LGB Alliance: Wenn Transphobie unter dem Deckmantel der Homosexuellen-Bewegung agiert

Die LGB Alliance bezeichnet sich selbst als „genderkritisch“. Sie erinnern in vielen Teilen ihrer Argumentation an die Super Straight-Bewegung oder die des Trans-ausschließenden radikalen Feminismus (kurz: TERF). Während die Gesellschaft in Fragen der biologischen und sozialen Geschlechter langsam aufbricht, mehren sich zeitgleich konservative Bewegungen. Lautstark auf sozialen Medien treten diese mit rechtspopulistischem Sprech auf und ziehen damit auch verunsicherte und weniger aufgeklärte Menschen an.
Kürzlich sorgten die Veröffentlichung von transfeindlichen Gastautorinnen und Gastautoren in der WELT wieder für Debatten rund um Gender-Identität. Während besagte Autoren das WDR-Format Sendung mit der Maus mit rechtsextremen Narrativen als Aktivisten der Trans-Ideologie bezeichnen, versucht der Pride-Month auf eben genau diese Missstände und Diffamierung von Menschen aufmerksam zu machen. In diesen Artikeln bezeichnen die vermeintlichen Expert:innen die hier genannte LGB Alliance als Interessensvertretung für Schwule und Lesben. Wie auch die TERFs lehnen diese jedoch trans* Personen ab und bezeichnen das Aufbrechen der binären Geschlechtsidentität nur als Trend.
LGB Alliance: Warum ist sie ein Problem?
Die LGB Alliance wurde 2019 gegründet. Mit dem Vorwurf, die LGBTQIA*-Community setze sich zu fokussiert für Transgender ein und vergesse dabei auf die Rechte und Kämpfe der Homo- und Bisexuellen, setzt diese Bewegung sich folglich auch nur für die Rechte von Schwulen und Lesben sowie bisexuellen Menschen ein. So weit wäre noch alles in Ordnung – warum sollte es auch nicht eine eigenständige Bewegung für diese spezielle, marginalisierte Gruppe geben. Doch liegt das Problem in der Darstellung von trans* Personen und im Kampf gegen den „Gender-Extremismus“.
Einer der Hauptvorwürfe – ähnlich den TERFs – ist, dass die männerdominierte Gesellschaft die Freiheit bei der Geschlechtsidentität ausnutzen würde, um auch den geschlechtsneutralen Raum männlich zu färben – dem stellt sich aber die FLINTA*-Bewegung bereits entgegen. Dass aber dabei die gesamte Community an trans* Menschen verurteilt wird, möchte die LGB Alliance nicht als transfeindlich bezeichnet sehen, obwohl es genau das ist. Wer Geschlecht als rein binär proklamiert, negiert zeitgleich die Existenz von trans* und intersexuellen Menschen.
Im gleichen Atemzug bezeichnet eine der Mitbegründerinnen von LGB Alliance, Bev Jackson, die Angriffe auf die Organisation als die neue, angesagte Homophobie. Dies begründet sie damit, dass die LGBTQIA*-Community den Fokus auf non-binäre Geschlechtsidentität richtet und damit die Einzelteile der Bewegung schwäche. Was LGBTQIA* nicht tut. Außerdem behauptete sie, dass LGBTQIA* den Weg zu Sex mit Tieren ebnen würde – was natürlich kompletter Schwachsinn ist.
© Screenshot | Bev Jackson auf Twitter
Aber gerade Menschen, die sich nicht so intensiv mit der Thematik auseinandersetzen, mag manches davon logisch klingen. So zieht das rechtspopulistische Denken der LGB Alliance mittlerweile auch in anderen Teilen Europas und der Welt seine Kreise. Vor allem auf sozialen Medien gibt es hier immer wieder breit angelegte Aktionen transfeindlicher Gruppierungen.
Wo die Debatte um trans* Personen ein breites, gesellschaftliches Fundament hat
Natürlich greifen transfeindliche Communitys populäre Themen auf, um Stimmungsmache zu betreiben. Bei den TERFs waren es die Frauenräume, die plötzlich für Männer zugänglich wären – wir hatten über das Trans-Gesetz und die Debatte darum berichtet. Natürlich liegen diesen dekonstruktiven Vorwürfen wichtige Diskussionen zugrunde, die es zu führen gilt. So auch beim Sport, wo mit physischen Unterschieden argumentiert wird. Diese Unterschiede gibt es aber bekanntlich auch innerhalb der binären Geschlechter – oder ist jeder Mann in seiner körperlichen Beschaffenheit und seinen Genen etwa gleich?
Im Sport versuchen Verbände zudem, Fairness und Inklusion zu vereinen. Dies muss in einer gesunden Balance stattfinden und darf nicht im kollektiven Ausschluss enden. Immerhin kann auch bei Sportler:innen abgesehen von trans* Personen keine absolute Fairness gewährleistet werden. Doch durch diverse Richtlinien und Nachbesserungen können Sportverbände so für einen fairen Wettkampf sorgen.
Letztlich dauert dies aber noch. Und bis dahin nutzen rechtspopulistisch Denkende weiterhin diese Narrative, um die breite Bevölkerung von der Abkehr von einer non-binären Gesellschaft zu überzeugen. Vermeintlich Neues macht eben Angst. Aber davon darf sich die Gesellschaft nicht zurückdrängen lassen. Sonst kommt es wieder so weit, dass Menschen statt Inklusion Vorverurteilung erleben.
Es liegt auch an jenen, die Inklusion bereits leben, anderen diese Angst zu nehmen. In diesem Sinne – Happy Pride-Month!
Titelbild © Unsplash | Mick De Paola
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