Die Serie Atypical ist nun seit ein paar Jahren auf Netflix verfügbar und hat mit der vierten Staffel ihr Ende gefunden. Worum geht es in der Serie und warum solltet ihr sie gesehen haben: Unsere Warda-Redaktion verrät, was die Serie so besonders macht, nimmt sich die Kritikpunkte vor und erzählt euch, um was und wen es geht.
Atypical: Was bisher geschah …
Um nicht „out of nowhere“ anzufangen, erkläre ich euch kurz und knackig, um was es in der Serie geht. Der Protagonist ist Sam Gardener (Keir Gilchrist), ein 18-jähriger Teenager. Sam lebt mit seiner Familie, dazu gehören seine Mutter, Elsa (Jennifer Jason Leigh), sein Vater, Doug (Michael Rapaport) sowie seine jüngere Schwester, Casey Gardener (Brigette Lundy-Paine), in Connecticut.
Er besucht in den ersten Staffeln, dieselbe Schule wie seine Schwester, Casey. Arbeitet nebenbei in einem Elektroladen, wo er auch seinen besten Freund Zahid (Nik Dodani) kennengelernt hat und besucht wöchentlich seine Therapeutin, Julia (Amy Okuda). Seine Familie versucht so gut wie möglich, für ihn da zu sein, jedoch versucht Sam zeitgleich, sich abzunabeln. Die Therapeutin, Julia, hilft ihm dabei und gibt ihm regelmäßig Ratschläge, wie er eine romantische Beziehung finden und führen kann. Auch sein Freund, Zahid, steht ihm dafür immer zur Verfügung. Das ist zunächst einmal Sams‘ großer Traum: Eine Freundin zu haben, die er liebt und deren Brüste er sehen darf.
In den späteren Staffeln verfolgt Sam noch andere Träume. Seine Karriereziele formen sich und auch seine zwischenmenschlichen Beziehungen entwickeln sich weiter. Nur eins bleibt beständig: die Liebe zur Antarktika und zu Pinguinen.
Die Figuren:
Sam der Junge mit den Pinguinen
Gerade in der ersten Staffel, werden die Zuschauer*innen in Sams‘ Gedankenwelt entführt und bekommen durch seine Erzählungen in der Ich-Perspektive mit, wie er sich in verschiedenen Situationen fühlt. Sam analysiert und recherchiert sich durch die Serie, mit Pinguin-Metaphern erklärt er sich die Welt. Durch sein analytisches Denken, kann Sam außerordentlich detailliert zeichnen. Die meisten Zeichnungen, die er fertigt, sind Pinguine. Sein Notizbuch ist immer mit dabei und wird von ihm verwendet, um Ratschläge, Situationen, Ausdrücke und Zeichnungen aufzubewahren.
Sam verfügt über eine ganz besondere Art, Dinge zu interpretieren und mit Situationen umzugehen. Durch seine „lauten“ Gedankengänge, wird es den Zuschauer*innen ermöglicht diese nachzuvollziehen. Schon am Ende der ersten Staffel, kommt es mir so vor, als wäre Sam ein langjähriger Freund von mir. Ich habe ihn bereits in mein Herz geschlossen und denke in bestimmten Situationen daran, wie Sam sich jetzt fühlen würde. Denn, Stresssituationen werden für viele Menschen mit Autismus (und auch für Sam) durch grelles Licht, laute Geräusche und überfüllte Plätze, ausgelöst.
Der beste Freund
Zahid ist gerade für Ratschläge, was Frauen anbelangt, die wichtigste Bezugsperson von Sam. Die Freundschaft zwischen ihnen entstand durch den gemeinsamen Arbeitsplatz in einem Elektrofachmarkt. Mit viel Witz und Schmäh, macht sich Zahid dort eine schöne Zeit. Er ist ein bisschen rebellisch, ein bisschen lost, aber hat ganz viel Herz und die besten Anmachsprüche auf Lager. Er zeichnet sich aber vor allem dadurch aus, dass er Sam versteht und so akzeptiert wie er ist.
© Netflix
Schwester, Mama, Papa und Julia
Die liebende Schwester
Casey überzeugt in ihrer Rolle als Schwester von Anfang an. Sie ist ebenfalls eine wichtige Vertrauensperson von Sam und durchlebt in der Serie selbst einige verschiedene und teilweise knifflige Phasen. Sie ist kein typisches American-High-School-Girl. Den Zuseher*innen wird sie edgy und mit harter Schale präsentiert. Jedoch mit einem sehr ausgeprägten Moralkompass. Ihre große Leidenschaft ist der track meet also der Leichtathletik-Wettkampf. In den späteren Staffeln, versucht Casey sich darüber klarzuwerden, wer sie überhaupt ist und zeigt uns einen tieferen Einblick in ihre Gefühlswelt.
Die fürsorgliche Mutter
Elsa brauchte (für mich persönlich) am längsten, um sich in mein Herz zu kämpfen. An ihr wird die Problematik deutlich gemacht, wie sich das Erwachsenwerden von Teenagern, auf Eltern auswirken kann. Sie muss nicht nur lernen von Casey sondern auch von Sam loszulassen. Beide Teenager versuchen flügge zu werden und ihr Leben selbstständig auf die Reihe zu bekommen. Gerade die Mutter-Tochter-Beziehung wird als schwierig dargestellt und stellt die Zuseher*innen auf eine harte Probe. Dass Sam eine feste Freundin sucht, macht Elsa zusätzlich nervös, was sie ihm auch deutlich zeigt. Einerseits versteht man Elsa, die besorgte Mutter. Andererseits wünscht man sich manchmal, gerade selbst mit der Helikoptermutter streiten zu können.
Der überforderte Vater
Doug, wird anfangs nicht als Bezugsperson von Sam wahrgenommen. Er hält sich, was seinen Sohn betrifft, eher im Hintergrund. Dagegen hat er mit Casey ein sehr vertrauensvolles Verhältnis und unterstützt sie so gut es geht bei ihrem Traum Läuferin zu werden. Er setzt sich im Laufe der Serie mit dem Autismus seines Sohnes auseinander. Die Veränderung, die er durchmacht, ist bewundernswert und zeigt, dass ständiges an sich selbst Arbeiten nichts ist, wofür man sich schämen muss.
Die Beziehungsratgeberin
Julia, die Therapeutin von Sam, ist wahrscheinlich die verständnisvollste Person ihm gegenüber. Etwas später erfahren die Zuschauer*innen, dass sie selbst einen Bruder hat, der autistisch ist. Von Anfang an unterstützt sie was Sam will, was alle anderen Menschen auch wollen, nämlich Liebe und Zuneigung durch eine romantische Beziehung zu erfahren. Sie gibt ihm Ratschläge und hilft ihm, besser mit Stresssituationen umzugehen.
© Netflix
Warum wir euch die Serie wärmstens empfehlen
Weil sie ehrliche Einblicke in das Leben von verschiedenen und individuellen Menschen gibt. Die Idee, welche von Robia Rashid stammt, gepaart mit der Produktion von Jennifer Jason Leigh, ergibt ein wunderschönes Schauspiel von realen und aktuellen Themen.
Es werden Probleme thematisiert, die vielen Zuseher*innen neu oder sogar unbekannt sind. Gleichzeitig schafft die Serie einen schönen Raum für Menschen mit Spektrum. Es wird verdeutlicht, wie ein Mensch mit Autismus die Welt wahrnimmt. Welche Begabungen daraus entstehen können. Aber auch, welche Steine ihnen durch Systeme, Vorurteile oder Nicht-Wissen in den Weg gelegt werden. Die Serie lässt einen besser verstehen und ist für uns schon allein deswegen sehenswert.
Auch die Figurenentwicklung ist schön dargestellt worden. Es gibt einige Plot Twists und das Leben wird so gezeigt wie es nun mal ist: Komplex.
Kritikpunkte der Serie
Kritik gab es für die Serie vor allem deswegen, weil der Protagonist Sam im wirklichen Leben kein Autist ist. Auch die Szene, in der Casey mit Sam über ein bevorstehendes Date redet, war ein Kritikpunkt. Sie rät ihm, nicht zu sehr er selbst zu sein und nicht über seine Antarktika-Interessen zu sprechen.
Natürlich ist das kein guter Ratschlag von ihr, jedoch handelt es sich hier um einen Teenager, der einem anderen Teenager einen Dating-Tipp gibt. In wie vielen Fällen ist dieser überhaupt gut? Außerdem handelt es sich um eine Serie, die Protagonist*innen entwickeln sich im Laufe der Zeit und werden meist zu einem noch besseren Selbst. Dazu gehören Fehltritte und Schwächen. So etwas nennt man Figurenentwicklung – ohne dieser, gäbe es keine Story.
© Netflix
Die Kritik, dass der Darsteller von Sam kein wirklicher Autist ist, ist schon handfester. Auch ich hätte mir gewünscht, dass Sam von einem Menschen mit Autismus gespielt wird. Daran gibt es auch nichts zu rütteln. Jedoch überzeugt die Serie trotz diesem Fehltritt mit Authentizität, was die Figur von Sam angeht. Er ist nicht nur Autist, nicht nur analytisch oder schlau sondern ein Mensch – mit Fehlern, Gefühlen und Wünschen. Er ist ein autistischer Schüler, der sich an eine nicht-autistische Welt anpassen muss – und nicht umgekehrt. Es werden die Forderungen, die Isolation und auch das Unverständnis des Umfeldes aufgezeigt. Die Serie ist ein fast gelungener Versuch, den nicht-autistischen Menschen, zu zeigen, wie sich Autismus anfühlen kann.
Ein weiterer Kritikpunkt ist für die FAZ die Auswirkung von Sams‘ Autismus. Es sei eine „milde Ausprägung“ von Autismus, welche „leider für die Komik sorgt“. Diese Kritik ist schwer anzunehmen, da das Thema Autismus, mit dem Comedy-Faktor, an Normalität gewinnt. Genau das, was sich Menschen mit Spektrum wohl auch wünschen.
Die Vierte Staffel
Wie ist nun die vierte und letzte Staffel? Nicht so gut wie die anderen drei, so ehrlich muss man sein. Fast wie jede andere Serie, erfüllt die letzte Staffel das Klischee, nicht die Beste zu sein. Irgendwie merkt man, dass die Serie zu Ende gebracht werden wollte und einige Fragen bleiben unbeantwortet. Jedoch bleibt man dem Thema Diversity treu und das auch auf eine sehr authentische Art und Weise. Wir sind ebenfalls froh, dass dem Klischee des Queerbaiting aus dem Weg gegangen wurde: Die Szenen mit queeren Liebkosungen wurden nicht rausgestrichen und auch mit dem Thema wird modern und aktuell umgegangen.
Dazu kommen wir auch gleich zur Siegesfigur der vierten Staffel (ACHTUNG SPOILER!): Casey. Die Frage, welche Sexualität sie hat, stiehlt Sam gerechtfertigt die Show. Die Umgangsweise mit ihrer Sexualität ist wirklichkeitsnah und fast perfekt inszeniert. Ein, zwei Klischees haben sich dann doch eingeschlichen, aber gut. Wir sind froh, dass das Thema dennoch ausführlicher behandelt wurde.
Titelbild © Netflix
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