Loverboys gaukeln jungen Mädchen eine Liebesbeziehung vor und zwingen sie später in die Prostitution. Oft mithilfe von Gewalt, Erpressungen und Drohungen. Sie sind Zuhälter und betreiben Menschenhandel. Hier erfährst du alles, was du über dieses gefährliche Phänomen wissen solltest.
Die Loverboy Methode
Loverboys schauen meistens gut aus, sind charmant und spendabel. Sie suchen sich vor allem junge Mädchen über Social Media, am Schulhof oder in Cafés und Bars. Junge Mädchen, die unsicher, schüchtern und unauffällig sind. Manche von ihnen sind erst elf oder zwölf Jahre alt. Die Loverboys machen ihnen Komplimente, laden sie zum Essen ein, schenken ihnen Aufmerksamkeit und Geschenke. Sie geben sich einfühlsam, verständnisvoll und präsentieren sich als „Mr. Right“, die Liebe des Lebens.
Teilweise erarbeiten sich die Loverboys das Vertrauen von Freund*innen und Familienmitgliedern. In den meisten Fällen isolieren sie aber die Mädchen vollkommen von ihrem sozialen Umfeld. Die Mädchen werden dazu überredet, ihre Beziehung geheim zu halten. Das Doppelleben führt zu Konflikten mit den Eltern. Die Mädchen distanzieren sich vom gewohnten Umfeld und schlittern immer mehr in die Abhängigkeit. In vielen Fällen wird der Kontakt zu den Nächsten komplett abgebrochen.
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Prostitution für die „Liebe“
Nach ein paar Wochen oder Monaten beginnen die Täter über finanzielle Probleme zu klagen. Sie brauchen Geld. Dringend. Sie präsentieren Prostitution als die Lösung. Die Mädchen werden zu Sex mit fremden Männern gedrängt. Auf dem Straßenstrich, in Bordellen oder in privaten Wohnungen. „Wenn du mich wirklich liebst, dann tust du das für mich.“
Die Betroffenen wollen ihrem Freund helfen, ihre Liebe und ihren „Wert“ beweisen – sie haben Angst, ihn zu verlieren. Gleichzeitig sind die Mädchen hin- und hergerissen zwischen ihren Gefühlen: Einerseits lieben sie die Person so sehr, andererseits wissen sie, dass gerade etwas ganz Schlimmes passiert. Zu Beginn versichern die Loverboys noch, dass es sich nur um eine kurzfristige „Lösung“ handle.
Erpressungen, Drohungen und Gewalt
Wollen die Mädchen aufhören oder beginnen sich zu wehren, werden sie erpresst, bedroht, eingesperrt oder geschlagen. Häufig haben die Loverboys Videos von ihnen und ihren Freiern. Sie drohen, das Material ins Netz zu stellen, es ihren Eltern oder der Schule zu zeigen: „Damit sie wissen, wie du wirklich bist.“ In den meisten Fällen werden die Mädchen gewaltsam gezwungen, sich weiter für ihn zu verkaufen. Wenn das nicht reicht, drohen die Zuhälter damit, Familienmitglieder oder Freund*innen zu verletzten. In manchen Fällen bieten auch gemeinsame Kinder weitere Erpressungsflächen.
Die betroffenen Mädchen und Frauen dürfen in der Regel wenig bis nichts von dem Geld behalten und müssen häufig bestimmte Tagessätze erfüllen. Loverboys arbeiten teils nicht allein, sondern in Gruppen. In manchen Fällen werden junge Frauen sogar innerhalb der Gruppierungen europaweit verkauft.
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Loverboys in Österreich
Die sexuelle Ausbeutung durch die Loverboy Methode fällt unter Menschenhandel. Betroffene werden mit psychischer und meistens auch körperlicher Gewalt ausgebeutet und zur Prostitution gezwungen. Manche Organisationen plädieren dafür, einen anderen Begriff zu verwenden, da Loverboy eine Verniedlichung sei. In den meisten Fällen sind Mädchen betroffen, aber auch Jungs können Opfer der Liebesmasche werden.
Es gibt in Österreich keine genauen Zahlen, wie viele Opfer der Loverboy-Methode sind. In Deutschland geht man davon aus, dass circa 20 Prozent der Betroffenen von Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung durch die Loverboy-Methode angeworben wurden. (Bei der Untersuchung wurden 417 Opfer im Bereich des sexuellen Menschenhandels erfasst.) Obwohl Zwangsprostitution häufig vor allem Frauen betrifft, die aus anderen Ländern kommen, ist das bei der Loverboy-Anwerbung nicht der Fall. Die Hälfte der Betroffenen in Deutschland ist im Land aufgewachsen.
Wenn du deinen Zuhälter liebst
Problematisch ist, dass sich Opfer häufig nicht als solche wahrnehmen. Sie sehen die Schuld bei sich selbst. Die Zuhälter sind meistens ihre erste große Liebe. Es ist ein langer Prozess, bis die Betroffenen begreifen, dass ihre vermeintlichen Partner sie brutal ausnutzen und an andere Männer verkaufen.
Die Rückfallgefahr ist groß. Die emotionale Abhängigkeit ist zu stark. Manche kehren freiwillig zu den Tätern zurück. Auch nach einer dauerhaften Trennung bleiben die Betroffenen häufig schwer traumatisiert.
Wie kann ich mich vor den Loverboys schützen?
Loverboys knüpfen häufig ihre ersten Kontakte im Internet, auch über Instagram und Co. Genauso sprechen sie aber gezielt junge Frauen vor Schulen, Cafés oder Bars an. Manchmal sind die Täter selbst noch minderjährig. Expert*innen raten nicht leichtfertig Adressen und Lieblingsorte in den Sozialen Medien zu posten. Diese können sich die Zuhälter zunutze machen: In manchen Fällen suchen sie diese Orte gezielt auf und geben sich jung und charmant. Fakt bleibt aber, nicht jeder charmante Mann ist ein Zuhälter!
Ein Warnsignal ist immer – nicht nur bei sexueller Ausbeutung – wenn der*die Partner*in versucht, dich von deiner Familie und deinen Freund*innen zu isolieren. Woran du toxische Menschen noch erkennst, erfährst du im Link zu einem unserer Artikel.
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Kaum Loverboys im Knast
Loverboys handeln häufig mit mehreren Mädchen. Trotzdem werden sie nur selten verurteilt. Verfahren werden eingestellt. Täter freigesprochen. Die Beweise reichen oft nicht. Vor Gericht ist die Abgrenzung von Freiwilligkeit und Zwang schwierig. Betroffene Mädchen und Frauen schämen sich häufig, haben Angst oder hängen noch emotional an den Tätern. In vielen Fällen erstatten sie keine Anzeige oder sagen vor Gericht nicht aus.
Wie erkenne ich eine*n Betroffene*n?
Opfer von sexueller Ausbeutung sind häufig erschöpft, abgemagert und depressiv. Schulische Leistungen verschlechtern sich rapide. Sie besitzen mehrere Handys, schreiben und telefonieren heimlich, werden von (teuren Autos) in die Schule gebracht und abgeholt. Sie können Spuren von körperlicher Gewalt haben, wie blaue Flecken.
Alle diese Signale sind natürlich nicht ausschließlich dem Menschenhandel zuzuordnen. Es sind aber Zeichen dafür, dass der*die Betroffenen allgemein psychisch nicht wohlauf ist und sie*er in manchen Fällen Missbrauch erfährt. Jede*r kann ein offenes Ohr und Unterstützung anbieten oder Hilfe holen. Auf der Seite maedchenhandel findest du mehr Infos, wie du dich und andere schützen kannst.
Liebe ohne Zwang
In einer gesunden (Liebes-)Beziehung spielt Gewalt oder Zwang keine Rolle. Wichtig ist, die eigenen Grenzen zu kennen und ihnen treu zu bleiben, auch wenn es das Ende der Beziehung bedeutet. Ein Nein muss in jeder Beziehung akzeptiert werden. Bei der Frauenhelpline kann frau 24/7 anonym und kostenlos anrufen.
Fazit
Die Loverboy Methode ist eine große Gehirnwäsche. Die Masche ist immer dieselbe: Erst wird den Mädchen die große Liebe vorgespielt und dann werden sie mit Gewalt oft Jahre lang in die Prostitution gezwungen. Wie viele Opfer es in Österreich gibt, ist aber unklar.
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