Wie weitreichend ist eigentlich die Auswirkung, die Musik auf unsere Emotionen und unseren Körper haben kann? Kann man mit Musik auch psychische Erkrankungen wie Angststörungen nachhaltig behandeln? Und welche Rolle spielen dabei sogenannte binaurale Töne beziehungsweise Klänge? Wir führen euch durch aktuelle Forschungen.
Musik gehört zum Leben dazu. Egal ob wir wütend, ängstlich, unsicher oder erfreut sind. Für alles gibt es den richtigen Soundtrack. Es gibt die richtigen Klänge für romantische Stunden. Ebenso existiert Sound, um mit Freunden richtig auszurasten. Oder auch die richtige Mucke für den Arbeitsweg.
Dass Musik unsere Gefühle beeinflussen kann, ist weithin bekannt. Nein, noch mehr: Musik kann unsere Gesamtverfassung und unseren körperlichen Zustand beeinflussen. Jeder, der schon mal auf einer Tanzfläche stand, kennt den Moment, wenn sich der Herzschlag mit dem Beat synchronisiert und dadurch absolute Ekstase einkehrt. Selbst in der psychologischen Kriegsführung kommt Musik traurigerweise als Waffe zum Einsatz. Leider. Denn was einen starken Effekt hat, kann eben auch ins Negative umgekehrt werden.
Wie wirken sich Klänge und Töne auf Körper und Geist aus?
Ein kanadisches Forschungsteam hat sich mit eben dieser Frage näher auseinandergesetzt. Nach wissenschaftlichen Gesichtspunkten beschallten die Studienleiter:innen Menschen mit nachweislich diagnostizierten Angststörungen mit binaurale Töne. Man wollte eruieren, ob es möglich ist, durch eine konstante Therapie eine nachhaltige, wissenschaftlich messbare Veränderung der Angstparameter zu erreichen. Studien, welche angebliche positive Effekte von Musik auf alles Mögliche erforschen, gibt es zuhauf. Von Kühen, die nur bei Mozartklängen gemolken werden, bis zu Embryos, welche im Mutterleib Beethoven hören.
Diese Studien sind oft eher vage gehalten und deuten für uns Laien stets dasselbe an: Musik ist gut! Die Kühe geben für gewöhnlich mehr Milch, Pflanzen werden zu Bäume und Kinder zu Genies – solange man den richtigen Soundtrack abspielt. Ebenso testeten Studien das Verhalten und die Reaktion von Tieren auf unterschiedliche Soundgenres. Spinnen, die beim Weben ihrer Netze auf Death-Metal völlig ausrasten, sind dabei ebenso eine kuriose Erzählung aus der Welt der Wissenschaft wie Blattläuse, die am liebsten zu Hip-Hop Cellulose mampfen.
Der Ton macht die Musik
Bist du schlecht drauf, dann lenke dich doch mit Musik ab. Dieses Credo dürfte wohl weltweit für Jung und Alt gelten. Musik ist eine universale Sprache in der Kommunikation der Emotionen. Ob in der Tradition verankert oder in der Moderne angesiedelt – für Menschen und ihre Gesellschaft gehört Musik einfach dazu. Jedoch muss man bei der Erforschung eines therapeutischen Ansatzes erst mal genau unterscheiden. Denn „es fühlt sich gut an“ unterscheidet sich von einem wissenschaftlich erforschten und fundierten Effekt.
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Dabei sind Töne, die wir nicht hören, teilweise interessanter als der wahrnehmbare Frequenzbereich. Denn bereits ältere Studien konnten festgestellt, dass hohe sowie tiefe Frequenzbereiche, die vom menschlichen Ohr nicht mehr wahrgenommen werden, einen stärkeren Effekt auf den Körper und die physiologischen Abläufe aufweisen können. Doch gilt das auch bei psychosomatischen Reaktionen und psychischen Angststörungen?
Ein kanadisches Forschungsteam hat diesmal versucht, hier einen konstanten Effekt und dadurch einen möglichen therapeutischen Neuansatz zu finden. Was gerade für Menschen mit Angststörungen – eine Patient:innengruppe, die auch durch gesellschaftliche Veränderungen der letzten Jahre stetig größer wird – eine weitere therapeutische Lösung bringen könnte. Doch ist so etwas tatsächlich möglich? Kann man sich durch die richtigen Töne nachhaltig gestärkt und besser fühlen. Und was zur Hölle sind eigentlich genau binaurale Klänge?
Was sind binaurale Klänge und wie entstehen sie?
Binaurale Klänge entstehen als pulsierender Sinneseindruck in der Gehörbahn. Vereinfacht gesagt, unser Gehirn fungiert dabei als Mixer und erzeugt aus zwei leicht unterschiedlichen Tönen einen dritten Klang, den wir lediglich in unserem Kopf wahrnehmen können. Eine akustische Sinnestäuschung, die uns beeinflussen kann.
Die Methode funktioniert wie folgt: Auf einem Ohr wird ein Ton in einem gewissen Frequenzbereich abgespielt. Auf dem anderen Ohr wird ein ähnlicher Klang jedoch in einer leicht versetzten Frequenz abgespielt. Also: Das linke Ohr hört einen Ton – sagen wir in einer Tonhöhe von 220 Hertz – und auf dem Rechten wird ein Ton von 230 hertz abgespielt. Das Gehirn nimmt wiederum diese leicht versetzten Frequenzbereiche wahr und antwortet darauf mit einem kleinen Trick. Aus den zwei Klängen der Anfangstöne wird die Frequenzdifferenz ausgeglichen und ein dritter pulsierender Ton erzeugt. Dieser hat ungefähr eine Durchschnittsfrequenz der Anfangstöne.
Als Entstehungsort für binaurale Klänge vermuten Forscher dabei die Gehörbahn. Hier wird durch Neuronen die Lokalisation von Schallquellen ausgemacht und Laufzeit sowie Pegelunterschiede beider Ohren ausgewertet und in weiterer Folge ein Impuls gesendet, diese auszugleichen.
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Binaurale Klänge: Keine Neuheit, aber nicht spezifisch genug erforscht
Auch wenn binaurale Klänge erst mal absolut faszinierend klingen, kennen wir Menschen sie schon eine Zeit lang. Denn als Entdecker gilt der deutsche Physiker Heinrich Wilhelm Dove und das bereits im Jahre 1839. Im Laufe der Jahre galten binaurale Klänge lange als physikalische Kuriosität und wurde immer wieder von der Biophysik oder der Neurophysiologie zur Erforschung des Hörsinns aufgegriffen. Das Potenzial, dadurch auch psychologische Belastungen bei Angststörungen zu behandeln, wird in den letzten Jahren in der Neurowissenschaft stärker erforscht.
Dabei zeigt sich deutlich, dass das Potenzial von binauralen Klängen noch lange nicht vollständig bekannt ist. Nach und nach zeigt uns die Wissenschaft, welch mächtige Effekte Schwingungen und Töne in gewissen Frequenzbereichen auf unseren Körper haben können. Das ganze Potenzial von binauralen Klängen kennen wir dabei noch nicht. Vor allem stellt sich die Frage, ob positive Effekte auch nachhaltig anhalten und nicht nur temporär und kurzfristig nach der Beschallung gewährleistet sein können.
Angststörungen und binaurale Klänge
Die internationalen Reaktionen auf die neueste Studie aus Kanada zur Behandlung von Angststörungen durch binaurale Klänge sind durchaus durchwachsen. Denn zu viele Begleitparameter und Katalysatoren können dabei eine Rolle spielen. Ebenso die Grundvoraussetzung bei den Probanden. Was jedoch eindeutig festgestellt werden konnte, ist die Tatsache, dass die Versuchsteilnehmer:innen, welche mit binauralen Klängen beschallt wurden, anschließend eine niedrigere Angstempfindung in den dafür zuständigen Hirnarealen angezeigt haben. Im Gegensatz dazu blieben die Reaktionen bei einer Kontrollgruppe, welche mit Rauschen im selben Frequenzbereich beschallt wurde, aus. Eine Stimulation, die unsere denk Funktion leicht beeinflussen kann sozusagen.
Inwieweit sich die ersten Forschungsergebnisse verdichten, wird sich wohl noch weisen. Was jedoch ein weiteres Mal klar wird, ist die Tatsache, welche intrinsische Kraft Musik auf uns hat. Für Betroffene kann man nur hoffen, dass sich der therapeutische Ansatz weiter verfestigen und ausbauen lässt. Denn jedes Instrument, welches die Medizin in der Hand hat, um Menschen bei der Heilung zu helfen, ist ein großartiger Fortschritt. Und mit freshen Tönen zu einer besseren psychische Gesundheit klingt doch schon mal ganz gut.
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