The Idol: Lily-Rose Depp und The Weekend auf den Spuren von 50 Shades of Grey
Lily-Rose Depp und The Weekend haben die Hauptrollen in der HBO-Serie The Idol. Eine an sich gute Serie. Auch wenn man sagen muss, dass diese recht steril daherkommt und phasenweise zu sehr an 50 Shades of Grey erinnert. Viel nackte Haut und Musik. Wenig Inhalt.
The Idol: Nepotismus Baby mit überzeugender Darstellung
Nepotismus Baby! Zugegeben: Lily-Rose Depp eine Hauptrolle in einer Serie zu geben, ist riskant. Viel Gutes und Überzeugendes war von ihr schauspielerisch bis jetzt noch nicht zu sehen. Es liegt nahe, dass sie es nur ins Filmgeschäft geschafft hat, weil ihr Papi, Johnny Depp, ihr alle Türen offengehalten hat. no shame on anyone here, by the way!
In einem von Lily-Rose Depps ersten Filmen Yoga Hosers (2016) spielen Papa Johny Depp und Mama Vanessa Paradis (in Frankreich ein Superstar!) auch gleich noch mit. Vermutlich war das der Deal dafür, dass die Tochter die Hauptrolle übernehmen durfte, wer weiß.
Doch The Idol schafft es jedoch schon in den ersten 30 Sekunden alle Zweifel an ihr vergessen zu machen. Lily-Rose Depp spielt im Close-Up alle möglichen Gesichtsausdrücke durch und verweist jede Kritik an ihrer Schauspielerei schon im ersten Shot in ihre Schranken. Besser kann man eine Serie oder einen Film nicht beginnen! Die Erwartungen schnellen plötzlich nach oben.
The Idol: Lily-Rose Depp und die Schattenseiten des Ruhms
Die HBO-Serie The Idol dreht sich um Jocelyn (Lily-Rose Depp), eine Pop-Ikone, die nach einem Nervenzusammenbruch beschließt, sich ihren Titel als sexiest Pop-Diva zurückzuerobern. The Idol beginnt in meidas res, mitten in der Produktion ihrer Comeback-Single World Class Sinner. Und was wir sehen ist ein Leben, jenseits aller Selbstbestimmung. Jocelyn ist umgeben von einem ganzen Stab an Menschen, die es immer besser wissen, als sie selbst und die Fäden ihres Lebens fest in den Händen halten.
Diese ihre Entourage ist mit Da’Vine Joy Randolph, Dan Levy, Tarantino-Spezi Eli Roth, Hank Azaria und Jane Adams hervorragend besetzt. Vor allem das Spiel von Adams als Label Produzentin ist herrlich dreckig und skrupellos. Als ein Skandal sich anbahnt — im Internet kursiert ein Bild Jocelyns, auf dem ihr Gesicht mit Sperma bedeckt ist —, läuft die Maschinerie auf Hochtouren. Man setzt alles daran, um zu verhindern, dass sie erneut zusammenbricht. Natürlich tut ihre Entourage das alles nicht, weil sie Jocelyn so sehr mögen, sondern aus Selbstschutz. Es geht schließlich um Millionen!
Lily-Rose Depp hinter den Kulissen des Fame
Wie es Hinter den Kulissen des Ruhms zugeht, hat ja der Netflix-Film Blonde schon gut erläutert und auch bei der HBO-Serie The Idol wird man leider sehr oft an Andrew Dominiks Skandal-Film erinnert. Eine berühmte Frau, die an ihrem Umfeld scheitert und zerbricht.
Eine Möglichkeit auszubrechen liefert ihr jedoch die Begegnung mit dem mysteriösen, aber auch schmierigen Clubbesitzer Tedros (gespielt von Abel „The Weeknd“ Tesfaye), mit dem sie sofort connected. So sehr, dass sie ihm sogar ihre noch unveröffentlichte Single vorspielt. Es kommen ihr Zweifel an dem Projekt. Gekoppelt mit erotischen Spannungen und auch dem dazugehörigen (aber mehr als unnötigem) SM-Getue zwischen ihr und Tedros.
The Idol: klischeebeladene Zweisamkeit mit The Weekend
Und da kommen wir schon zu einem der vielen Probleme von The Idol, die alle in einem verkauften Feminismus begründet liegen. Da hätten wir einmal das Kennenlernen zwischen den von The Weekend und Lily-Rose Depp gespielten Figuren. Jocelyn betritt den Club und er hält die Musik an, nur um ans andere Ende des Saales zu brüllen, wie schön sie doch ist und um einen Tanz bittet.
Der Star ist daraufhin verschüchtert wie ein Schulmädchen – wenn man heutzutage überhaupt davon ausgehen kann, dass ein Schulmädchen verschüchtert ist. Jocelyn ist ein Megastar seit sie ein Kind ist, der, wie wir in der Serie sehen, abgebrüht seine Interviews zu führen vermag. Und dann soll sie von so einer schlechten Anmache eingeschüchtert sein? Sorry, aber das wirkt nicht sehr glaubhaft. Kurz darauf geht es im Club natürlich schon ans Eingemachte, wo sie stupide rum kichert wie ein … Schulmädchen? Was folgt ist fade Fachsimpelei über Popmusik und eine Szene, in der es sich Jocelyn selbst besorgt.
Lily-Rose Depp findet The Weekend, der ihr sagt, wo es langgeht
Die Begegnung und die weiteren Treffen mit Tedros verändern Jocelyn. Sodass sie 5 Tage vor Single-Release den Song noch ändern will. Anstatt einfach professionell zu sein und zu liefern, wie sie es schon seit ihren Kindertagen gemacht hat, will sie plötzlich ganz andere Musik machen. Ja dann mach doch einfach die nächste Single so, wie du willst oder veröffentliche eine Remix-Version!
Im Hintergrund der mysteriöse Tedros, der ihr sagt, wo es langgeht. In der Musik, im Bett und im Leben. Diese Konstellation ist uns leider schon seit Jahrzehnten aus allen möglichen Filmen bekannt. 9½ Wochen (1986), Fifty Shades of Grey (2015), Die Geschichte der O (1975) und viele, viel mehr. Immer gibt es da einen Mann, der einer Frau die Welt erklärt und sie nach seinem Willen springen lässt.
Wir leben in einer Zeit, wo sich junge Frauen auch von einschüchternden Stars nichts mehr gefallen lassen. Sprich: Rammstein-Skandal. Und da hat HBO keine bessere Idee, als uns so eine reaktionäre und konservative Geschichte zu liefern. HBO, das die Serien- und Fernsehwelt bis jetzt immer wieder mit Serien wie The Sopranos, Sex and the City, The Wire, Breaking Bad und vielen mehr revolutionieren konnte. Man glaubt es kaum.
The Idol: The Wekend, abgelutscht manipulativ
Was wirklich gut beginnt — denn The Idol entführt uns in überzeugender Video-Clip Ästhetik, in die Schattenseiten des Star-seins — nimmt zu schnell diese abgelutschten patriarchalen Formen an. Klar, Tedros (The Weekend) könnte auch ein genialer und geschickter Manipulierer sein, das wird in der zweiten Episode auch angedeutet. Doch auch wenn er es bei Jocelyn schafft, diese ganz easy um den Finger zu wickeln, so schafft er das nicht beim Publikum. Und das ist das große Problem.
Ihr sei es zu wichtig, was andere denken, so nur einer der lahmarschigen Ratschläge von Tedros. Ein Tipp, der abgelutschter nicht sein könnte. Stop to care what people think, be yourself und so weiter. Bevor die Szene endgültig in Richtung 50 Shades of Grey abdriftet. Schwache Dialoge und prickelnden Szenen wechseln sich hier mustergültig ab.
Dabei ist der Rest doch sehr gut gemacht. Auch wenn die Story abgelutscht ist, so ist The Idol im Grunde recht unterhaltsam. Doch Depps Spiel, das anfänglich großartig, immer mehr zum Sextoy verkommt, aber vor allem die fehlende Chemie zwischen den beiden Hauptdarstellenden ist leider ein wirklich schweres Manko. Man hätte besser daran getan, Lily-Rose Depp einen erfahreneren Schauspieler zur Seite zu stellen.
Fazit: The Idol
The Idol ist bis jetzt (es sind gerade einmal zwei Folgen erschienen) wirklich gut gemacht. Von den Darstellenden bis zur Ausstattung und hin zum Sound. Dennoch wird man zu oft an altbekanntes erinnert. Britney Spears und ihr Schicksal, die Welt der Reichen und Schönen – die ja so furchtbar ist (Vorsicht: Sarkasmus!), Verlogenheit, Liebe.
All das ist genau so inszeniert, wie man es sich erwartet. The Idol liefert durchaus ab und ist eine durchschnittlich gute Serie, die es jedoch nicht wirklich schafft, den Rahmen des bekannten zu überschreiten, um uns etwas Neues zu liefern. Neue Bilder, neue Ideen, neue Empfindungen.
Am Ende ist es einfach nur more of the same patriarchal shit! Was vor allem vor einem feministischen Hintergrund sehr enttäuschend anzusehen ist. Man muss sich angesichts von The Idol wirklich fragen, was bloß aus HBO geworden ist? Klar, es kann sich Plot-technisch noch so einiges ändern, aber ob revolutionäre erzählerische Umschwünge zu erwarten sind, bleibt zu bezweifeln. Fazit: Kann man sich ansehen, man verpasst jedoch nichts Sehenswertes, wenn man es nicht tut. Und das trotz Lily-Rose Depps vollem Körpereinsatz.
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