Viele Menschen, welche mit Narzissten involviert sind, haben Schwierigkeiten loszulassen. Neben der emotionalen Abhängigkeit, kommt auch noch die Hoffnung der Opfer hinzu, dass sich der Narzisst ändern könnte. Doch NPS (Narzisstische Persönlichkeitsstörung) lässt sich nur schwer behandelt – sollte der Narzisst einer Behandlung überhaupt zustimmen, was nur selten der Fall ist. Ein Grund dafür ist die fehlende Fähigkeit zur Introspektion des Narzissten und die überzogene Empfindlichkeit gegenüber Kritik.
Was ist eine Narzisstische Persönlichkeitsstörung (NPS)?
Der Begriff Narzissmus ist oftmals gleichgesetzt mit Eigenschaften wie Eitelkeit und Arroganz. Doch betrachtet man Narzissmus aus der pathologischen Perspektive, so handelt es sich um viel mehr als eine Ansammlung von schlechten Eigenschaften – vielmehr spricht man hier von einer Persönlichkeitsstörung. Der leichtsinnige Gebrauch dieses Begriffs in unserer Gesellschaft kann schwerwiegende Folgen haben, da dadurch die Ernsthaftigkeit dieser psychischen Störung verloren geht.
Aus pathologischer Sicht versteht man unter NPS (steht für Narzisstische Persönlichkeitsstörung) eine tiefgreifende Störung des Selbstwertgefühls. Betroffene Personen leiden einerseits unter starken Minderwertigkeitsgefühlen, welche sie dann mit einem Gefühl der Grandiosität kompensieren. Die Narzisstische Persönlichkeitsstörung ist durch ein Muster aus Grandiosität, Bedürfnis nach Aufmerksamkeit und Schmeichelei, und einem Mangel an Empathie gekennzeichnet.
Betroffene Personen haben Schwierigkeiten ihren Selbstwert zu regulieren. Deshalb benötigen sie viel Lob und das Gefühl von Zugehörigkeit von besonderen Menschen und oder Institutionen (zb. Eine Anstellung in einem besonders erfolgreichen Unternehmen).
Dies ist auch mitunter einer der Gründe, warum von NPS betroffene Menschen Langeweile verabscheuen. Narzissten brauchen viel Ablenkung und Aktion, denn wenn es zu ruhig und still wird, kommen schnell die quälenden Minderwertigkeitsgefühle hoch. Betroffene können ihren Selbstwert nicht wie gesunde Menschen eigenständig regulieren und brauchen ständig eine Form der Anerkennung um zu funktionieren.
Weiters neigen Narzissten auch zu sadistischen Tendenzen indem sie ihre Mitmenschen regelmäßig abwerten, denn nur so können sie ihr Gefühl der Überlegenheit aufrechterhalten. In Liebesbeziehungen spricht man oftmals von einem Kreislauf, welcher aus Lovebombing und einer darauffolgenden Entwertung durch den Narzissten besteht und Betroffene des Missbrauchs, stark emotional abhängig macht.
Das Gehirn eines Narzissten – gravierende Auffälligkeiten
Einen gravierenden Unterschied zwischen Menschen mit NPS und gesunden Menschen erkennt man schon an der Hirnstruktur. Eine Studie im „Journal of Psychiatric Research“ hat festgestellt, dass Betroffene eine Verminderung der grauen Hirnsubstanz, in einer für das Empfinden von Mitgefühl relevanten Region des Gehirns, aufweisen. Der Mangel an Empathie zeigt sich folgendermaßen: Betroffene können zwar gut erkennen was andere fühlen, denken und beabsichtigen, sie zeigen jedoch wenig bis kein Mitgefühl.
Dr. Röpke, Privatdozent von der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Charité zeigte in seinen Studien die Korrelation zwischen NPS und mangelndem Empathieempfinden auf. Es wurden insgesamt 34 Probanden analysiert. Von ihnen litten 17 unter einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung. In einer Vorstudie wurde das Defizit im Empathievermögen bestätigt.
Weiters wurde mithilfe von einem MRT die Dicke der Großhirnrinde gemessen. Denn diese bildet die äußere Nervenzellschicht des Gehirns und ist unter anderem für die Verarbeitung und Bewertung von Geschmack und Geruch und die damit verbundenen Emotionen wie Ekel zuständig.
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Doch in der sogenannten Inselrinde passiert noch viel mehr: Sie ist stark involviert in die menschliche Fähigkeit der Empathie. Die sozialen Neurowissenschaften haben durch verschiedene Studien gezeigt, dass die Insula von gesunden Menschen nicht nur bei dem eigenen, sondern auch bei beobachtetem Schmerz Aktivitäten aufweist.
Die Untersuchungen kamen zu folgendem Ergebnis: Die Probanden, die an Narzissmus litten, zeigten strukturelle Auffälligkeiten in genau der Region des Gehirns (graue Hirnsubstanz) auf, welche an der Erzeugung und Verarbeitung des Mitgefühls beteiligt war. Bei den NPS-Probanden war diese Region der Großhirnrinde wesentlich dünner, als bei „gesunden“ Gehirnen.
Fehlende Einsicht – Warum Narzissten nicht an ihren Fehlern wachsen können
Die dünnere Großhirnrinde bei Menschen mit Narzisstischer Persönlichkeitsstörung zeigt sich vor allem in einem Mangel an Empathie und Einfühlvermögen. Ein weiterer wichtiger Punkt, welcher nicht außer Acht gelassen werden darf, sind neben den biologischen, die sozialen Einflussfaktoren. Studien zeigen, dass Erfahrungen in der Kindheit eine bedeutende Rolle mit der Entstehung von NPS spielen können.
Negative Erfahrungen wie die Ablehnung oder ständige Kritik durch die Eltern können zu einer NPS im Erwachsenenalter beitragen. Andererseits kann auch zu viel Lob und eine Idealisierung der Kinder durch die Eltern in Kombination mit zu viel Aufmerksamkeit die Entwicklung von NPS fördern.
Die Kombination von Grandiosität und dem Mangel an Empathie hat zur Folge, dass sich von NPS betroffene Personen ihr Fehlverhalten und ihre Fehltritte nicht eingestehen können. Es fehlt die Fähigkeit einer ehrlichen Reflexion des eigenen Verhaltens. Die Gefühle der Grandiosität, welche sozusagen als Abwehrmechanismus gegen die innere Leere und den mangelnden Selbstwert fungieren, untergraben jegliche Kritik und Zweifel.
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Dies hat zur Folge, dass sich Narzissten unglaublich schnell angegriffen und gekränkt fühlen. Betroffene Individuen sind unfassbar empfindlich gegenüber Kritik. Eine Kleinigkeit reicht aus und das Gegenüber wird in Sekundenschnelle vom Freund zum Feind degradiert. Es kann sein, dass dir zum Beispiel ein Kunstwerk in einer Ausstellung, welche sie ausgesucht haben, nicht gefallen hat und obwohl du das neutral kommunizierst, dennoch die narzisstische Kränkung eintritt.
Oftmals denken Narzissten von sich selbst, dass sie Hochsensibel sind. Doch setzt man sich etwas genauer mit den Situationen auseinander, in denen sie meinen, sie wäre Hochsensibel, merkt man schnell, dass es sich eigentlich um eine starke Empfindlichkeit gegenüber Kritik und Kränkungen handelt. Nicht selten kommt es dann zu Bestrafungen und wochenlanger Funkstille – auch bekannt unter dem Begriff Silent Treatment.
Die narzisstische Wut
Eng mit der narzisstischen Kränkung hängt auch die narzisstische Wut zusammen. Diese zwei Phänomene treten oftmals gleichzeitig auf und werden von vielen auch synonym verwendet. Der Begriff narzisstische Wut wurde erstmals 1972 von dem Autor Heinz Kohut eingeführt. Er nutzte den Begriff um die narzisstische Tendenz schon bei der geringsten oder auch bei keiner offensichtlichen Provokation in einen Wutanfall zu geraten.
Wie schon erwähnt wurde, benötigen von NPS betroffene Personen konstante Bewunderung und ständige positive Affirmationen. Ist dies nicht der Fall kommen schnell die zugrunde liegenden Scham- und Minderwertigkeitsgefühle hoch. Diese triggern dann die narzisstische Wut. Und führen dazu, dass Narzissten aggressiv werden – ohne Rücksicht auf das Gegenüber.
Die dünne Haut des Narzissten und diese Überempfindlichkeit gegenüber jeglicher Kritik, auch der die in Wirklichkeit gar keine ist, führen zu enormen Wutausbrüchen. Diese können gepaart mit dem Mangel an Empathie für ihre Mitmenschen durchaus gefährlich werden. Denn die größte Angst von einem Narzissten ist es als Hochstapler aufgedeckt zu werden. Er hat Angst davor, dass jemand erkennen könnte, dass sich hinter der ganzen Grandiosität ein von seinen Minderwertigkeitsgefühlen geplagten Individuum befindet.
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Sollte es jemand wagen, hinter die Maske des Narzissten zu schauen, könnte das sehr gefährlich werden. Denn der Narzisst wird alles daran setzen, dich zu vernichten. Die narzisstische Wut hat in diesem Fall nur ein Ziel: Dich in den Suizid zu treiben. Suizidgedanken und selbst verletzendes Verhalten wurden als häufige Symptome von Narzisstischem Missbrauch gelistet.
NPS ist für Narzissten kein Problem, vielmehr sehen sie es als eine Gabe
Wichtig ist zu verstehen, dass Personen mit NPS sich nur schwer ändern oder therapieren lassen. Es fehlt die Einsicht. Weiters sehen viele Narzissten ihren Zustand nicht als „Persönlichkeitsstörung“ oder „Krankheit“, sondern vielmehr überwiegt ein Gefühl der Grandiosität und Einzigartigkeit. Empathie wird von Betroffenen als lästig und kontraproduktiv empfunden, da Moral und Mitgefühl einen Menschen davon abhalten können, seine Ziele um jeden Preis zu verfolgen.
Dies ist mitunter ein Grund dafür, warum so viele Narzissten und Psychopathen sehr erfolgreich in ihren Karrieren sind. Eine Studie der Universität Bern zeigt einen klaren Zusammenhang zwischen Narzissmus und höherem Einkommen. Weitere Studien zeigen, dass etwa einer von fünf Geschäftsführern ein Psychopath ist.
Was tun im Umgang mit Narzissten? Gray Rock Strategy oder Kontaktabbruch
Egal ob im beruflichen oder privaten Leben, der beste Umgang mit einem Narzissten und allen seinen Ausprägungen ist ein distanziertes und sachliches Verhältnis. Ein totaler Kontaktabbruch ist der beste und sicherste Weg, mit solchen Individuen umzugehen. Aber sollte dies keine Option sein (wenn zum Beispiel Kinder oder die Arbeit involviert sind), gibt es eine Methode – in der Psychologie als die „Gray Rock Strategy“ (Anm. d. Red.: Grauer Stein Strategie) bekannt.
Wie der Name schon sagt, sollen sich Betroffene wie ein grauer Stein verhalten. Was heißt das genau? Man wird uninteressant und teilnahmslos. Es geht darum, dass der Narzisst das Interesse an einem verliert. Die gelingt, indem man sein konstantes Bedürfnis nach Drama und Aufmerksamkeit nicht mehr befriedigt. Betroffene sollen keine Emotionen in der Gegenwart des Narzissten zeigen. Weiters gilt der Rat, keine persönlichen Informationen mehr preiszugeben oder etwas Interessantes zu erwähnen. Man soll dem Narzissten keine Fragen stellen oder an Konversationen teilnehmen. Der Kontakt muss auf das Nötigste reduziert sein. Am besten mit einsilbigen Antworten wie „Ja“ und „Nein“ oder „Vielleicht“ und „Ich weiß nicht“.
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