Sie wollen der Armut entkommen. Werden jedoch in die Prostitution gezwungen, ins Ausland verkauft und als Ware verschachert. Teilweise um 4 Euro müssen sie ihre Dienste anbieten. Sex zum Spotpreis und Deutschland als das Bordell Europas. Eine ARTE-Doku bietet Einblick in ein trauriges Kapitel Menschheit.
Loverboy Methode zur Anwerbung
Die Illusion der großen Liebe. Arme Frauen aus Osteuropa verlieben sich in Männer, die ihnen ein gemeinsames Leben im reichen Deutschland versprechen. Mit Liebe anwerben und dann mit Gewalt gefügig machen und in die Prostitution zwingen, so lautet die Devise dieser Männer. Loverboy-Methode nennt sich dieser Ansatz. Doch immer mehr Frauen fallen genau darauf herein. Der vermeintlich wahr gewordene Traum der großen Liebe entpuppt sich so schnell als Alptraum, aus dem es kein Entrinnen gibt.
Dann geht es weiter im Takt: 15 bis 20 Freier am Tag, für 50 Euro pro Mann. Hört sich nach viel Geld an. Doch den Zwangsprostituierten bleiben davon vielleicht 200 bis 300 Euro am Monatsende, wie eine Betroffene berichtet. Der Rest geht natürlich an den Zuhälter.
Ein menschenunwürdiges Geschäft, das sich leider auszahlt, denn die Ware Mensch ist in diesem Fall günstig und leider auch schnell organisiert. Im Vergleich zu Drogen oder Waffen kostet eine Zwangsprostituierte fast nichts. Und man kann sie nicht nur einmal verkaufen, sondern immer wieder, Tag für Tag, heißt es in der Reportage weiter.
90 Prozent zum Sex gezwungen
Die kriminellen Drahtzieher und Schleuser hinter diesem Business bleiben in diesem Kreislauf bedauerlicherweise meist unbehelligt. Warum? In Deutschland gilt Prostitution nämlich als freiwillige Dienstleistung – was ja auch in Ordnung ist, wenn man es denn auch freiwillig betreibt. Tatsache ist jedoch, dass 90 Prozent der Frauen in Deutschland zum käuflichen Sex gezwungen werden.
Eingeschüchtert mit Gewalt und falschen Versprechungen gesteht selten jemand aus diesen 90 Prozent zur Prostitution gezwungen zu werden. Eine Vielzahl der Frauen in deutschen Bordellen versucht der Armut in ihren Heimatländern zu entkommen. Oft wird daraus jedoch eine Aktion à la: Vom Regen in die Traufe. Die meisten dieser Frauen stammen aus Rumänien oder Bulgarien, wie die Reportage erläutert.
Deutschland als Prostitutionsparadies
Gewissenlose Menschenhändler versprechen diesen aus Armut verzweifelten Frauen gut bezahlte Jobs in Deutschland, nur um sie, sobald einmal in Deutschland in die Sexsklaverei zu zwingen. Manche verkaufen sich für den Gegenwert einer Packung Zigaretten, heißt es in der Doku. Von Armut betroffene, bieten ihre Dienste teilweise um 4 Euro an.
Die Mannheimer Beratungsstelle für Frauen in der Prostitution „Amalie“ versucht das natürlich zu ändern. Doch es ist schwierig, wenn Prostitution legal ist und dies von organisierten Kriminellen dermaßen ausgenutzt wird. Wo aus Angst natürlich die Opfer selbst nicht zugeben wollen, dass sie zur Prostitution gezwungen werden. So wird die Zwangsprostitution durch die deutsche Gesetzgebung, die Prostitution legalisiert und als Dienstleistung definiert, leider ermöglicht. Ein an sich guter Ansatz der Freiwilligkeit — jede*r entscheidet selbst über sich und seinen Körper — wird hier ausgenutzt, denn eingeschüchterte Menschen werden nur in den seltensten Fällen zugeben, dass sie zu etwas gezwungen werden. Wenn aber vor allem diese schweigen, ist ein Strafnachweis geradezu unmöglich.
Armut als Grundpfeiler der Zwangsprostitution
Begünstigt wird die Zwangsprostitution vor allem durch die Armut und Ausweglosigkeit der Opfer. Diese tun alles, um daraus herauszukommen und werden in ihrer allgemeinen Hoffnungslosigkeit umso leichter Opfer der Loverboys, die das große und leicht verdiente Geld versprechen. Alles fängt mit der Armut an. Der Armut und die Unmöglichkeit seinen Lebensunterhalt auf „anständige Weise“ zu verdienen, mit der Unmöglichkeit auch nur daran zu glauben. Die Armut gebiert ungeheuer, erklärt eine der Interviewte in der Reportage.
Auch die deutsche Polizei bleibt machtlos, ist aber bemüht, andere Wege zu finden. So sucht man das Gespräch und versucht die Frauen dabei zu unterstützen, aus der Prostitution auszusteigen. Vertrauen ist in diesem Sinne extrem wichtig. Die Aussagen der Frauen ebenso, um die Drahtzieher zu schnappen. Vertrauen, dass man in die Menschheit leider immer mehr verliert, wenn man sich Reportagen wie diese zu Gemüte führt.
Titelbild © Shutterstock
DAS KÖNNTE SIE AUCH INTERESSIEREN
Emissionshandel: Effekt auf den Klimaschutz durch steigende Preise und Spekulationen
Emissionshandel klingt für viele erst mal vertrauenerweckend. Allein die Implikation des Wortes „Handel“ suggeriert bei manchen ein Instrument, dem wir […]
Sensible Inhalte – außergewöhnliche Kampagne für Menschen im Iran
Mit einer ungewöhnlichen Kampagne ruft Amnesty International Österreich für den Einsatz zum Schutz der Menschenrechte im Iran auf.
China setzt Sex-Anzeigen gegen Proteste ein
China versucht, Proteste mit Sex-Anzeigen zu unterdrücken.
Warum man mit Verschwörungstheoretikern nicht tolerant sein darf
Eine Gesellschaft vertritt in sich viele verschiedene Meinungen. Doch es gibt Meinungen, die fern jeglicher Fakten existieren und ein Verhalten legitimieren sollen, das so vom Rest der Gesellschaft nicht akzeptiert werden darf. Anhand einer Geschichte möchte ich klarmachen, warum es eine Null-Toleranz gegen „alternative Fakten“, Pseudowissenschaften und Verschwörungstheoretiker geben sollte und warum Wahrheit nichts mit individuellen Meinungen zu tun hat.
Der Ye-Skandal: Ist Kanye West gekänzelt?
Wir haben für euch eine Timeline erstellt, die Ye’s Selbstsabotage Schritt für Schritt dokumentiert.
Kulturkampf Impfung: ist die Angst vor Gefahren begründet?
Der Lockdown wurde verlängert. Keine Besserung in Sicht. Die Zahl der Opfer sinkt nicht genügend und die medizinische Versorgung war […]