„Secondhand-Läden durchstöbern? Na, hast du Bock!?“. Das sind die kurzen Worte einer Nachricht, die Markus an einem Samstagvormittag liest, als er verkatert auf sein Handy blickt. Lisa hat ihm gerade geschrieben, sie meint, dass die anderen auch mitkommen würden. Was könnte es Besseres geben, als an einem Samstag durch die Straßen zu flanieren und dabei einige Secondhand-Läden durchzustöbern? Dazwischen eine kleine Verschnaufpause bei einem Kaffee oder einem Bierchen. Und in einer Stadt wie Wien ist das Angebot an Secondhand-Läden recht üppig. Man braucht nicht lange nach gebrauchter Ware zu suchen. So überlegt Markus nicht lange und antwortet mit einer Sprachnachricht: „Na klar! Kann in einer Stunde an der Ecke bei der U-Bahn-Station sein. Ich muss nur schnell vorher Duschen und Jausnen!“.
So wie Markus geht es vielen Wiener*innen jedes Wochenende. Secondhand Geschäfte erfreuen sich seit Jahren einer stetig wachsenden Beliebtheit. Verständlich, sind sie doch eine praktische und coole Möglichkeit für Jung und Alt. Das Geschäft mit der gebrauchten Ware war aber immer schon ein Renner. Denn egal, ob aus finanziellen Gründen oder als modisches Statement, im Secondhand– und Vintage-Handel verbergen sich wahre Schätze. Was eine Person nicht mehr gebrauchen kann, ist für eine anderen oft das perfekte Teil. Mode, Schmuck, Deko und Vintage-Produkte sind dabei die allzeit Klassiker der Secondhand-Läden. Spätestens seit Corona haben viele auch das online Segment für sich entdeckt. Durch die Teuerungswelle befeuert, stellt man sich dabei eine Frage: Kommt jetzt der große Secondhand-Boom?
Secondhand: günstig, nachhaltig und cool
Die Gier, der Krieg und die fehlende Regulierung des Handels sorgen für immer höhere Preise. So merken besonders viele Österreicher*innen im Jahr 2022 die massiven Preissteigerungen bei der Deckung ihrer Grundbedürfnisse. Wenn das meiste vom Gehalt für Wohnen, Essen und Überleben draufgeht, dann bleibt bei vielen kaum noch was fürs Shopping übrig. Gerade bei Mode, Kleidung und Dekoration verzichten viele auf neue Produkte.
Doch zum Glück gibt es da günstigere Optionen. Das Segment des Secondhand-Konsums erfreut sich seit vielen Jahren großer Beliebtheit. Nachfrage und Angebot steigen dabei stetig weiter. Wir haben uns für euch ein paar Gründe angeschaut, warum viele Menschen immer mehr ihre Einkaufstouren auf Secondhand-Läden und Flohmärkte verlagern.
Umweltschonender Konsum
Jedes Jahr begleiten uns vier Kollektionen durch das Jahr. Dazu kommen noch saisonale Trends, Kleidung für Festlichkeiten und alles nur Erdenkliche. Dabei erfüllt das Konsumverhalten oftmals einen reinen Selbstzweck. Denn wenn wir uns ehrlich sind, hat jede*r von uns Kleidung im Schrank, die in ihrer Funktionsweise noch einwandfrei ist, aber von uns als untragbar wahrgenommen wird.
Seit den 80er-Jahren hat die sogenannte „Fast Fashion“ den Modemarkt fest im Griff. Dabei versuchen die Hersteller so schnell und gezielt wie möglich auf etwaige Kundenwünsche einzugehen. Damit das Ganze auch ein Maximum an Profit abwirft, werden die Kundenwünsche durch Influencer (früher Trendsetter) und massenweise Werbung vorab generiert. Dass dieser Zugang nicht auf ewig funktionieren kann, ist mittlerweile gut dokumentiert.
Ein einzelnes T-Shirt verbraucht in seinen Lebenszyklus 11 kg CO2 Emissionen. Langsam stoßen wir mit unserem System des ständigen Wachstums bei proportional ansteigender Ressourcenverschwendung an das absolute Limit. Die Schäden werden sichtbar. Schritt für Schritt kommen immer mehr Menschen, vor allem in den jüngeren Generationen an einen Punkt des Umdenkens. Für viele heißt die Lösung daher Secondhand-Shopping.
Jüngere Generationen gehen mit gutem Beispiel den älteren voran. Denn für viele junge Menschen ist ein Bewusstsein für die Klimakatastrophe normalisierter Teil ihrer Sozialisierung. Verbrauchen wir das Alte, bis es nicht mehr einsatzfähig ist, bevor wir Neues produzieren. So kann Secondhand-Konsum auch als wichtiges Instrument gegen die Klimakatastrophe verstanden werden.
Secondhand Läden bieten eine günstige Option
Nach und nach kommen Teuerungen auch bei uns, in einem der reichsten Länder der Welt, an. Doch auch schon vor der aktuellen Teuerungswelle, die wir gerade erleben, gab es in Österreich viele Menschen, welche von Armut betroffen waren. Neben Bevölkerungsgruppen, die bereits in der Vergangenheit auf günstige Secondhand-Möglichkeiten angewiesen waren, entdeckt immer mehr Menschen Secondhand-Shops als Option für das Sparen.
Das Schmuddel-Image hat Secondhand dabei schon lange überwunden. Es gibt viele coole, hippe und übersichtlich sortierte Angebote, bei denen man beim Durchstöbern tolle Produkte finden kann. Durch den Anstieg des Bedarf ist mittlerweile das Publikum in Secondhand-Geschäfte auch stark durchmischt. Das Stigma, welches Secondhand Produkte früher hatten, scheint dabei immer mehr in den Hintergrund zu rücken. In einer Zeit, in der Sparen das Motto ist, kann Secondhand als Antwort durchaus die Geldbörse schonen.
Secondhand als modisches Statement
Da sich die Generation Z modisch an popkulturellen Elementen der 90er bedient, scheint Secondhand-Kleidung für ein jüngeres Publikum eine bewusste modische Entscheidung zu sein. Man möchte wie in den 90er aussehen und kramt auf Dachböden oder im Keller die übergroßen Pullover der vorangegangenen Generationen wieder hervor. Gerade bei diesem jungen Publikum erfreut sich Secondhand-Ware und Vintage-Design einer riesigen Beliebtheit. Die Industrie hat das zwar bemerkt und begonnen, den Stil auf neumodisch nachzuproduzieren, jedoch blieben viele dem Secondhand-Flair treu.
War das Publikum in Secondhand-Geschäften und auf Flohmärkten früher eher älter, findet man heute zahlreiche Jugendliche auf der Suche nach Trash-Designs und ironischer Mode. Vielleicht können sie mit ihrer Begeisterung für alte Sachen ältere Generationen in der Zukunft anstecken. Oftmals geht das Hand in Hand mit einer Philosophie und einem Verständnis gegen Verschwendung einher. Es wird sich zeigen, wie lange die Freude an alten Sachen noch erhalten bleibt. Solange die Jugend aber noch Bock drauf hat, ironisch cool uncool auszusehen, hat das Secondhand-Segment noch jede Menge Kundschaft.
Gemütlicher Zeitvertreib
Secondhand- und Vintage-Läden durchstöbern macht Spaß. Markus und Lisa, die Akteure aus unserer Einleitung gibt es wirklich. Sie sind beide begeisterte Secondhand-Shopper. Als ich sie frage, sagen sie mir, es geht dabei hauptsächlich um das Ambiente und den Flair, welche alten Gegenstände in Secondhand-Läden ausstrahlen. Vintage-Attitüde und ein Hauch von Sinnhaftigkeit wird hier dem allgemeinen Konsumgefühl beigemengt.
Gerade zur Weihnachtszeit, wo Geschäfte mit Neuwaren komplett überlaufen sind und einen stressbedingt am Rande des Nervenzusammenbruchs bringen, kann ein verschlafener Secondhand-Laden genau das Richtige sein. Also macht es einfach wie Markus und Lisa, stöbert doch mal an einem Samstag auf gemütlich durch den Secondhand-Laden eures Vertrauens. Vielleicht lassen sich einige Posten auf der Einkaufsliste für Weihnachten nebenbei abhaken.
Geld machen mit alten Sachen
Gerade Secondhand-Online-Plattform werben mit dieser Botschaft: Du kannst mit deinen alten Sachen noch richtig Geld verdienen! Einen Funken Wahrheit enthält diese Werbebotschaft allerdings. Denn viele alte Sachen lassen sich in Secondhand-Läden noch zu Bares machen. Jede und jeder von uns hat in seinem Bestand zahlreiche Kleidungsstücke, die ewig nicht mehr getragen wurden. Und genau hier liegt bares Geld herum.
Auch wenn es nicht viel ist in schweren Zeiten wie diesen kann es durchaus helfen. Also das nächste Mal beim Aufräumen vielleicht einen Haufen für den Secondhand-Laden bereitlegen. Wer weiß, vielleicht findet man ja beim Hinbringen alter Sachen wieder neue Schätze.
Online-Angebot an Secondhand-Läden wächst ständig weiter
Die Marktanteile des Onlinehandels haben durch Corona noch mal ordentlich zugelegt. Doch der Trend war davor bereits da. So geht es auch dem Secondhand-Segment, bei dem die Anzahl der Online-Plattformen gerade explodiert. Egal ob Vinted, Sellpy oder Babäm man findet immer mehr Anbieter, die einem das Verkaufen und Kaufen von gebrauchter Ware vereinfachen.
Was viele früher im Laden oder auf dem Flohmarkt erledigt haben, geht jetzt online und bequem vom Handy oder Bildschirm aus. Eine Anforderung an die Branche, die durch das immer jünger werdende Publikum längst überfällig war. Denn die Mitglieder der Generation Z haben nicht immer Lust, in den Laden zu pilgern. Und so erleben wir gerade eine Symbiose zwischen alt und neu, Gebrauchtem und Technik. Als Newcomer im Secondhand-Shopping kann eine Plattform ideal für den Einstieg sein. Hier kann man ganz einfach zur Probe ein günstiges Teil bestellen oder mal versuchen, Omas alte Jacke zu verscherbeln.
Egal ob online oder offline, Secondhand-Shops sind eine Möglichkeit für einen schonenden Konsum. Den gebraucht bedeutet nicht immer schlecht und neuwertig muss nicht immer besser heißen.
Titelbild © Shutterstock
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