Grundsatz, der eigentlich als selbstverständlich gelten sollte, gesetzlich festgehalten ist. In diesem kleinen, aber so fortschrittlichen Land ist Gleichberechtigung auch Unterrichtsinhalt ab der Volksschule – der richtige Ansatz, um den Problematiken dieses Themas so früh wie möglich entgegenzuwirken. Daran sollten sich weitaus mehr Länder ein Beispiel nehmen.
Beim Weltfrauentag geht es hauptsächlich um die Symbolik und um den Anstoß dazu, inakzeptable Dinge nicht einfach hinzunehmen. Um das Bewusstsein dafür, dass zwar vieles besser ist, als es war – aber noch lange nicht ideal, noch nicht einmal ansatzweise. Dass wir alle dafür verantwortlich sein müssen, eine bessere Welt zu schaffen, und das nicht nur in Geschlechterfragen.
Titelbild Credits: Shutterstock
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